Gut Eglsee

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Allee ins Königreich

Gut Eglsee ist ein landwirtschaftlicher Großbetrieb in Bayern. Er liegt etwa zwei Kilometer südöstlich vom Straubinger Stadtkern entfernt im Gemeindeteil Gut Eglsee.

Eglsee hat vierzehn Einwohner und liegt geographisch in der Mitte des Gäubodens. Charakteristisch sind die drei weithin sichtbaren Eschenalleen nach Straubing, ins Königreich und zur Ödmühle. Vor dem Herrenhaus befindet sich der Eglsee, der auch als Löschwasserteich dient.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Luftbild

Eglsee wurde erstmals 1444 in den Büchern auf der Burg Trausnitz erwähnt (Staatsarchiv Landshut).[1] In unmittelbarer Nähe von Eglsee lassen sich seit der Jungsteinzeit 5600. v. Chr. menschliche Ansiedlungen nachweisen. Ab etwa 500 v. Chr. siedelten hier die Kelten in einem Oppidum. Von ihnen stammt auch der erste erhaltene Siedlungs-Name von Straubing: Sorviodurum.[2][3][4][5]

Gut Eglsee[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1891 erwarb Carl Phillip Paul Beckmann (1852–1923) den Betrieb in Eglsee. Durch Grundstückszukauf, Einrichtung einer Landwirtschaftlichen Brennerei und vor allem eine komplett verbesserte Grundbearbeitung konnte Eglsee zu einer „Beispielwirtschaft“ (Straubinger Tagblatt) ausgebaut werden. Für die Söhne Otto Beckmann und Max Beckmann wurden ein landwirtschaftlicher Großbetrieb in Hofstetten und eine Baumwollplantage in der Nähe von Kilosa in der damaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika (heute Tansania) erworben.[6][7][8] Die zweite Generation Carl Eugen Beckmann (1882–1965) übernahm den Stammsitz Eglsee und baute ihn weiter aus. Hinzu kamen das Vorwerk in Gschwendt und ein Tierzuchtbetrieb in Hausleiten bei Neumarkt-Sankt Veit als auch eine Forstwirtschaft in Leiblfing. Weiterhin wurden die Mühlenwerke Gleiwitz und die Vogelmühle in Reuchelheim (Unterfranken) gekauft. Die dritte und vierte Generation, jeweils Dipl. Landwirte, Carl Heinrich Beckmann (1909–1991) und Carl Friedrich Max Beckmann (geb. 1947) bauten den Stammsitz weiter aus. Der heutige Besitzer ist Carl Christian Beckmann.[1][9][10][11][12][13][14][15][16]

Architektur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf Eglsee gibt es unterschiedlichste Gebäudekomplexe. Der Kernbereich ist typisch Niederbayerisch als Vierseithof angeordnet.[17] Die ältesten Bauten sind aus dem 13. bis 15. Jahrhundert. Dazu gehören der Große Kuhstall oder das alte Bauernhaus mit Verwaltung. Umfangreiche Um- oder Ausbauten sowie Erweiterungen wurden durch Carl Phillip Paul Beckmann zwischen 1891 und 1920 realisiert. So entstand auch die Hofbrennerei, die im Gründerzeitstil errichtet wurde und heute als Industriedenkmal gilt.[18][19][16] 2014 wurden im Brennereigebäude zwei Mietwohnungen eingerichtet.[20]

1921 wurde von Carl Eugen Beckmann und seiner Frau Elisabeth die sog. Villa, oder auch Herrenhaus genannt, errichtet. Ein Lagerhaus mit vollautomatischen Silotürmen und ein Kartoffelkeller, der durch unterschiedliche Förderbänder befüllt wird und mittels Schwemmkanälen die Kartoffeln in die Brennerei transportiert, waren die Projekte von Carl Heinrich Beckmann.[1][15]

Auf dem Hof gibt es ein parkähnliches Landschaftskonzept aus dem Jahr 1893, was noch heute gültig ist. Diese Form dieser Architektur gibt dem Betrieb dieses besonders einprägsame Kultur- und Landschaftsbild. Neben den Auffahrtsalleen, die jeweils mit Eschen gesäumt sind, gibt es ein Grüngürtel aus Lärchen, Eichen und Linden. Die Jahrtausendlinde ist einem Sturm am 13. Januar 1986 zum Opfer gefallen. Weiterhin gibt es am Eglsee ein Steingarten und im Garten des Herrenhauses einen Rosenzwinger.[21][22][15]

Brennerei

Industriekultur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Industrialisierung prägte den großzügigen und funktionalen Baustil der Gebäude in Eglsee. Als markantes Beispiel gilt die im Jahr 1893 errichtete Brennerei. Der Schornstein ist noch heute weithin sichtbar.[23] Ähnliche Anlagen wurden in den Folgejahren auf Gut Puchhof, Gut Makofen und in Münchshöfen installiert. In der Brennerei in Eglsee wurde Industriealkohol mit mindestens 96 % Ethanol aus Stärkekartoffeln erzeugt. Nach Wegfall des Branntweinmonopols wurde der Brennereibetrieb eingestellt. Die agrarhistorischen Kenntnisse sollen bewahrt und zukünftigen Generationen zur Verfügung gestellt werden.[1][24][25][15]

Agrarinnovationen & Ehrenamt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die industrielle Revolution erreichte ab 1850 auch das Königreich Bayern.[26][27] Diese maßgeblichen Veränderungen zeigten sich auch in der Landwirtschaft. So wurde der Dampfpflug zum ersten Mal auf Eglsee in Bayern eingesetzt.[28][29] Viele Innovationen wurden zunächst in Eglsee getestet und weiterentwickelt. Bei erfolgreicher Erprobung übernahmen viele Berufskollegen die neue Technik. Insbesondere war dies bei dem ersten Einsatz eines vollautomatischen Mähdreschers, als auch bei dem Einsatz von einem Traktor, der schon zum Ende der Weimarer Republik die Handarbeit ersetzte.[30][31][14][15][16]

Um das Erlernte nicht nur für sich zu behalten, setzten sich alle Generationen auf Eglsee für die Allgemeinheit ein. Das Engagement umfasste vor allem Positionen beim Bauernverband, Grundbesitzerverband, Verband der süddeutschen Zuckerrübenanbauer oder z. B. in der Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern.[32] Carl Eugen Beckmann hat u. a. das Milchwerk Straubing (heute Goldsteig Käsereien Bayerwald) als auch den Club der Landwirte gegründet. Sein Vorbild hierfür war der Club der Großgrundbesitzer Hessen.[1][14][15][16]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Historischer Atlas von Bayern. Altbayern. Reihe I Heft 32: Straubing. S. 56, S. 135, S. 195, S. 198, S. 318, S. 319, S. 343 (online).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e Webauftritt des Eigentümers. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 8. Oktober 2014; abgerufen am 1. Oktober 2014.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/gut-eglsee.de
  2. vgl. Hundt, Hans-Jürgen: Katalog Straubing Nr. 1, Die Funde der Glockenbecherkultur und der Straubinger Kultur, Kallmünz 1958.
  3. vgl. Stelzle, Walter: Die Römer in Bayern, Spurensuche zwischen Alpen und Limes, Augsburg 2011.
  4. vgl. Bayern vom Herzogtum der Bajuwaren bis zum Königreich und Freistaat: mit alten und neuen Grenzen von Bayern und westliches Österreich sowie Angaben aus der Kelten- u. Römerzeit, herausgegeben 1988 anlässlich der Landesausstellung "Die Bajuwaren" in Rosenheim und Mattsee, Bad Aibling 1988.
  5. vgl. Hille, Carmen: Das keltische Bayern und seine Nachbarn, München 1995.
  6. vgl. Paasche, Hermann: Deutsch-Ostafrika, Wirtschaftliche Studien, Berlin 1906.
  7. vgl. Bauer, Heinz: Deutsch-Ostafrika zwischen Deutschland und England, Leipzig 1933.
  8. vgl. Falkenhorst, Carl: Deutsch-Ostafrika, Geschichte der Gründung einer deutschen Kolonie, Stuttgart 1890.
  9. vgl. Keim, Joseph: Heimatkundliche Geschichte von Straubing, Straubing 1958.
  10. vgl. Straubing: das neue und das alte Gesicht einer Stadt im altbayerischen Kernland, Festschrift aus Anlass des 750. Gründungsjubiläums, Straubing 1968.
  11. vgl. Ortner, Heinrich: Straubing in seiner Vergangenheit und Gegenwart, Straubing 1902.
  12. vgl. Baum, Norbert: Paläodontologische Untersuchungen an Skeletten aus dem bandkeramischen Gräberfeld von Ödmühle, Straubing 1988.
  13. vgl. Maier, Hans: Gut Eglsee. Geschichte, Besitzer und Innovationen. Landshut 1968.
  14. a b c vgl. Straubinger Tagblatt: Carl Heinrich Beckmann, Ein Porträt, Straubing 1989.
  15. a b c d e f Straubinger Tagblatt: Der Vorzeigegutsherr Carl Eugen Beckmann. Straubing 1952
  16. a b c d vgl. Straubinger Tagblatt: Zum Tode Carl Phillip Paul Beckmann, Straubing 1915.
  17. vgl. Baumgartner, Georg: Ein niederbayerischer Vierseithof, Landshut 1982.
  18. vgl. Hiller, Kurt: Ein deutsches Herrenhaus, Leipzig 1918.
  19. vgl. Lürig, Christa: Studien zum preußischen Herrenhaus 1890-1918, Berlin 1956.
  20. Prof. Dr. Carl Christian Beckmann-Nutzungsänderung einer Brennerei in zwei Wohnungen und Nutzungsänderung einer ehemaligen Arbeiterwohnung in ein Wohngebäude mit vier Wohneinheiten und Errichtung eines Carports Eglsee 2 und 3. Stadt Straubing, 1. Oktober 2014, abgerufen am 10. Februar 2015.
  21. vgl. Waterman, Tim: Landschaftsarchitektur, das Wichtigste in Kürze, München 2010.
  22. vgl. Hallbaum, Franz: Der Landschaftsgarten, Seine Entstehung und seine Einführung in Deutschland durch Friedrich Ludwig von Sckell, München 1927.
  23. vgl. Milchversorgung und landwirtschaftliche Brennereien, Bad Nauheim 1921.
  24. vgl. Cluß, Adolf: Die Brennerei, Hannover 1909.
  25. vgl. Die historische Kornbrennerei, Industriedenkmal und Museum, Hilden 1995.
  26. vgl. Braun, Rudolf: Industrielle Revolution, Köln 1972.
  27. vgl. Liedtke, Rainer: Die industrielle Revolution, Köln [u. a.] 2012.
  28. vgl. Kuntz, Andreas: Der Dampfpflug: Bilder und Geschichte der Mechanisierung und Industrialisierung von Ackerbau und Landleben im 19. Jahrhundert, Marburg 1979.
  29. vgl. Gröger, Eduard: Der Dampfpflug und seine wirtschaftliche und soziale Bedeutung unter besonderer Berücksichtigung des Lohnpflugbetriebes in Schlesien, Greifswald 1921.
  30. "Wir leben hier wie im Paradies" Artikel im Straubinger Tagblatt. In: Mediengruppe Straubinger Tagblatt / Landshuter Zeitung. Mediengruppe Straubinger Tagblatt / Landshuter Zeitung, archiviert vom Original am 24. September 2015; abgerufen am 19. Oktober 2014.
  31. Hummel, Jürgen; Oertle, Alexander; Sternberg, Jan: Mähdrescher: Geschichte und Technik, wk&f Kommunikation, Kempten 2008, ISBN 978-3-8988-0417-2.
  32. vgl. Daumiller, Oscar: Südbayerns evangelische Diaspora in Geschichte und Gegenwart, München 1955.

Koordinaten: 48° 52′ 14,9″ N, 12° 36′ 42,8″ O