Diskussion:Disability Pride

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Letzter Kommentar: vor 3 Jahren von 91.97.57.210 in Abschnitt Disability Pride und die Identitätspolitik
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Stolz als eine von mehreren möglichen Reaktionen auf Beeinträchtigungen[Quelltext bearbeiten]

Dem Artikeltext fehlt eine ausdrückliche Beschreibung des Weges, den ein Mensch mit Behinderung zurückgelegt hat, bevor er „Disability Pride“ im Sinne der gleichnamigen Bewegung empfindet, d. h. Stolz auf seine Identität als Mensch, der nicht (mehr) auf das Verschwinden seiner Beeinträchtigung(en) hofft.
Bei Menschen, deren Beeinträchtigung nicht von Geburt an besteht, überwiegt in der Phase unmittelbar nach dem Eintreten der Beeinträchtigung in aller Regel die Hoffnung, dass diese verschwinden möge, auch wenn Mediziner bereits von einer „Behinderung“ sprechen. Von Sonderfällen wie Menschen nach Krebsoperationen abgesehen (obwohl die Beeinträchtigung durch die Entferung des von Krebs befallenen Organs bestehen bleibt, läuft der Behindertenstatus nach fünf Jahren aus, wenn der Betreffende als genesen gilt), wird dabei unterstellt, dass die Behinderung von Dauer sein wird.
Wenn feststeht, dass die Beeinträchtigung von Dauer ist, entsteht oft als Reaktion auf diese Erkenntnis bei Betroffenen ein Gefühl der Scham. Dann weisen diese ihr Etikettierung als „behindert“ oft trotz des Vorliegens einer medizinischen Diagnose, die in Deutschland die Aushändigung eines Schwerbehindertenausweises rechtfertigen würde, zurück.
Selbst wenn jemand den Status eines Menschen mit Behinderung anstrebt, hat dies nicht immer etwas mit „Disability Pride“ zu tun. So streben viele nur nach materiellen Vorteilen durch diesen Status: Sie wollen z. B. das Recht erhalten, einen Behindertenparkplatz zu benutzen, oder Nachteilsausgleiche im Bildungswesen wegen Legasthenie oder Dyskalkulie erhalten. In dieselbe Kategorie fällt das Feilschen um Punkte beim Hausbesuch des Medizinischen Dienstes, um einen höheren Pflegegrad zu erreichen. Wenn die Betreffenden nicht bereit sind, sich freimütig zu diesem Verhalten zu bekennen, hat dieses nichts mit „Disability Pride“ zu tun.
Im Übrigen stellt sich die Frage, ob bei Gruppen wie Rollstuhlfahrern Hoffnung auf Besserung ihrer Lage wirklich unangebracht ist. Mit Hilfe von Exoskeletten können diese möglicherweise bald fast so gut laufen wie nicht-gelähmte Menschen. Moderne Orthesen lassen heute schon manche Menschen mit fehlenden Extremitäten vergessen, dass sie beeinträchtigt sind. In solchen Fällen bietet sich eine Dethematisierung der Beeinträchtigung an, wie bei Brillenträgern, deren Sehbeeinträchtigung irrelevant geworden ist. --CorradoX (Diskussion) 12:12, 19. Apr. 2021 (CEST)Beantworten

Disability Pride und die Identitätspolitik[Quelltext bearbeiten]

In ihrem Aufsatz "The Capability Approach and Disability" erwähnt Sophie Mitra (Fordham University, New York City), dass es mindestens neun verschiedene Versionen des sozialen Modells der Behinderung gebe ([1], S. 238). Die Autorin weist darauf hin, dass US-amerikanische Vorstellungen vom Wesen der Behinderung nur bedingt mit denen in Großbritannien (und wohl auch auf dem europäischen Kontinent) vereinbar seien. Insbesondere seien Forscher in den USA wenig angetan von dem in Großbritannien vorherrschenden marxistisch inspirierten Denkansatz.
Berücksichtigt man diesen Befund, dann stellt sich die Frage, ob das im Artikeltext zitierte Bekenntnis zur Identitätspolitik durch eine „Disability Pride“-Aktivistin repräsentativ für die ganze Bewegung sein kann.
Bereits in den 1970er Jahren „nervten“ Marxisten Feministen damit, dass der Konflikt zwischen den Geschlechtern nur ein „Nebenkonflikt“ sei und der „Hauptkonflikt“ nach wie vor zwischen Kapital und Arbeit bestehe, dass es also vor allem darum gehe, in der Klassengesellschaft für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen der Angehörigen der Arbeiterklasse zu kämpfen. „…-Pride“-Bewegungen hingegen wird eine „tribalistische“ Abgrenzung von allen unterstellt, die nicht der „passenden“ Community angehören. --CorradoX (Diskussion) 08:53, 20. Apr. 2021 (CEST)Beantworten

„Tribalismus“ wird Identitätspolitikern heute noch von Altlinken vorgeworfen. Ein Beispiel für diese Kritik ist dieser in der Printausgabe des „Spiegel“ und bei „Spiegel Online“ am 20. April 2021 erschienene Artikel. Die Autoren, Tobias Becker und Arno Frank, sehen den blinden Fleck der auf ihr „So-Sein“ stolzen Mitglieder von Minderheitsgruppen darin, dass sie nicht erkennten, dass es gute Gründe gebe, eben nicht „so sein“ zu wollen.
Es sei kein Wunder, dass Parias in Indien, aber auch Arbeitslose in Deutschland und besonders die Hartz IV-Empfänger unter ihnen, ihren Status schnellstmöglich loswerden wollten und keineswegs „stolz“ auf ihn seien.
Im Fall von Disability Pride stellt sich die Frage, ob die „stolzen Menschen mit Behinderung“ wirklich alle Chancen ausgekundschaftet haben, ihre Beeintächtigungen so weit abzumildern, irrelevant zu machen oder zu beseitigen, dass ein Bekenntnis dazu, zur Community der behinderten Menschen zu gehören, überflüssig wird.
So wird beispielsweise der Zuschauer der Serie „In aller Freundschaft – Die jungen Ärzte“ zwar in jeder Folge, in der dieser auftritt, durch das leichte Hinken des Dr. Ahlbeck daran erinnert, dass dieser eine Unterschenkelprothese benutzt; diese ist aber so gut konstruiert, dass sie ihn bei seinen Tätigkeiten fast gar nicht einschränkt. Nur selten wird seine Behinderung (eine solche ist sozialrechtlich bei dem Verlust eines Unterschenkels immer amtlich zu bescheinigen) überhaupt Gesprächsthema, geschweige denn, dass sie einen Handlungsbedarf auslösen würde. Warum also sollte sich Dr. Ahlbeck „Disability Pride“ anschließen? --91.97.57.210 12:20, 24. Apr. 2021 (CEST)Beantworten