Eidgenössische Volksinitiative «für tiefere Arzneimittelpreise»

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Die Eidgenössische Volksinitiative «für tiefere Arzneimittelpreise» war eine Initiative des Schweizer Discounters Denner, die forderte, dass alle in Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich zugelassenen Medikamente automatisch auch in der Schweiz zugelassen werden und die Krankenkassen nur noch die günstigsten Medikamente vergüten. Sie wurde deutlich abgelehnt.

Initiative[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Initiative wurde am 12. Dezember 1997 mit 127'376 Unterschriften eingereicht[1] und kam am 4. März 2001 zur Abstimmung[2].

Der Bundesrat und das Parlament empfahlen ein Nein zur Initiative.[3]

Absicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Volksbegehren hatte zum Ziel, dass alle in Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich zugelassenen Medikamente automatisch auch in der Schweiz zugelassen werden und die Krankenkassen nur noch die günstigsten Medikamente zahlen müssen. Dies hätte bedeutet, dass, wenn günstigere Generika existieren, die Generika statt der Originalmedikamente abgegeben werden müssen (sofern der Patient die Medikamente nicht selber bezahlt). So wollte man die Krankenkassenprämien senken.[3]

Da die Schweiz aber nach den Regeln der Welthandelsorganisation WTO Vorteile, die sie den einen WTO-Mitgliedstaaten einräumt, auch allen andern gewähren muss, würde sich die automatische Zulassung der Medikamente nicht nur auf die im Initiativtext erwähnten 4 Länder beschränken, sondern auch auf diverse andere Länder ausweiten.[3]

Wortlaut[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Volksinitiative hatte folgenden Wortlaut:

Die Volksinitiative lautet angepasst an die Bundesverfassung vom 18. April 1999:

I
Die Bundesverfassung wird wie folgt ergänzt:

Art. 117 Abs. 3
3 Die in den Nachbarstaaten Frankreich, Italien, Deutschland und Österreich mit Rezept oder rezeptfrei zum Verkauf bei Ärztinnen und Ärzten, Apotheken, Spitälern, Drogerien oder anderen Geschäften zugelassenen Medikamente als Originalpräparate oder Generika sind in gleicher Weise mit Rezept oder rezeptfrei auch bei Ärztinnen und Ärzten, Apotheken, Spitälern, Drogerien oder anderen Geschäften in der Schweiz zugelassen, ohne dass es für die Schweiz einer besonderen Bewilligung bedarf. Soweit rezeptpflichtige oder rezeptfreie Medikamente zum Verkauf gelangen, sind Generika abzugeben, sofern solche vorhanden sind oder sofern die Patientin oder der Patient das Präparat nicht selbst bezahlt. Soweit Originalpräparate und Generika durch die Krankenkassen zu bezahlen sind, sind an die Patientinnen und Patienten die preisgünstigsten Produkte abzugeben, entsprechend der jedes Jahr veröffentlichten Liste der vom Bund anerkannten Krankenversicherer.

II
Die Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung werden wie folgt ergänzt:

Art. 196 Sachüberschrift
Übergangsbestimmungen gemäss Bundesbeschluss vom 18. Dezember 1998 über eine neue Bundesverfassung
Art.197 Übergangsbestimmungen nach Annahme der Bundesverfassung vom 18. April 1999
1. Übergangsbestimmung zu Art. 117 (Kranken- und Unfallversicherung)
Gesetzliche oder Verordnungsbestimmungen, die im Widerspruch zu Artikel 117 Absatz 3 stehen, sind aufgehoben.[3]

Argumente[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pro[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Initianten wollten mit der Initiative vor allem tiefere Preise erreichen. Sie verwiesen darauf, dass in europäischen Niedrigpreisländern die Medikamente bis zu 100 % weniger kosteten als in der Schweiz.[3]

Um zu verhindern, dass Medikamente, die in Ländern mit unseriösen Zulassungsverfahren zugelassen wurden, automatisch auch in der Schweiz zugelassen werden, hätte man ihrer Ansicht nach eine Zusatzregistrierung fordern können:

„Die Initianten fordern nicht nur einen tieferen Arzneimittelpreis, sie wollen auch die medizinische Sicherheit gewährleistet sehen. Sie verschliessen sich einer gesundheitspolizeilichen Zusatzregistrierung durch Schweizer Behörden nicht für den Fall, dass ein Land – anders als beispielsweise die OECD-Länder – kein mit der Schweiz vergleichbares, gleichwertiges Zulassungsverfahren kennt. Auch soll von einem anderen Staat Gegenrecht verlangt werden können.“

Aus: «Das Initiativekomitee macht geltend» im offiziellen Abstimmungsbüchlein[3]

Kontra[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gegner argumentierten, dass aufgrund des WTO-Abkommens auch Medikamente aus Ländern mit unseriösen Zulassungsverfahren in die Schweiz gelängten, ohne von den schweizerischen Behörden kontrolliert zu werden.

Ausserdem sei das günstigste Medikament häufig nicht das Beste. Die Initiative hätte deshalb zur Folge gehabt, dass Patienten auf schlechtere Medikamente zurückgreifen gemusst hätten, wenn sie diese nicht selbst bezahlt hätten.

Abstimmung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Über die Initiative wurde am 4. März 2001 abgestimmt. Die Vorlage wurde von Volk und Ständen deutlich verworfen, sie wurde nur von 30 % der Stimmenden angenommen. Am meisten Zustimmung fand die Volksinitiative im Kanton Solothurn mit 37,1 %, am deutlichsten verworfen wurde sie in den Kantonen Neuenburg und Wallis mit 80 % Nein-Stimmen.[4]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Schweizer Volksinitiativen – Details zu "Tiefere Arzneimittelpreise". In: www.schweizervolksinitiativen.ch. Archiviert vom Original am 11. August 2016; abgerufen am 11. August 2016.
  2. Eidgenössische Volksabstimmung vom 4. März 2001. Bundesamt für Statistik, archiviert vom Original am 11. August 2016; abgerufen am 11. August 2016.
  3. a b c d e f Erläuterungen des Bundesrates. (PDF) Zweite Vorlage: Volksinitiative «für tiefere Arzneimittelpreise». Schweizerische Bundeskanzlei, S. 10–15, archiviert vom Original am 12. Januar 2014; abgerufen am 11. August 2016 (Offizielles Abstimmungsbüchlein).
  4. Volksabstimmung vom 4. März 2001 – Volksinitiative «für tiefere Arzneimittelpreise». (XLS) Bundesamt für Statistik, abgerufen am 11. August 2016.