Diskussion:Hélène Gillet

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Letzter Kommentar: vor 3 Jahren von Wagner67 in Abschnitt Fiktion
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Der Artikel „Hélène Gillet“ wurde im Oktober 2020 für die Präsentation auf der Wikipedia-Hauptseite in der Rubrik „Schon gewusst?vorgeschlagen. Die Diskussion ist hier archiviert. So lautete der Teaser auf der damaligen Hauptseite vom 26.11.2020; die Abrufstatistik zeigt die täglichen Abrufzahlen dieses Artikels.

Todesjahr 1628[Quelltext bearbeiten]

Gibt es weitere Quellen außer La Place bezüglich "Trois ans après" und "Médecin Lourdas"? Seiner Zitation zufolge scheint er diese "Grabinschrift" ja wohl selbst erdichtet zu haben, also 150 Jahre post faktum. Ich kann nicht einschätzen, inwieweit er sich an die eigene mutmaßlich vorliegende Quellenlage gehalten hat, oder bei seiner Dichtung frei nach Reimschema Datum und Arztname gebildet hat. --Enyavar (Diskussion) 12:32, 26. Nov. 2020 (CET) Zusatz: Charles Nodier beruft sich bei seiner Annahme, Gillet sei "nonagénaire" geworden, auf eine Publikation von 1699 von Edme-Bernard Bourrée (1652-1722). Diese Quelle kann ich im Netz nicht ausfindig machen. --Enyavar (Diskussion) 13:19, 26. Nov. 2020 (CET)Beantworten

[1] HISTOIRE D’HÉLÈNE GILLET, S. 82 ff. --Gellopai (Diskussion) 22:07, 26. Nov. 2020 (CET)Beantworten
Hm, danke für diesen Rechercheversuch, aber das ist der bereits ausgewertete Aufsatz von Nodier in einer anderen Kopie - nicht der unerschlossene Bourrée. So wie ich Nodier hier verstehe, wurde jemand anderes über 92 Jahre alt, und zwar "Françoise du Saint-Esprit, qui s’était appelée auparavant dans le monde madame de Longueval, et que ses infirmités empêchaient depuis longues années de descendre au sanctuaire. Elle avait alors plus de quatre-vingt-douze ans, s’il faut en croire les biographies hagiologiques". Diese sei 1633 gestorben. Erst wesentlich später im Aufsatz kommt Nodier auf das zugeschriebene Alter von Gillet selbst zu sprechen: "On sait qu’elle finit par se rendre religieuse dans un couvent de Bresse, et qu’elle y était morte depuis peu de temps, [...] quand le père Bourrée [...] publia, en 1699 [...]. On peut supposer, d’après le rapprochement des dates, qu’elle était alors pour le moins nonagénaire." Hier meint Nodier also, dass (laut Bourrée 1699) Gillet "vor kurzem verstorben" sei, woraus er ableitet, sie sei 90+ geworden. Bourrée selbst als Quelle kennen wir aber nicht, und der dortige Kontext ist entscheidend. "Vor kurzem verstorben" kann bei einem jahrhundertealten Konvent, welches ja auch schriftlich Buch über alle Mitglieder seit Gründung führt, durchaus alles mögliche bedeuten. Ich traue Nodier zu, Bourrée korrekt ausgewertet zu haben, aber streng genommen ist er hier eine Tertiärquelle, während Bourrée (vermutlich) die Sekundärquelle und die Konventsarchive die Primärquelle sind. --Enyavar (Diskussion) 12:33, 27. Nov. 2020 (CET)Beantworten

Fiktion[Quelltext bearbeiten]

Die Geschichte der Hélène Gillet ist reine Fiktion, keine wahre Geschichte, warum wird das nicht wiedergegeben?--Wagner67 (Diskussion) 22:04, 27. Nov War . 2020 (CET)

Romanfigur von Nodier? Reine Fiktion? Was? Warum erfand Nodier bereits als Zweijähriger unter dem Pseudonym von La Place (DLP) eine solche Geschichte? Und hat Nodier die Akten gefälscht? Waren Jannet und Fournier seine Komplizen? Ich bitte darum, ausführlicher darzulegen, wie diese dann aber extrem vielschichtige Fälschung zustandegekommen sein soll. Dass Nodier womöglich Dinge aufgeblasen oder verzerrt haben mag, will ich nicht in Abrede stellen, aber die Geschichte hat mehr als nur Nodier als Quelle. Bis zur Klärung setze ich den Artikel zurück, der in dieser aktuellen Form weder Fisch noch Fleisch ist. Möglicherweise irrte ja Gibson? --Enyavar (Diskussion) 04:56, 28. Nov. 2020 (CET)Beantworten
So, Gibson gelesen und nicht überzeugt. Gibson scheint sich in der reinen literarischen Analyse seines gewählten Genres aufzuhalten, und mir fehlt ein Nachweis, dass er den Wahrheitsgehalt jeder einzelnen Stelle bei Nodier überprüft haben will. Keine Widerlegung der Gerichtsakten von 1625, oder des Vorgängerberichts von La Place 1783. Selbstverständlich ist ein Großteil von Nodiers Worten Aufbauschung, gerade wenn es an die angebliche Prophezeiung der altehrwürdigen Ordensfrau geht, oder der Schlussteil eingelegt in Moralin-süßsauer. Nodier hat hier keine Sachreportage liefern wollen, die Stilmittel sind natürlich bewusst platziert. Doch worauf stützt sich Gibson, wenn er alles in Bausch und Bogen verwirft? Es ist doch immerhin anzunehmen, dass andere Autoren zu Lebzeiten Nodiers bemerkt hätten, wenn der Kerl dem Leser einen halbgaren Bären aufgetischt hätte. Danke, lieber Wagner, für deinen Beitrag, aber es wäre gut, wenn du hier weitere Aufklärung betreiben kannst. Vielleicht habe ich hier ja auch was Wesentliches übersehen? --Enyavar (Diskussion) 06:19, 28. Nov. 2020 (CET)Beantworten
Die von dir verwendeten Quellen sind aus dem 19. Jahrhungert plus eine Wikisource. Es gibt aktuelle Quellen, die schreiben, dass Nodiers Schaudernovelle zwar auf einem authentischen Ereignis aufbaut, aber (wie ich gestern belegt habe) sind die Einzelheiten, die Lebensläufe und die adlige Herkunft der Hélène Gillet reine Fiktion. --Wagner67 (Diskussion) 08:56, 28. Nov. 2020 (CET)Beantworten
Wieso "halbgaren Bären"? Es ist eine Novelle. Vielleicht hast du übersehen, was in deinen ENW Nr. 2 als Vorwort zur Geschichte der Helene steht: "Zu den berühmten Rechtsfällen gehört der nachstehende, nicht wegen seiner criminalistischen Verwicklungen und schwierigen Rechtsfragen, denn die Geschichte und die Entscheidung sind so einfach, wie meistens in den über Kindermord geführten Processen, als durch den besonderen Umstand, welcher die Entdeckung veranlasste, und andere welche die Strafe begleiteten, und mit dem Schmucke des Wunderbaren angetan, den Vorfall ins Gebiet des Märchenhafte versetzen. [...] in die Volkspoesie übergegangen sind."--Wagner67 (Diskussion) 13:09, 28. Nov. 2020 (CET)Beantworten
Bei La Place (1782 - hat auch er gefälscht?) finde ich folgende Bestandteile der 'reinen Fiktion', ja praktisch den gesamten hier wiedergegebenen Lebenslauf: Tochter des königlichen Kastellans, Kindstötung, Verurteilung, Hieb auf linke Schultur und Blessur beim zweiten Hieb, Flucht des Henkers angesichts murrender Menge, Würgeversuch der Ehefrau, Steinewurf des Publikums, ärztliche Behandlung, rasche Begnadigung durch König. Das in Wikisource wiedergegebene Parlamentsprotokoll (publiziert 1855 von Fournier - hat dieser ebenfalls gefälscht?), das die königliche Begnadigung berät, kennt: Tochter des königlichen Kastellans, Kindstötung, Fehlschlag der Hinrichtung, Begnadigung anlässlich der königlichen Hochzeit und Weisung an Gillet, Heil bei Gott zu finden sowie Reinwaschung des Namens ihrer ganzen Familie. Unser Artikel geht ganz klar nicht auf alle Einzelheiten ein, die bei Nodier berichtet werden.
Gibson wiederum ist ausweislich Professor für Englische Literatur mit Spezialisierung auf Yeats, sprich ein Spezialist für Romantik und romantische Schaudernovellen. Seine These zu Nodier habe ich mit Beleg aufgenommen, würde sie aber bloß aufgrund der Aktualität nicht viel höher gewichten als die Untersuchungen durch französische Historiker des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Gibson schreibt, dass Nodier über die Vergangenheit im selben Atemzug schreibe, mit dem er seiner Gegenwart den Spiegel vorhalte. Das ist für Historiker fast aller Zeiten zutreffend, eine völlige Abkoppelung vom Zeitgeist gelingt selten. Sogar Theodor Mommsen hat die soziale Frage des 19. Jahrhunderts im römischen Reich verortet.
Auf die weiteren aktuellen Quellen, die den Fall weiter untersuchen, freue ich mich bereits. Bei Gibson sehe ich im relevanten Abschnitt Referenzen auf Ada Myriam Scanu, Castex, Todorov und Hélène Lowe-Dupas als Quellen, mutmaßlich alle in der Kapazität als Literaturwissenschaftler zur fantastischen Romantik. Welche Historiker haben sich in der jüngeren Zeit damit beschäftigt? --Enyavar (Diskussion) 13:28, 28. Nov. 2020 (CET)Beantworten
Erstmal noch eine andere Quelle von 1834, hier steht im Vorwort zur Story of Helen Gillet, Seite 51: "And yet not one of the facts , hereinafter related , but has been faithfully and literally copied from the judicial records of the court before which the trial took place , and from the municipal archives ofthe city of Dijon , in which were transcribed the official reports of the extraordinary circumstances that occurred at the place of execution." (Die andern Quellen muss ich wieder finden, ich musste einige Reiter am PC schließen).--Wagner67 (Diskussion) 14:09, 28. Nov. 2020 (CET)Beantworten
Gut, danke für eine volle Bestätigung der Vorgänge als non-fiction, auch wenn mich wundert dass du dieser englischen Quelle nun mehr traust als den deutschen und französischen Berichten derselben Zeitepoche. --Enyavar (Diskussion) 17:21, 28. Nov. 2020 (CET)Beantworten
Die Einzelheiten sind Fiktion (Brüder, Soldat). Hier in dieser Quelle von 2013 steht, dass 1625 die Geschichte von Helene Gillet in zwei Käseblättern (Deux canards, imprimés en 1625, racontent de manière différente le cas arrivé à Bourg-en-Bresse) erschien (Seite 97). Die Identität des Vergewaltigers wurde in den Käseblättern nicht bekannt gegeben. Dann steht noch, die Story diente als Grundlage für Geschichten bis ins 19. Jahrhundert, insbesondere von Charles Nodier, welcher Parallelen zieht zwischen der Geschichte von Helene Gillet und der aus dem Jahr 1820, über ein junges Mädchen namens Monique, das ebenfalls ohne ausreichende Beweise, zum Schafott verurteilt wurde. Immerhin eine aktuelle Quelle. --Wagner67 (Diskussion) 19:06, 28. Nov. 2020 (CET)Beantworten
Was mich noch auf die Idee der Fiktion brachte, ist dieser Satz von Karl Alfred Blüher: Einen pseudo-historischen Anstrich von Echtheit verleiht auch Nodier in einigen seiner phantastischen Novellen. Die Histoire d'Hélène Gillet (1832) beruft sich auf ein authentisches Ereignis des 17 . Jahrhunderts aus Dijon [..]--Wagner67 (Diskussion) 19:51, 28. Nov. 2020 (CET)Beantworten