Franz Ferdinand Ertinger

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Maria vom Siege in Legau-Lehenbühl
Fanfarenengel in Görwangs-St. Alban
Hl. Gordian in Stöttwang
Hl. Johannes Nepomuk in Unterkürnach

Franz Ferdinand Ertinger (* 18. August 1669 in Immenstadt; † 1747 in Kempten) war ein deutscher Barockbildhauer, dessen Lebens- und Schaffenszeit bis ins Rokoko reichte. Sein Handwerk erlernte er in der Werkstatt seines Vaters, des stiftkemptischen Hofbildhauers Hans Ludwig Ertinger. Von diesem übernahm er, wohl schon ab 1718, die florierende Werkstatt.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In seinem berühmten Reisetagebuch schreibt Franz Ferdinand Ertinger:

„Anno 1683 den 21 Marzi bin ich auß der schuel zu der bildhauerey kunst gelangt solche zu Ehrlehrnen. Anno 1690 Den 16 Julius Hab ich Meine Raiß in die frembde angestelt, Unnd habe folgenten Weg Unnd statt besehen.“[1]

Mit nicht ganz 14 Jahren trat Franz Ferdinand seine Bildhauerlehre an. Als er seine Gesellenwanderung antrat, war er fast 21 Jahre alt. Sicher hatte er da seine Lehrzeit, die bei Bildhauersöhnen kaum länger als vier Jahre dauerte, längst hinter sich. Denn es war durchaus üblich, nach Beendigung der Lehre noch eine Weile in der Werkstatt zu bleiben und zu arbeiten. Erst nach einer sieben- oder achtjährigen Abwesenheit kehrte Franz Ferdinand auf Wunsch seiner Eltern in die Heimat zurück.[2]

Das Reisetagebuch des Bildhauergesellen Franz Ferdinand Ertinger

„Rais Beschreibung
Unnd was ich an Ein Unnd
Dem Anderen Ohrt denck
würdiges Gesehen“.

Bei diesem Reisetagebuch, dessen Manuskript in der Bayerischen Staatsbibliothek in München verwahrt wird, handelt es sich um das wohl einmalige Zeugnis einer Gesellenwanderung, die sich über sieben oder gar acht Jahre hinzog und von Kempten durch ganz Bayern und weite Teile Österreichs und Böhmens bis nach Breslau führte.

Betrieb der Kemptener Werkstatt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zwar ist dies so nirgends archivalisch vermerkt, aber Franz Ferdinand hat wohl ab 1697/98 bis 1718 formal als Geselle, tatsächlich aber gewiss als gleichberechtigter Mitarbeiter die Werkstatt gemeinsam mit seinem Vater betrieben. Der Sohn, geprägt von den Eindrücken seiner langen Wanderung, kam mit neuen Kenntnissen und Ideen nach Hause. Er arbeitete insgesamt bewegter, eleganter und fortschrittlicher als sein Vater und brachte neuen Schwung in die Werkstatt. Im Gegensatz zu seinem Vater beherrschte Franz Ferdinand auch die Bearbeitung von Stein. Trotzdem: Auch seinen Arbeiten fehlen Merkmale, die spontan den Meister verraten. In der gemeinsamen Zeit vermischen sich selbstverständlich die Merkmale der ausgeführten Arbeiten. Zuschreibungen an den einen oder anderen sind deshalb in dieser Zeitspanne nicht sinnvoll und meistens auch gar nicht möglich. Nach dem Ausscheiden des Vaters durfte Franz Ferdinand offenbar die Werkstatt selbst übernehmen. Er starb 1747, zu einer Zeit also, in der das Rokoko bereits in voller Blüte stand. Nach seinem Tod wurde die Werkstatt, wie es scheint, nicht weiter betrieben.

Werkverzeichnis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

An den Arbeiten der noch vom Vater geführten Kemptener Werkstatt von etwa 1697/98 bis 1718 („Pensionierung“ von Hans Ludwig Ertinger) war Franz Ferdinand zweifellos auch maßgeblich beteiligt. Eine Aufstellung dieser Arbeiten befindet sich im Beitrag über Hans Ludwig Ertinger.

Spätere Arbeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da archivalische Bestätigungen weitgehend fehlen, besteht hier noch erheblicher Forschungsbedarf. Mit Sicherheit befinden sich jedoch in den Kirchen der folgenden Orte wichtige Arbeiten von Franz Ferdinand Ertinger: Betzigau, Ermengerst, Lehenbühl, Mittelberg, Görwangs-St. Alban[3], Sonthofen und Stöttwang, alle um 1720. Eine Sandsteinfigur des hl. Johannes Nepomuk in Unterkürnach ist wohl um 1730 entstanden.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ertinger/Conrad-Tietze, S. 35.
  2. Franz Ferdinand selbst nennt kein Datum. Seine Zeitangaben sind oft recht ungenau. Deshalb kommt Conrad-Tietze, S. 5, auf eine Dauer der Wanderschaft von sieben Jahren, Schmid aber auf S. 54 von acht Jahren.
  3. Herbert Wittmann hat seine vorsichtige Zuschreibung des Fanfarenengels in St. Alban (von 1998) an Hans Adam Bayrhoff selbst korrigiert: Allgäuer Geschichtsfreund 2022, Seite 120.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Tilmann Breuer: Stadt und Landkreis Kaufbeuren, Bayerische Kunstdenkmale IX, München 1960.
  • Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Bayern III, Schwaben, München 2008.
  • Martin Dömling: Stöttwang die „Kleine Wies“, Kirchenführer Stöttwang 103 3769, Schongau o. J.
  • Dorn, Ludwig: Die Kemptener Bildhauer Johann Ludwig II. und Franz Ferdinand Ertinger und ihre Arbeiten in der Pfarrei Legau, in: Allgäuer Geschichtsfreund Nr. 83/84, S. 301–309.
  • Geiss, Rudolf: Kirchen der Pfarrei Wiggensbach, Schnell, Kunstführer Nr. 1499, München und Zürich 1984.
  • Schmid, Rudolf: „Die Künstlerfamilie Ertinger, Kempten“, in: Allgäuer Geschichtsfreund Nr. 65/66.
  • Horn, Adam und Meyer, Werner: Die Kunstdenkmäler in Schwaben IV, Stadt und Landkreis Lindau (Bodensee), München 1954.
  • Petzet, Michael: Stadt und Landkreis Kempten, Bayerische Kunstdenkmale V, München 1959.
  • Petzet, Michael: Die Kunstdenkmäler von Schwaben VIII, Landkreis Sonthofen, München 1964.
  • Petzet, Michael: Landkreis Marktoberdorf, Bayerische Kunstdenkmale XXIII, München 1966.
  • Wittmann, Herbert: Die Kemptener Bildhauerwerkstatt der Ertinger. Bemerkungen, Korrekturen und Neuentdeckungen, Allgäuer Geschichtsfreund Nr. 122, Kempten 2023, S. 67–143.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Franz Ferdinand Ertinger – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien