Friedrich Hinze

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Friedrich Hinze

Friedrich Hinze, vollständig Johann Georg Christian Friederich Hinze[1], Pseudonym Heimbertsohn und Hoimbertsohn, russisch Федор Федорович Хинце (* 7. November 1804 in Lübeck; † 1. Septemberjul. / 13. September 1857greg. in St. Petersburg) war ein deutsch-russischer Mediziner und Dichter.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Friedrich Hinze war der Sohn des Schauspielers und Theaterdirektors Heimbert Paul Friedrich Hinze und dessen Ehefrau, der Schauspielerin Wilhelmine Henriette, geb. Klos, verwitwete Schulz.[2] Er besuchte das Katharineum zu Lübeck[3]; schon mit 14 Jahren schrieb er seinen ersten Schauerroman. Da die finanzielle Situation der Familie ein Studium unmöglich machte, nahm man den Vorschlag eines befreundeten Seekapitäns an, den Jungen auf seinem Schiff mit nach Sankt Petersburg zu nehmen, wo er sich unter der Ägide des Schwiegersohnes des Kapitäns dem Kaufmannsstand widmen sollte. So kam Hinze 1820 nach Russland. Sein Prinzipal fand bald, dass er sich mehr für eine wissenschaftliche Karriere, für den Beruf des Kaufmanns aber gar nicht eigne, und ließ Hinze auf seine Kosten Humanmedizin studieren, zuerst von 1823 bis 1826 an der Petersburger Medizinisch-Chirurgischen Akademie, einer Vorgängereinrichtung der heutigen Militärmedizinischen Akademie S. M. Kirow. Nach einem Wechsel an die deutschsprachige Universität Dorpat wurde er hier 1830 zum Dr. med. promoviert.[4]

Obukhovskaya Hospital (2015)

1831 war er Choleraarzt in Ssomina im Gouvernement Nowgorod[5]. Danach war er am Obukhovskaya Hospital in St. Petersburg tätig sowie als Direktor des Žukov-Kinderasyls. Er war Mitglied des Conseils (Rat) der Kinderbewahranstalten in St. Petersburg.

Von 1838 bis 1840 war er Mitherausgeber beim literarischen Magazin für deutsche Leser in Rußland. Mit Friedrich Meyer von Waldeck, der nach Hinzes Tod eine Auswahl seiner Werke herausgab, gründete er 1853 den Petersburger poetischen Verein. Gedichte und Lieder von Hinze finden sich unter anderen im Almanach des Vereins: Schneeflocken. Poetisches Jahrbuch aus Russland.[6]

„Ausgezeichneter Arzt, begabter Dichter, glücklicher Redner, trefflicher Humorist, unvergleichlicher Gesellschafter, war er in der deutschen Welt Sanct-Petersburgs, hier durch die eine, dort durch die andere, meistens aber durch den ganzen Blütenstrauß seiner schönen Gaben zum allgemeinen Liebling geworden und sein frühzeitiger Tod versetzte die ganze Colonie in tiefe Trauer. Hinze's poetische Werke haben die allgemeinste Anerkennung gefunden. Ihre stärkste Seitę liegt in den neckischen, aber vom klarsten und reinsten Dichtergeiste durchhauchten Trinkliedern, die noch heute mit Vorliebe von den dorpater Studenten gesungen werden.“

Friedrich Meyer von Waldeck: Geistiges Leben der Sanct-Petersburger Deutschen (1881)[7]

Trivia[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hinzes posthum veröffentlichte Poetische Schriften waren 1859 das Buchdrucker-Gesellenstück des Großvaters von Gerschom Scholem. Scholem beschreibt sie in seinen Jugenderinnerungen als Werke eines völlig vergessenen Landsmanns von Thomas Mann.[8]

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Titel Staatsrat (1846)

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Diss. sistens inflammationum chronicarum latentium organorum digestionis abdominalium symptomatographiam. Dorpat 1830
  • (posthum, als Friedrich Heimbertsohn Hinze) Poetische Schriften. Hrg. u. biogr. Vorwort von Friedrich Meyer v. Waldeck, 3 Bände, Berlin 1859–1864
    • Band 1, 1859: Gedichte, 2. Auflage St. Petersburg 1892
    • Band 2, 1860: Humoresken und Erzählungen (nebst Anhang: Dramatische Kritiken).
    • Band 3, 1864: Dramatisches

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Nekrolog, in: Medicinische Zeitung Russlands 14 (1857), S. 335f
  • J. v. S. (Jegor von Sivers): Dr. Johann Friedrich Hinze, in: Das Inland 23 (1858), Sp. 206–208
  • Carola L. Gottzmann, Petra Hörner: Lexikon der deutschsprachigen Literatur des Baltikums und St. Petersburgs vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Band 2: H–M. Berlin-New York: Walter de Gruyter 2007, S. 584–585 (doi:10.1515/9783110912135.523, abgerufen über degruyter.org)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. So im Taufeintrag der Jakobikirche vom 25. November 1804, abgerufen über ancestry.com am 11. Januar 2021
  2. Lebensstationen im Wesentlichen nach Lexikon der deutschsprachigen Literatur des Baltikums und St. Petersburgs (Lit.)
  3. Er muss vor dem Abitur abgegangen sein; kein Eintrag in Hermann Genzken: Die Abiturienten des Katharineums zu Lübeck (Gymnasium und Realgymnasium) von Ostern 1807 bis 1907. Borchers, Lübeck 1907 (Digitalisat)
  4. Hinze, Joh. (sic!), in: Arnold Hasselblatt: Album academicum der Kaiserlichen Universität Dorpat. Dorpat 1889, S. 156, Nr. 2203 (Digitalisat)
  5. Heute Somino Сомино, Oblast Leningrad (59°38'00.0"N 33°30'00.0"E)
  6. Leipzig: Dörffling und Franke 1857
  7. Friedrich Meyer von Waldeck: Geistiges Leben der Sanct-Petersburger Deutschen, in: Unsere Zeit S. 219–243, hier S. 234
  8. Gerschom Scholem: Von Berlin nach Jerusalem. Jugenderinnerungen. Erweiterte Fassung, aus dem Hebräischen von Michael Brocke und Andrea Schatz. Jüdischer Vlg., Frankfurt am Main 1994, ISBN 3-633-54086-5, auch in Die Neue Rundschau 87 (1976), S. 543