Diskussion:In dubio pro reo

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Im formellen Strafrecht (Strafprozessrecht) ist der Satz mit dem konsequenten Freispruch dann anzuwenden, wenn die Schuld des Angeklagten nach der Hauptverhandlung nicht zweifelsfrei erwiesen ist oder jedenfalls keine vernünftigen Zweifel mehr bestehen.

Habe den obigen Satz in diesen umgeschrieben, da er meiner ansicht nach so in sich unschlüssig war:

Im formellen Strafrecht (Strafprozessrecht) ist der Satz mit dem konsequenten Freispruch dann anzuwenden, wenn die Schuld des Angeklagten nach der Hauptverhandlung nicht zweifelsfrei erwiesen ist oder jedenfalls noch vernünftige Zweifel bestehen.

Bitte nochmal jemand mit Ahnung drüberschauen. Danke. 84.182.175.225 03:26, 11. Apr 2006 (CEST)


Dieser Satz hat keine Bedeutung in der Praxis, der Gedanke jedoch ist gut. --XxadvocatusdiabolixX 22:52, 30. Mai 2010 (CEST)[Beantworten]


Grundsätzliches im Zus'hang mit der Unschuldsvermutung[Quelltext bearbeiten]

Nach meiner Ansicht ist der erste Satz dieses Artikels nicht ganz korrekt: Der Grundsatz „in dubio pro reo“ (lat. im Zweifel für den Angeklagten) ist eine Konkretisierung der Unschuldsvermutung.

Die Unschuldsvermutung stellt eine tatsächliche Vermutung auf, ähnlich einer Vermutung im Privatrecht (vgl. z.B. Artikel 8 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches. Nämlich die Vermutung, dass jede Person unschuldig ist, was zur Folge haben muss, dass der Staat zu beweisen hat, dass eine Person schuldig ist. Der Staat trägt mithin die Beweislast.

Der Grundsatz "in dubio pro reo" hingegen ist ein Grundsatz der Beweiswürdigung. Der Richter soll demnach einen ihm vorgelegten Beweis, der einen Spielraum zulässt (z.B. das Ergebnis eines Alkoholtestes mit einem Ergebnis von 0.5 und einer Ungenauigkeit von 0.1) so hinnehmen, wie es für den Angeklagten am besten ist. (Im Beispiel also nicht 0.5, schon gar nicht 0.6, sondern 0.4 annehmen.) Ein solches Vorgehen zeigt sich zum Beispiel bei Bussen für Geschwindigkeitsübertretungen: Es wird vom gemessenen Resultat jeweils eine Sicherheitsmarge abgezogen und die so ermittelte Geschwindigkeit bildet Grundlage einer allfälligen Busse.

Überarbeitung[Quelltext bearbeiten]

Ich habe den Artikel überarbeitet, da einiges bislang nicht so ganz richtig war:

  • Der Grundsatz In dubio pro reo hat nichts mit der Unschuldsvermutung zu tun, beides sind zwei getrennte Grundsätze.
  • Die Anwendung des Grundsatzes In dubio pro reo muss nicht unbedingt zum Freispruch führen. Sie kann auch (nur) zur Verurteilung nach einem milderen Gesetz (Totschlag statt Mord, einfache Körperverletzung statt gefährlicher Körperverletzung etc.) oder zu einer milderen Bestrafung führen.
  • Das Strafprozessrecht als "formelles Strafrecht" zu bezeichnen ist zumindest ungewöhnlich und unglücklich.
  • Wann bestehen "noch vernünftige Zweifel"? Der Kern des Zweifelgrundsatzes war bislang nicht dargestellt, ich habe mich bemüht, dies zu ergänzen.
  • "In Prozessen, in denen nicht die Inquisitionsmaxime herrscht, steht dem Beweislastpflichtigen der In-dubio-Satz entgegen". Dieser Satz war unverständlich. Der In-dubio-Satz gilt nur im Strafprozess (nur dort gibt es Angeklagte), dort herrscht aber stets der Amtsermittlungsgrundsatz ("Inquisitionsmaxime"). Das Wort "Beweislastpflichtig" ist völlig ungebräuchlich und auch sinnlos. In der Beweislast ist die "Pflicht" schon enthalten. Was wem entgegensteht blieb im Dunkeln.
  • Die Staatsanwaltschaft muss nichts beweisen. Der Strafprozess ist kein Parteiprozess mit der Staatsanwaltschaft als Partei. Richtig ist: Der Angeklagte kann nur verurteilt werden, wenn seine Schuld bewiesen ist.

-- Thomas Dancker 15:13, 4. Dez. 2006 (CET)[Beantworten]

An Thomas Dancker[Quelltext bearbeiten]

Ich stimme in den meisten Punkten und im Grundsatz mit dir überein. Ich finde es auch richtig, dass du die Unschuldsvermutung und in dubio pro reo trennst (wenn auch die Lehre und das schweizerische Bundesgericht das nicht so sehen). Jedoch habe ich ein paar Bemerkungen zu deinen Vorschlägen:

  • Der Ausdruck "formelles Recht" ist zumindest in der Schweiz absolut geläufig. Es bezeichnet alles Prozessrecht.
  • Zum Inquisitionsprozess: Im Strafprozess herrscht nur in den kontinentaleiropäischen Systemen der Inquisitionsgrundsatz, nicht aber namentlich in England und den USA. Dort muss der Staatsanwalt den Sachverhalt beweisen. In dubio gilt dann für den Richter bei der Würdigung der (tatsächlichen) Vorbringen des Staatsanwaltes. Der von dir korrigierte Satz ist also nicht überflüssig (nicht in jedem Strafprozess gilt nämlich die Untersuchungsmaxime). Er ist aber unvollständig (auch im Parteienprozess des anglo-amerikansichen Systems profitiert der Angeklagte von In dubio.)

Tatfragen - Rechtsfragen[Quelltext bearbeiten]

Was genau ist mit diesem Satz gemeint: "Der Zweifelssatz findet keine Anwendung auf Rechtsfragen. Ob und inwieweit er auf Prozessvoraussetzungen anzuwenden ist, ist umstritten."

Es gibt keine Gegenüberstellung 'Rechtsfragen' - 'Prozessvoraussetzungen'.

Das Gegenteil der Rechtsfragen sind Tatfragen. Hat X auf Y geschossen? (Tatfrage) Ist dies ein Mordversuch? (Rechtsfrage)

Prozessvoraussetzungen stehen den materiellen Strafbarkeitsvoraussetzungen gegenüber. Ist die Tat verjährt? Ist der Angeklagte verhandlungsfähig? (Prozessvoraussetzungen) Ist der Tatbestand xy erfüllt? (materielle Strafbarkeitsvoraussetzung)

Auch bei Prozessvoraussetzungen gibt es Tat- und Rechtsfragen: Sind seit der Tat 20 Jahre vergangen? (Tatfrage) Ist darum die Verjährung eingetreten? (Rechtsfrage); Wurde der Angeklagte zur Fahndung ausgeschrieben? (Tatfrage) Wurde darum die Verjährung unterbrochen? (Rechtsfrage)

Für den oben zitierten zweiten Satz gilt also uneingeschränkt der zitierte erste Satz. Also: Auch im Rahmen der Prozessvoraussetzungen ist der Zweifelssatz anzuwenden; auch dort findet er jedoch keine Anwendung auf Rechtsfragen, sondern nur auf Tatfragen.

--62.167.49.24 00:55, 23. Aug. 2007 (CEST)[Beantworten]

Ich meine, dass der Satz „Eine Ausnahme macht der Gesetzgeber mit § 830 Abs. 1 BGB. Damit ist möglicherweise ein Mittäter für einen Schaden aus einer gemeinschaftlich begangenen unerlaubten Handlung verantwortlich, wenn sich nicht ermitteln lässt, wer den Schaden verursacht hat“ sachlich nicht richtig ist. Denn der Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ ist nur im Strafprozess anwendbar, nicht im Zivilprozess. Das folgt schon daraus, dass es im Zivilprozess keinen „Angeklagten“ gibt. Dort regelt vielmehr ein differenziertes System von Beweislastregeln, ob sich die Unbeweisbarkeit einer Tatsachenbehauptung zu Lasten des Klägers oder des Beklagten auswirkt. Framhein 14:16, 5. Apr. 2008 (CEST)[Beantworten]

Ist der Ablativ von res nicht 're' - warum dann das falsche 'reo'. Wegen des Endreims? Wegen Verwechslung der o- mit der e- Deklination? Oder ... (nicht signierter Beitrag von 145.244.10.3 (Diskussion) 18:32, 31. Mai 2011 (CEST)) [Beantworten]

Reus, i der "von einer res (Gerichtsprozeß) Betroffene", also der Angeklagte. --93.135.35.233 10:48, 2. Apr. 2012 (CEST)[Beantworten]

Wahlfeststellung verwassungswidrig laut BGH[Quelltext bearbeiten]

Inzwischen hat der Große Senat für Strafsachen entschieden. Er hält die eche Wahlfeststellung für verfassungswidrig. Entscheidung: BGH 2 StR 495/12 - Beschluss vom 11. März 2015 (BGH) http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/2/12/2-495-12-1.php. Hier das Dokument direkt vom BGH http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=73221&pos=1&anz=585

Der entsprechende Satz im Punkt "3. Grenzen" "Ist sicher, dass der Täter entweder Tatbestand A oder Tatbestand B verwirklicht hat; kann jedoch nicht sicher festgestellt werden, welchen von beiden, wäre der Täter nach dem Zweifelssatz frei zu sprechen. Dies wird jedoch durch die Wahlfeststellung verhindert." sollte dahingehend ergänzt werden.

--185.17.204.24 00:07, 24. Apr. 2016 (CEST)[Beantworten]

wird nicht immer beachtet[Quelltext bearbeiten]

Hans Holzhaider, sueddeutsche.de 10. März 2017: Im Zweifel gegen den Angeklagten (Zitat):

Es gibt kein Motiv für die Tat, die man ihm zur Last legt, und keinen Beweis. Es gibt ein paar Verdachtsmomente, die sich aber auch auf harmlose Weise erklären lassen. Und eine Fülle von Indizien dafür, dass der vermeintliche Mord in Wirklichkeit ein häuslicher Unfall war. Trotzdem wird er verurteilt: Im Zweifel gegen den Angeklagten.
Damit wird ein Grundprinzip des Rechtsstaats auf den Kopf gestellt. Es stimmt: Genditzki konnte seine Unschuld nicht beweisen. Aber seit der Antike gilt im Strafrecht der Grundsatz, dass nicht der Angeklagte seine Unschuld, sondern das Gericht seine Schuld zu beweisen hat. Wenn es Zweifel an der Schuld des Angeklagten gibt, muss das Gericht ihn freisprechen. Aber der Fall Genditzki zeigt, dass der Grundsatz "in dubio pro reo" einen Angeklagten nicht immer schützt. Ob ein Richter Zweifel hat oder nicht, das hat auch mit der Person des Richters zu tun. Es ist seine subjektive Entscheidung. Wenn er sagt, er habe keine Zweifel - dann verurteilt er den Angeklagten.

Dies ist vermutlich nicht der erste / einzige Fall, in dem ein Richter / eine Kammer eklatant gegen 'in dubio pro reo' verstieß. Wer weitere Fälle kennt: bitte im Artikel nennen (z.B. Abschnit 'siehe auch', wenn sie einen WP-Artikel haben) und mir auf meiner Disku schreiben.

danke im voraus --Neun-x (Diskussion) 21:17, 25. Apr. 2017 (CEST)[Beantworten]