Diskussion:Türkische Sprache/Archiv/2021
Osmanisch-Türkisch?
Hallo zusammen!
Möchte nur kurz fragen, was mit Osmanisch-Türkisch gemeint ist. Denn die Sprache der Oberschicht im Osmanischen Reich war keineswegs verständlich für einen heutigen Türken, da sehr viele Persische (und Arabische) Wörter genutzt wurden. Und dann ist meiner Meinung nach die Gleichsetzung des heutigen Türkeitürkischen mit dem Osmanisch-Türkischen falsch. --TurkAviator (Diskussion) 15:45, 6. Jan. 2021 (CET)
- Osmanisch-Türkisch wird in zwei Bedeutungen gebraucht. Zum einen, vor allem historisch, als Bezeichnung der Sprache, die wir heute kurz (Türkei-)Türkisch nennen (zum Unterschied von den anderen Türksprachen, namentlich des Tschagatai-Türkischen). Zum anderen dient es zur Kennzeichnung dieser Sprache in einer Sprachform, die in arabischer Schrift geschrieben wurde. Dass heutige Türken die damalige Sprache vielleicht nicht oder unvollständig verstehen, ist das Produkt einer politisch gewollten Entwicklung. Auch ein Angehöriger der osmanischen Oberschicht könnte sich heute durchaus verständlich machen und gesprochenes verstehen, er hätte nur Mühe mit Produkten moderner Technik und modernen Lifestyles wie teyp, pikap, tivi, cep oder Neologismen wie araç. Letztere entsprechen meist 1:1 den entsprechenden „osmanischen“ Vorgängern (bei araç ist das vasıta). Das ist im Grunde auch im Deutschen, wie in allen Sprachen so. Wir hätten mitunter einige Mühe, einem Gespräch zweier Universitätsprofessoren des 19. Jahrhunderts zu folgen, im Neugriechischen ist die neuzeitliche Diglossie von Katharevousa und Dimotiki allgemein bekannt. Trotzdem stellt niemand die Einheit dieser Sprachen in Frage. --Hajo-Muc (Diskussion) 11:11, 7. Jan. 2021 (CET)
- Das moderne Türkische hat heute mit dem sogenannten ''Osmanisch-Türkisch'' wenig gemeinsam. Atatürk hat bei der Sprachreform sehr viele arabische und persische Wörter verbannt und durch alttürkische und europäische Wörter ersetzt. Ich würde sogar sagen, dass Aserbaidschanisch-Türkisch näher mit dem Osmanisch-Türkisch verwandt ist. Während viele Osmanische Wörter im Türkei-Türkischen nur synonyme darstellen, werden sie in Aserbaidschanisch-Türkisch aktiv verwendet. Beispiel PUL heisst auf Osmanisch-Türkisch GELD und auf Aserbaidschanisch-Türkisch auch, aber im modernen Türkisch ist es nur ein Synonym, da der gängige Begriff für Geld PARA ist. Flugzeug bedeutet auf Osmanisch und Aserbaidschanisch Teyyare, während es im modernen Türkisch Uçak bedeutet. Genauso die Bezeichnung für Hund, heisst auf Osmanisch und Aserbaidschanisch it, während im modernen Türkisch fast nur Köpek verwendet wird. Das Wort it stellt im modernen Türkisch einen vulgären Ausdruck von Hund dar. Vorallem sind im Osmanischen Türkisch Satzbau und Syntax völlig anders. Die jetzigen Generation der Türkei, könnte Osmanische Texte in lateinischer Schrift kaum verstehen. Aserbaischaner und Gagausen hätten es viel einfacher, da dort eine Schriftreform nicht so stark stattfand.
- Wir sollten im Artikel statt Osmanisch-Türkisch, lieber den Begriff Modernes-Türkisch oder Anatolisches-Türkisch verwenden. Würde jedenfalls nicht für Verwirrung sorgen, da dass Osmanische Reich nicht wie die heutige Türkei nur in Anatolien war. --Safarifruit10 (Diskussion) 18:14, 19. Feb. 2022 (CET)
- Das ist in weiten Teilen nicht richtig. Tatsache ist, dass viele, vorzugsweise arabische Fremdwörter durch eine staatlich verordnete Sprachregelung ersetzt wurden, aber in eher wenigen Fällen durch (echte) alttürkische Vokabeln. Selbst dabei sind „Fehler“ unterlaufen: Für „Nation“ sollte ulus das Wort millet ersetzen (konnte sich aber nur ungenügend durchsetzen), dabei „erwischte“ man aber versehentlich die mongolische Form. Das alttürkische Wort müsste man uluş schreiben. Der Ersatz von it durch köpek liegt bereits in osmanischer Zeit vor, ebenso von pul (ursprünglich eine Unterteilung von akçe) durch para (ebenfalls eigentlich eine Münze, siehe Para (Währungseinheit)). Pul gibt es im übrige auch noch heute im Türkischen als (Brief-)Marke, Flitter, Paillette, tayyare ist veraltet, ich kenne das Wort aber durchaus noch. Es hat im Aserbeidschanischen einfach nicht die auf die Türkei beschränkte kemalistische Sprachreform gegeben. Älterer Wortschatz verschwindet, ältere Texte werden daher schwer bis unverständlich; das ist aber eine allgemeine Erscheinung, die die Identität einer Sprache nicht beeinträchtigt. So etwas gibt es auch in anderen Sprachen. „Dies Aperçu conveniret mir extraordinaire.“ Wer hätte es auf Anhieb verstanden? Syntax und Satzbau und auch die Morphologie haben sich innerhalb der osmanischen Zeit weit stärker verändert als während der Sprachreform. Dort sind die Unterschiede in diesem Bereich hauptsächlich orthographischer Natur beim Übergang von der arabischen zur Lateinschrift. --Hajo-Muc (Diskussion) 12:45, 20. Feb. 2022 (CET)
- Vor allem darf man nicht die Kanzleisprache mit der alltäglichen Sprache verwechseln. Wenn man sich die Lehrbücher für Osmanisch aus dem 19. Jahrhundert anschaut, die von Ausländern, zum Beispiel deutsche Soldaten usw. verfasst wurden, ist das fast ganz normales Türkisch. Koenraad 13:41, 20. Feb. 2022 (CET)
- Das ist in weiten Teilen nicht richtig. Tatsache ist, dass viele, vorzugsweise arabische Fremdwörter durch eine staatlich verordnete Sprachregelung ersetzt wurden, aber in eher wenigen Fällen durch (echte) alttürkische Vokabeln. Selbst dabei sind „Fehler“ unterlaufen: Für „Nation“ sollte ulus das Wort millet ersetzen (konnte sich aber nur ungenügend durchsetzen), dabei „erwischte“ man aber versehentlich die mongolische Form. Das alttürkische Wort müsste man uluş schreiben. Der Ersatz von it durch köpek liegt bereits in osmanischer Zeit vor, ebenso von pul (ursprünglich eine Unterteilung von akçe) durch para (ebenfalls eigentlich eine Münze, siehe Para (Währungseinheit)). Pul gibt es im übrige auch noch heute im Türkischen als (Brief-)Marke, Flitter, Paillette, tayyare ist veraltet, ich kenne das Wort aber durchaus noch. Es hat im Aserbeidschanischen einfach nicht die auf die Türkei beschränkte kemalistische Sprachreform gegeben. Älterer Wortschatz verschwindet, ältere Texte werden daher schwer bis unverständlich; das ist aber eine allgemeine Erscheinung, die die Identität einer Sprache nicht beeinträchtigt. So etwas gibt es auch in anderen Sprachen. „Dies Aperçu conveniret mir extraordinaire.“ Wer hätte es auf Anhieb verstanden? Syntax und Satzbau und auch die Morphologie haben sich innerhalb der osmanischen Zeit weit stärker verändert als während der Sprachreform. Dort sind die Unterschiede in diesem Bereich hauptsächlich orthographischer Natur beim Übergang von der arabischen zur Lateinschrift. --Hajo-Muc (Diskussion) 12:45, 20. Feb. 2022 (CET)
/v/ vielleicht Approximant [ʋ]?
Mein Eindruck ist, dass in Wörtern wie ev oder bavul bei /v/ keine Reibung zu hören ist. Auf der englischen Wikpediaseite zur Türkischen Phonologie ist von einem bilabialen Frikativ oder Approximanten die Rede. Aber mir scheint, der Laut ist labiodental, nur eben kein Frikativ sondern ein Approximant. Bräuchte man natürlich Literatur dazu. Kann jemand helfen? --Nu komms du (Diskussion) 11:13, 13. Sep. 2021 (CEST)
- @Nu komms du: Ich denke, die richtige Antwort ist, wie in so vielen Fällen: Es kommt drauf an. Zum einen auf die Artikulation des Sprechers, zum anderen auf die Stellung des Lautes. Bei der Lautgruppe -avu- wie in bavul besteht eine Neigung zur Diphthongierung und Fremdwörter mit einem au-Diphthong werden entsprechend in türkischer Schreibung oft mit -av(u)- wiedergegeben. Aus der Sprachpraxis meine ich, dass jedenfalls in Formen wie evim (mein Haus) oder evde (zuhause) der Frikativ deutlich zu hören ist. (Anm. Türkisch havuz (bedeutet Teich, Schwimm- Planschbecken) ist in der Aussprache kaum unterscheidbar vom deutschen Wort Haus.) --Hajo-Muc (Diskussion) 22:24, 19. Okt. 2021 (CEST)