Emilia Galotti

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Emilia Galotti ist ein bürgerliches Trauerspiel in fünf Aufzügen von Gotthold Ephraim Lessing. Es wurde am 13. März 1772 im Herzoglichen Opernhaus in Braunschweig uraufgeführt. Lessing verarbeitete in diesem Drama den Stoff der Legende um die Römerin Verginia, den er an zentralen Stellen veränderte.

Emilia Galotti ist ein Drama der Aufklärung, das nicht dem damals vorherrschenden französischen Vorbild entspricht und sich darüber hinaus auch von Johann Christoph Gottscheds Regelpoetik absetzt. Obwohl die Liebe das Zentralthema der Tragödie ist, gilt Emilia Galotti als hochpolitisches Stück. Der willkürliche Herrschaftsstil des Adels steht der neuen aufgeklärten Moral des Bürgertums gegenüber. Alle feudalen Vorstellungen von Liebe und Ehe treffen somit auf den neuen empfindsamen Liebesdiskurs der Bürger. Diese Kombination macht das Stück so brisant.

Personen

  • Emilia Galotti
  • Odoardo Galotti, Vater von Emilia Galotti
  • Claudia Galotti, Mutter von Emilia Galotti
  • Pirro, Bedienter der Galottis
  • Hettore Gonzaga, Prinz von Guastalla
  • Marinelli, Kammerherr des Prinzen
  • Camillo Rota, einer von des Prinzen Räten
  • Conti Maler
  • Graf Appiani
  • Gräfin Orsina
  • Angelo und einige Bediente

Handlung

Der absolutistische Herrscher Hettore Gonzaga, Prinz von Guastalla, ist seit seiner ersten Begegnung mit dem bürgerlichen Mädchen Emilia Galotti davon besessen, sie zu seiner Geliebten zu machen. Deshalb gibt er seinem intriganten Kammerherrn, dem Marchese Marinelli, freie Hand, ihre bevorstehende Hochzeit mit dem Grafen Appiani zu verhindern. So wird Appiani auf dem Weg zu seiner Hochzeit bei einem Überfall auf Marinellis Geheiß von bezahlten Verbrechern ermordet.

Emilia wird auf das in der Nähe gelegene Lustschloss des Prinzen in scheinbare Sicherheit gebracht, erkennt jedoch im Gegensatz zu ihrer Mutter Claudia die wahren Zusammenhänge der Intrige nicht. Die Gräfin Orsina, die ehemalige Mätresse des Prinzen, kommt auf das Schloss. Aus Enttäuschung über die barsche Abfuhr durch Gonzaga möchte sie den ebenfalls anwesenden Odoardo, Emilias Vater, dazu lenken, Appiani zu rächen, indem er den Prinzen erdolcht. Doch Odoardo zögert, den Prinzen zu erstechen, und will zunächst Gott die Rache überlassen. Emilia, die infolge einer weiteren Intrige Marinellis in der Obhut des Prinzen bleiben soll – der Fall müsste erst noch gerichtlich untersucht werden –, provoziert ihren Vater, sie zu ermorden, weil sie fürchtet, den Verführungen des Prinzen nicht standhalten zu können. Der Vater erdolcht sie und ist erschüttert über seine Tat.

Am Ende stellt sich Odoardo der Gerichtsbarkeit des Prinzen, der Marinelli als den Schuldigen an der Katastrophe von seinem Hof verbannt. Der Tochtermörder sieht jedoch Gott als letzte Instanz an.

Themen

Lessing beschreibt den Konflikt zwischen Adel und Bürgertum. Er kritisiert die Käuflichkeit und Beherrschbarkeit durch Macht (am Beispiel des Prinzen) und die Einstellung der einfachen, mit bürgerlichen Moralvorstellungen ausgestatteten Familien (am Beispiel des Landadels): der Eigenwille des Kindes und sein Wunsch nach freier Entwicklung der eigenen Triebe und Fähigkeiten tritt hinter dem inneren Zwang zur unbedingten Pflichterfüllung zurück. Vor allem also kritisiert Lessing hier im Sinne Kants sapere aude die Unmündigkeit des Bürgertums. Emilia ist nicht in der Lage, eine eigenständige und möglicherweise lebensrettende Entscheidung zu treffen, da die Erziehung durch ihre Eltern sie nicht dazu in die Lage versetzt hat. Von jeher gewöhnt, behütet und umsorgt zu werden und keine einzige Entscheidung selbst treffen zu dürfen, kann Emilia gar nicht auf ihr eigenes Urteil oder auf ihren eigenen Willen vertrauen.

Lessing verdeutlicht an der Figur Odoardo, wie sehr sich das Bürgertum des 18. Jahrhunderts im Umbruch befand. Odoardo zeigt zwar schon Ansätze eines "neuen" rationalen Denkens. Entscheidet sich letztlich mit dem Mord seiner Tochter allerdings für den Bestand seiner Familienehre und verfällt in "altes" irrationales Denken und Handeln zurück.

Emilia Galotti in anderen Werken

Verfilmungen

Hörspieladaptionen