Farbkonzept

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Das Farbkonzept (auch Farbauffassung, Farbgestaltung, Gestaltungsmöglichkeit, Gestaltungsprinzip der Malerei, Grundprinzip der Farbgebung, Farbkonzeption, Malkonzept, Malweise) bezeichnet die unterschiedliche Verwendung und Zusammenstellung von Farben beziehungsweise die Grundmöglichkeiten der Farbgestaltung in der Malerei.

Das Farbkonzept bestimmt wesentlich Atmosphäre, Gesamteindruck und Wirkung eines Bildes. Man unterscheidet zwischen eher bunten und eher tonwertigen Farbkonzepten. Sie lassen sich von bunt nach einfarbig und unbunt gliedern in Kolorismus, Chromatismus, Luminarismus, Valeurismus, Monochromie und Grisaille. Farbkonzepte lassen sich nicht bestimmten Epochen oder Stilrichtung zuordnen, sondern sie sind immer mal wieder zu finden.

In den Bereichen Architektur, Design, Fotografie, Innenarchitektur oder bei Webseiten spielen Farbkonzepte ebenso eine Rolle. Diese lassen sich seit den 1980er Jahren mit Hilfe von Computerprogrammen erstellen und werden dann häufig als Farbschemata bezeichnet. Farbe, Kontraste, Licht und Material sollen genau auf das Objekt, den Raum und die Funktion abgestimmt sein, um eine bestimmte Atmosphäre und Wirkung hervorzurufen.

Kolorismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim Kolorismus (lateinisch coloratus = farbig) (auch koloristisches Farbkonzept, koloristische Farbkonzeption, koloristisches Prinzip) dominiert die Buntheit der Farben den Gesamteindruck der Malerei.[1] Intensive Farben und Farbkontraste sind als vorrangiges Gestaltungsmittel eingesetzt. Meist sind die Farben flächig, ohne Schattierungen und Variationen aufgetragen, die Kunstwerke sind häufig flach und plakativ.[2] Eine Sonderform des Kolorismus ist der Cloisonnismus, bei dem die farbigen Flächen von schwarzen oder bunten Stegen umgeben sind, beispielsweise bei Georges Rouault (1871–1958).[3]

Koloristische Bilder finden sich bereits in der antiken Malerei,[4] später in der mittelalterlichen und spätmittelalterlichen Malerei, wo die Künstler eine klare, reine, kontrastreiche Farbigkeit bevorzugen.[5] Malereien mit koloristischem Schwerpunkt finden sich in der venezianischen Malerei des 16. Jahrhunderts bei Tizian (um 1488/1490–1576) und Paolo Veronese (1528–1588), dann bei Peter Paul Rubens (1577–1640) und Eugène Delacroix (1798–1863). Typisch für die Anwendung des Kolorismus sind Malereien des Fauvismus (ca. 1905–1920) und des Expressionismus (ca. 1905–1919). Die entscheidende koloristische Malerei findet sich in der gegenständlichen und abstrakten Malerei des 20. und 21. Jahrhunderts, da hier die Farbe eine vordem unbekannte Selbständigkeit erfährt.[6]

Chromatismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim Chromatismus (altgriechisch chroma = Farbe) (auch chromatisches Farbkonzept, chromatisches Prinzip) entstehen Farb- und Lichtwirkung durch Zerlegung der Farbflächen (sogenannte Farbteilung) in einzelne, genau voneinander unterschiedene, kleine Flecken und Striche. Damit erreichen die Künstlerinnen und Künstler eine Steigerung der Farbintensität. Licht und Schatten können farbig sein, aber auch unbunt. Daneben findet der Simultankontrast Berücksichtigung.[7] Die Bezeichnung Chromatismus entsteht in Anlehnung an die chromatische Tonleiter, bei der die Musiktöne in einzelnen, separaten Schritten aufeinander folgen. Dadurch lässt sich der Unterschied zwischen Chromatismus und Kolorismus erklären.

Der Chromatismus findet sich in frühchristlichen Mosaiken, später zum Beispiel bei Francesco Guardi (1712–1793), John Constable (1776–1837), Eugène Delacroix (1798–1863), Francisco de Goya (1746–1828), Adolph von Menzel (1815–1905) oder Paul Cézanne (1839–1906). Besonders typisch für die Anwendung des Chromatismus ist die Malerei des Pointillismus (ca. 1889–1910).[8]

Luminarismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim Luminarismus (lateinisch lumen = Licht) (auch luminaristisches Prinzip) dominiert das Licht gegenüber der Buntheit.[9] Dabei sind die Farbübergänge von Licht und Schatten äußerst differenziert und meist allmählich (gleitend) gestaltet. Im Allgemeinen entstehen Licht und Schatten durch Beimischung von Weiß und Schwarz, können aber auch durch bunte Farbtöne zustande kommen. Die Hell-Dunkel-Modulation dient meist der Wiedergabe von Körperhaftigkeit (Plastizität) und der Dramatisierung der Licht-Schatten-Wirkung. Das Licht beeindruckt dann durch Glanz, Schimmern und Leuchten.[10]

Der Luminarismus zeigt sich zum Beispiel in der altniederländischen Malerei (ca. 1420–1580), in der italienischen Malerei des 16. Jahrhunderts und im Impressionismus (ca. 1860–1900). In den Bildern des analytischen Kubismus (ca. 1910–1912) finden sich luminaristische Mittel mit hellen und dunklen Zonen. Dabei werden die Helligkeiten zu einem schimmernden Licht, zu einem „innerräumlichen“ Licht.[11]

Valeurismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim Valeurismus (französisch valeur = [Ton-]Wert) (auch Ton-in-Ton-Malerei, tonige Malerei, Tonmalerei, Valeurmalerei, valeuristisches Farbkonzept, valeuristische Farbkonzeption) herrscht ein einheitlicher Grundton vor, was einer Vereinfachung gleichkommt. Gleichzeitig weist die Malerei feinste Farbdifferenzierungen und Abstufungen auf, was eine äußerst raffinierte Bereicherung bedeutet.[12] Der einheitliche Grundton ist häufig braun oder silbrig, seltener gelblich (golden) oder grünlich. Es können ausschließlich helle oder auch dunkle Farbtöne vorherrschen. Ebenso gut können Hell-Dunkel-Kontraste auftreten, aber keine starken Farbkontraste.[13]

Der Valeurismus zeigt sich bei Rembrandt van Rijn (1606–1669). Der Künstler kann ein Braun aufhellen bis ins Fleischblasse und Bernsteinblonde oder es abdunkeln bis ins Schwarz.[14] Der Valeurismus tritt auch in der Malerei des 19. Jahrhunderts auf oder bei Claude Monet (1840–1926). Besonders typisch für die Anwendung des Valeurismus ist die Malerei von Camille Corot (1796–1875).[15]

Monochromie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Monochromie (altgriechisch monochromatos = einfarbig) (auch monochromes Farbkonzept, monochrome Farbkonzeption, monochrome Malerei, französisch: Camaïeu) dominieren eine Farbe oder sehr ähnliche Farben, die in verschiedenen Stufen aufgehellt und abgedunkelt sein können. Meist wird durch die Hell-Dunkel-Stufen Körperhaftigkeit (Plastizität, Licht und Schatten) wiedergegeben. Im Unterschied zur Monochromie sind beim Valeurismus trotz des einheitlichen Grundtons auch unterschiedliche Farben zu erkennen.

Die Monochromie ist besonders beliebt im 18. Jahrhundert in der Porzellanmalerei und wird dort als Camaïeu bezeichnet.[16] Kunstschaffende, die die Monochromie anwenden, sind zum Beispiel Pablo Picasso (blaue Periode) (1881–1973), Egon Schiele (1890–1918), Otto Dix (1891–1969) und Helen Frankenthaler (1928–2011). Eine extreme Variante ist die Monochromie mit absolut einfarbigen Flächen ohne Variationen und Schattierungen. Sie ist seit den 1950er-Jahren ein Farbkonzept mit dem Ziel letztmöglicher Konzentration und Vereinfachung, etwa bei Yves Klein (1928–1962).

Grisaille[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Grisaille (französisch grisaille = Eintönigkeit, französisch gris = grau) (auch Steinmalerei, unbuntes, achromatisches Farbkonzept) finden neben Schwarz und Weiß nur fein modulierte Grautöne Verwendung. Meist wird dadurch Körperhaftigkeit (Plastizität, Licht und Schatten) wiedergegeben.

Mischformen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die meisten Kunstschaffenden verwenden in ihren Malereien Mischformen aus unterschiedlichen Farbkonzepten.

  • Beispielsweise finden sich im Gemälde „Die Vision des heiligen Johannes des Täufers“ von Parmigianino (1503–1540) koloristische und luminaristische Effekte. Luminaristisch gestaltet ist Marias Gewand, dessen Karminrot sich in seinem Farbwert fast im gleißenden Licht verliert. Die Hautfarbe von Johannes dem Täufer links unten zeigt weiße Glanzlichter und farblose Schatten. Hingegen rechts unten bei Hieronymus wirken das Rot des Mantels und das Braun seiner Haut in ihrer Flächigkeit eher als Farben, also koloristisch.[17]
  • Das Gemälde „Sonnenuntergang“ von William Turner (1775–1851) lässt sich einerseits durch die betonte Farbigkeit dem Kolorismus zuordnen. Andererseits sind die Gelb-, Orange- und Rottöne mit feinster Differenzierung und in separaten Strichen aufgetragen, weshalb sich dieser Bereich dem Valeurismus zuordnen lässt. Schließlich finden sich im unteren Bereich allmähliche Übergänge mit differenzierten Blau-, Rot- und Brauntönen und mit nach unten zunehmender Helligkeit, wodurch sich dieser Bereich dem Luminarismus zuordnen lässt.

Abweichungen der Definitionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Häufig erwähnen Autoren unter der Bezeichnung Farbkonzept nur den Kolorismus und Valeurismus [z. B. Gerd Gaiser], manchmal ergänzt um Monochromie und Grisaille [z. B. Torsten Krämer]. Andere Autoren benennen ausschließlich den Chromatismus und Luminarismus [z. B. Ernst Strauss und Lorenz Dittmann].

Daneben sind die Definitionen der Farbkonzepte nicht immer einheitlich. Einige Autoren ordnen ein Farbkonzept mit feinsten Farbdifferenzierungen in kleinen Flecken oder Strichen dem Valeurismus zu und bezeichnen das Farbkonzept mit feinsten Farbdifferenzierungen und allmählichen Übergängen als Luminarismus [z. B. Lorenz Dittmann]. Andere Autoren hingegen bezeichnen dieses Farbkonzept mit allmählichen Übergängen als Valeurismus [z. B. Torsten Krämer].

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gerd Gaiser: Malverfahren – Malkonzepte. In: Herbert Trümper, Gunter Otto (Hrsg.): Handbuch der Kunst- und Werkerziehung für allgemeinbildende Schulen, Berufsschulen und Fachschulen. Band IV,1.: Das Malen und die Zugänge zu Werken der Malerei. Rembrandt Verlag, Berlin 1966, S. 447–449.
  • Torsten Krämer: Farbe. Wahrnehmung – Konzepte – Wirkung. Ernst Klett Verlag, Stuttgart, Leipzig 2013, ISBN 978-3-12-205119-8 (Schülerheft, S. 44–47) und ISBN 978-3-12-205124-2 (Lehrerheft, S. 26–29)
  • Ernst Strauss: Koloritgeschichtliche Untersuchungen zur Malerei seit Giotto. In: Kunstwissenschaftliche Studien, Band XLVII. Deutscher Kunstverlag, München, Berlin 1972.
  • Lorenz Dittmann: Farbgestaltung und Farbtheorie in der abendländischen Malerei. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1987, ISBN 3-534-02383-8.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ernst Strauss: Koloritgeschichtliche Untersuchungen zur Malerei seit Giotto. In: Kunstwissenschaftliche Studien. Band XLVII. Deutscher Kunstverlag, München 1972, S. 22.
  2. Lorenz Dittmann: Farbgestaltung und Farbtheorie in der abendländischen Malerei. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1987, ISBN 3-534-02383-8, S. 347.
  3. Gerd Gaiser: Malverfahren – Malkonzepte. In: Herbert Trümper, Gunter Otto (Hrsg.): Handbuch der Kunst- und Werkerziehung für allgemeinbildende Schulen, Berufsschulen und Fachschulen. Band IV,1: Das Malen und die Zugänge zu Werken der Malerei. Rembrandt Verlag, Berlin 1966, S. 447.
  4. Lorenz Dittmann: Farbgestaltung und Farbtheorie in der abendländischen Malerei. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1987, ISBN 3-534-02383-8, S. 4.
  5. Johannes Eucker, Josef Walch: Farbe. Wahrnehmung, Geschichte und Anwendung in Kunst und Umwelt. In: Werner Broer u. a. (Hrsg.): Materialien für den Sekundarbereich II. Arbeitstexte für den Kunstunterricht. Schroedel Schulbuchverlag, Hannover 1988, ISBN 3-507-10216-1, S. 50.
  6. Lorenz Dittmann: Farbgestaltung und Farbtheorie in der abendländischen Malerei. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1987, ISBN 3-534-02383-8, S. 346.
  7. Lorenz Dittmann: Farbgestaltung in der europäischen Malerei. Ein Handbuch. Böhlau Verlag, Köln u. a 2010, ISBN 978-3-412-20414-3, S. 262, 322 und 263/264.
  8. Lorenz Dittmann: Farbgestaltung und Farbtheorie in der abendländischen Malerei. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1987, ISBN 3-534-02383-8, S. 262 und 263.
  9. Ernst Strauss: Koloritgeschichtliche Untersuchungen zur Malerei seit Giotto. In: Kunstwissenschaftliche Studien. Band XLVII. Deutscher Kunstverlag, München, Berlin 1972, S. 22 und 23.
  10. Lorenz Dittmann: Farbgestaltung und Farbtheorie in der abendländischen Malerei. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1987, ISBN 3-534-02383-8, S. 88 und 261.
  11. Lorenz Dittmann: Farbgestaltung und Farbtheorie in der abendländischen Malerei. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1987, ISBN 3-534-02383-8, S. 367.
  12. Gerd Gaiser: Malverfahren – Malkonzepte. In: Herbert Trümper, Gunter Otto (Hrsg.): Handbuch der Kunst- und Werkerziehung für allgemeinbildende Schulen, Berufsschulen und Fachschulen. Band IV,1.: Das Malen und die Zugänge zu Werken der Malerei. Rembrandt Verlag, Berlin 1966, S. 447.
  13. Johannes Eucker, Josef Walch: Farbe. Wahrnehmung, Geschichte und Anwendung in Kunst und Umwelt. In: Werner Broer u. a. (Hrsg.): Materialien für den Sekundarbereich II. Arbeitstexte für den Kunstunterricht. Schroedel Schulbuchverlag, Hannover 1988, ISBN 3-507-10216-1, S. 50.
  14. Gerd Gaiser: Malverfahren – Malkonzepte. In: Herbert Trümper, Gunter Otto (Hrsg.): Handbuch der Kunst- und Werkerziehung für allgemeinbildende Schulen, Berufsschulen und Fachschulen. Band IV,1.: Das Malen und die Zugänge zu Werken der Malerei. Rembrandt Verlag, Berlin 1966, S. 447/448.
  15. Lorenz Dittmann: Farbgestaltung in der europäischen Malerei. Ein Handbuch. Böhlau Verlag, Köln u. a. 2010, ISBN 978-3-412-20414-3, S. 62 und 328.
  16. Brigitte Riese, Hans-Joachim Kadatz: Seemanns Sachlexikon. Kunst & Architektur. Stichwort: Camaieu. E. A. Seemann Verlag, Leipzig 2008, ISBN 978-3-86502-163-2, S. 78.
  17. Lorenz Dittmann: Farbgestaltung und Farbtheorie in der abendländischen Malerei. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1987, ISBN 3-534-02383-8, S. 161.