Franz Maria Schweitzer

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Familienwappen „von Schweitzer“ (Adler und Bär), Datail vom Epitaph im Frankfurter Dom

Franz Maria Schweitzer, auch Schweitzer-Allesina (* 27. Oktober 1722 in Verona, Republik Venedig; † 16. Dezember 1812 in Frankfurt am Main) war Handelsherr, bayerischer Geheimer Kommerzienrat und kurpfälzischer Bankier italienischer Abstammung in Frankfurt am Main.

Leben

Er wurde geboren als Sohn von Bartholomeo Suaicara und dessen Frau Anna Maria, geb. Frizoni, aus Verona.[1] Als er sich in Frankfurt niederließ, verdeutschte er seinen Familiennamen in Schweitzer; 1751 beantragte der Katholik das Bürgerrecht der Stadt, das er erst 1766 gegen eine hohe Gebühr erhielt. Später wurde er auch Senator (Stadtrat).

Schweitzer war Geschäftsmann und Seidenhändler, außerdem fungierte er als kurpfälzer Bankier in Frankfurt.[2]

Epitaph im Frankfurter Dom

Er zählte zu den reichsten Männern der Stadt. 1751 ließ er sich von Johann Andreas Liebhardt das repräsentative Haus „Stadt Antwerpen“ in zentraler Lage errichten,[3] sowie 1787–1792 vom pfälzischen Hofbaumeister Nicolas de Pigage (1723–1796) das noch prachtvollere Palais Schweitzer auf der Zeil errichten, das später Gasthaus/Hotel „Russischer Hof“ hieß und dann eine der ersten Adressen Frankfurts wurde. Selbst Goethe war von dem Gebäude beeindruckt. Der Musiksaal überstieg in seiner Größe alles für ein Privathaus Übliche. Ein Deckengemälde im Treppenhaus stellte unter anderem den alten Hausherren Franz Maria von Schweitzer in weißem Hausrock und mit Zipfelmütze dar. An den mittig zu sehenden Obelisken heftet ein vom Olymp herabschwebender Merkur die Initialen „FMS». Hier war das Innere mit Fresken des kurtrierer Hofmalers Januarius Zick ausgeschmückt; die Stuckaturen stammten von den Mannheimer Künstlern Carlo Luca Pozzi, seinem Bruder Joseph Anton Pozzi und dessen jungem Sohn Maximilian Joseph Pozzi.[4] 1790 besuchte Wolfgang Amadeus Mozart den Handelsherrn und er schreibt darüber in einem Brief (3. Oktober 1790): „Gestern habe ich bei dem reichsten Kaufmann in ganz Frankfurt gespeist, bei Herrn Schweitzer.“[5] Auch Johann Wolfgang von Goethe und andere Geistesgrößen verkehrten in dem Haus auf der Zeil.[6] Fünfzehn Jahre nach dem Tod Franz Maria Schweitzers verkauften am 15. März 1827 seine zahlreichen Erben das Haus an den Metzgermeister Johannes Stier.[7] Obwohl Bismarck sich mehrfach dafür einsetzte, das Haus fur die preußische Gesandtschaft zu erwerben, wurde es schließlich zum Hotel „Russischer Hof" umgebaut. Das Hotel beherbergte unter anderem den späteren Kaiser Wilhelm I., der einmal im Freskosaal des Palais sein Hauptquartier fur die Besatzungsarmee in Baden 1849 aufgeschlagen hatte. Regelmäßiger Gast war u. a. auch der Prince of Wales, der spätere König Edward VII., der am Springbrunnen des Palais seinen Nachmittagstee einzunehmen pflegte. Er war hier als ein regelmäßiger Besucher der Frankfurter Oper.[8] Ab 1888 wurden das Gebäude und die benachbarten Palais "Rotes Haus" und "Darmstädter Hof", trotz damals großer Proteste, abgerissen. Der Bau des Frankfurter Hauptbahnhofs hatte auch die Verkehrslage dieses Häuser verändert. An dieser Stelle ließ das neue Kaiserreich die nunmehr imposante kaiserliche Hauptpost Frankfurt am Main für sein verstaatlichtes Postwesen errichten.[9] Im Zweiten Weltkrieg durch Fliegerbomben zerstört, danach wieder aufgebaut, wurde der Nachfolgebau durch Auflösung der Deutschen Bundespost und technischem Fortschritt funktionslos und musste in den 2000er Jahren einem Einkaufszentrum weichen.

Franz Maria Schweitzer trug den Titel eines kurpfälzischen bzw. bayerischen Geheimen Kommerzienrates, was einem Geheimrat gleichstand und die Hoffähigkeit bedingte.

Nur ca. zwanzig Jahre konnte er sich an seinem Palais Schweitzer erfreuen. Er starb 90-jährig und wurde im Frankfurter Dom begraben, wo ein Marmorepitaph an ihn erinnert.

Laut Lothar Gall[10] bildete Schweitzer „den Mittelpunkt der italienischen Kolonie und war eine wichtige Stütze des Katholizismus“ in Frankfurt.

Familie

Mittig das Palais Schweitzer, alias Russischer Hof, Frankfurt, Zeil, 1875

Schweitzer war verheiratet mit der Italo-Frankfurterin Paula Allesina (1725–1791), deren Mutter wiederum aus der Familie Brentano stammte.[11] Da die Frankfurter Händler-Familie Allesina keine männlichen Nachkommen hatte, hängten Franz Maria Schweitzer und seine Nachfahren diesen Namen an ihren an und sie erscheinen auch als „Schweitzer-Allesina“ oder „Allesina genannt Schweitzer“.

Wenngleich der erbliche Adelsstand erst am 18. Oktober 1816 durch König Maximilian Joseph I. von Bayern den drei Söhnen Franz Marias verliehen wurde, fand das Adelsprädikat teilweise auch schon beim Vater Verwendung, wie es beispielsweise auf dem Epitaph festgehalten ist.

Der Ehemann von Franz Maria Schweitzers Enkeltochter Franziska Maria Fortunata (1802–1878) war Prinz August Ludwig zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg, nassauischer Generalleutnant und 1849 Ministerpräsident der kurzlebigen Regierung des Reichsverwesers Erzherzog Johann von Österreich.

Literatur

  • Ernst Heinrich Kneschke: Die Wappen der deutschen freiherrlichen und adeligen Familien. 3. Band, Leipzig 1856, S. 402. (online)
  • Lothar Gall: FFM 1200: Traditionen und Perspektiven einer Stadt. Thorbecke Verlag, 1994, ISBN 3-7995-1203-9.

Einzelnachweise

  1. Genealogische Webseite zur Person
  2. Karl Heinrich von Lang: Adelsbuch des Königreichs Baiern. Supplementband. Ansbach 1820, S. 85. (online)
  3. Zum Haus Antwerpen
  4. Friedrich August Schmidt: Neuer Nekrolog der Deutschen. Zwanzigster Jahrgang, 1842, 1. Teil, Weimar 1844, S. 243 und 244. (online)
  5. Zum Brief Mozarts
  6. Johann Wolfgang von Goethe: Sämtliche Werke. Jubiläums-Ausgabe in 40 Bänden, Band 29, S. 18 und 341; Komplettscan des Buches
  7. ISG Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main Kaufvertrag des Palais Schweitzer von 1787
  8. 2009-Erinnerungen an die Familie Carr, bzw. an das Palais Schweitzer, Zeil, Frankfurt am Main
  9. Webseite zum Palais Schweitzer
  10. Lothar Gall: FFM 1200: Traditionen und Perspektiven einer Stadt. Thorbecke Verlag, Ostfildern 1994, ISBN 3-7995-1203-9, S. 151.
  11. Genealogische Webseite zu Paula Allesina