Gedichte über Stalin

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Mutter von Gori wie groß ist dein Sohn. Deutsche Dichter singen von Stalin, 1952

Gedichte über Stalin wurden in der Sowjetunion, der Deutschen Demokratischen Republik und in weiteren Ländern vor allem in den 1930er bis 1950er Jahren verfasst.

Seit den frühen 1930er Jahren entstanden für den neuen Parteiführer Josef Stalin zahlreiche Lobgedichte und Huldigungen in der Sowjetunion und in weiteren Ländern (Erich Weinert). Nach 1945 breitete sich der Personenkult auch in den mittel- und osteuropäischen Ländern unter sowjetischer Vorherrschaft aus.

In der DDR verfassten zahlreiche Schriftsteller seit 1949 Gedichte, Liedtexte und weitere Lobtexte über ihn. Höhepunkt war der 73. Geburtstag 1952 und sein Tod im März 1953.

Seit der Entstalinisierung 1956 wurden diese Texte nicht mehr veröffentlicht und in Werkausgaben teilweise sogar weggelassen (Louis Fürnberg).[1]

Der proletarische Dichter Erich Weinert veröffentlichte während seines Aufenthaltes in der Sowjetunion mehrere deutschsprachige Sammelbände mit Lobgedichten über Stalin seit 1939. Diese ließ er in der DDR in mehreren Neuauflagen ab 1949 neu herausgeben.[2]

Johannes R. Becher

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Lyriker und spätere DDR-Kulturminister Johannes R. Becher verfasste mehrere Lobgedichte, darunter das bekannteste deutsche Stalin-Gedicht Danksagung.[3]

II
Dort wird er sein, wo sich von ihm die Fluten
Des Rheins erzählen und der Kölner Dom.
Dort wird er sein in allem Schönen, Guten,
Auf jedem Berg, an jedem deutschen Strom.

Dort wirst du, Stalin, stehn, in voller Blüte
Der Apfelbäume an dem Bodensee,
Und durch den Schwarzwald wandert seine Güte,
Und winkt zu sich heran ein scheues Reh.

Nun lebt er schon und wandert fort in allen,
Und seinen Namen trägt der Frühlingswind,
Und in dem Bergsturz ist sein Widerhallen,
Und Stalins Namen buchstabiert das Kind.

Im Wasserfall und in dem Blätterrauschen
Ertönt dein Name, und es zieht dein Schritt
Ganz still dahin. Wir bleiben stehn und lauschen
Und folgen ihm und gehen leise mit.
(...)

Auch in dem bekannten Lied Die Partei hat immer Recht wird der Stalinsche Geist besungen.

Louis Fürnberg

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Dichter Louis Fürnberg verfasste die Gedichte Geburt von Stalin, Der junge Stalin und Der große Schüler, die in seiner Werkausgabe dann aber nicht mit aufgenommen wurden. Das Lied von Stalin dichtete er später zum Lied vom Menschen um.

Der Dichter Kurt Barthel (KuBa), ein Schüler Fürnbergs, verfasste mehrere Lobgedichte.[4]

5. März 1953, 21 Uhr
Gesiegt!
Und alles, alles ist vollbracht.
Er ruht!
Die Millionen sind die Seinen.
Sein Lächeln leuchtet uns die ganze Nacht.
Er hat uns arme Leute reich gemacht.
Wir aber weinen.
Wir wissen freilich,
daß wir unbesiegbar sind.
Wir trinken seine Lehren wie den reinen
kristall‘nen Wein Grusiniens.
Wie den Wind –
Wir wissen freilich, daß wir
unbesiegbar sind.
Wir aber weinen.
Gesiegt!
Der Schwur an Lenins Bahre ward erfüllt.
Vollbracht!
Er gab uns noch ein Buch voll guter Lehren.
Die Fahnen neigen sich, in Flor gehüllt.
Wir schwör’n Genosse Stalin!
Unser Schwur wird treu erfüllt!
In Ehren!

Weitere Schriftsteller

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch weitere Schriftsteller wie Anna Seghers, Arnold Zweig, Lion Feuchtwanger, Heinrich Mann, Stephan Hermlin, Max Zimmering, Hedda Zinner, Erwin Strittmatter, Paul Wiens, Erich Arendt, Alexander Abusch und Franz Fühmann verfassten Texte über Stalin, zum Teil nach dessen Tod.

Von Bertolt Brecht ist ein würdigender Nachruf bekannt.[5]
„Den Unterdrückten von fünf Erdteilen, denen, die sich schon befreit haben, und allen, die für den Weltfrieden kämpfen, muß der Herzschlag gestockt haben, als sie hörten, Stalin ist tot. Er war die Verkörperung ihrer Hoffnungen. Aber die geistigen und materiellen Waffen, die er herstellte, sind da, und da ist die Lehre, neue herzustellen.“

Ansonsten erwähnte er ihn nur noch einmal in einem Gedicht. In seinen persönlichen Aufzeichnungen fanden sich mehrere sehr kritische Texte über dessen Personenkult und Verbrechen nach den Enthüllungen von 1956.[6]

(...)
Die Sonne der Völker
verbrannte ihre Anbeter.
Der größte Gelehrte der Welt
hat das Kommunistische Manifest vergessen.
Der genialste Schüler Lenins
hat ihm aufs Maul gehauen.
(...)

Ossip Mandelstam

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der bedeutende russische Lyriker Osip Mandelstam schrieb im November 1933 ein zorniges Stalin-Epigramm.[7]

Wir Lebenden spüren den Boden nicht mehr,
Wir reden, dass uns auf zehn Schritt keiner hört,
Doch wo wir noch Sprechen vernehmen, –
Betrifft's den Gebirgler im Kreml.
Seine Finger sind dick und, wie Würmer, so fett,
Und Zentnergewichte wiegt's Wort, das er fällt,
Sein Schnauzbart lacht Fühler von Schaben,
Der Stiefelschaft glänzt so erhaben.
Schmalnackige Führerbrut geht bei ihm um,
Mit dienstbaren Halbmenschen spielt er herum,
Die pfeifen, miaun oder jammern.
Er allein schlägt den Takt mit dem Hammer.
Befehle zertrampeln mit Hufeisenschlag:
In den Leib, in die Stirn, in die Augen, – ins Grab.
Wie Himbeeren schmeckt ihm das Töten –
Und breit schwillt die Brust des Osseten.
(übersetzt von Kurt Lhotzky)

Im Mai 1934 wurde er verhaftet, dann in die Verbannung geschickt und starb 1938 in einem sowjetischen Lager im Alter von 47 Jahren.

Publikationen (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Patrik Varga: Religiöse Züge der Stalin-Verehrung in der deutschen Literatur. Bakalářská prace, Univerzita Olomouc 2013
  • Franz Leschnitzer: Stalin in der deutschen Dichtung. Ein Überblick. In: Heute und Morgen. Literarische Monatsschrift. 1952. S. 738–748

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Lyrik zu Ehren Stalins Buchmarkt
  2. Deutsche Nationalbibliothek, Suche Weinert Stalin
  3. Sinn und Form, 5/1953, S. 10–12; zitiert in Danksagung German History
  4. Der fröhliche Marxist, Nr. 9, vom 5. März 2013 PDF, mit mehreren Stalingedichten
  5. Sinn und Form, 2/1953, S. 10; zituert in Klaus-Detlef Müller, Brecht und Stalin, in Jürgen Wertheimer (Hrsg.): Von Poesie und Politik, Tübingen 2014, S. 106–122, hier S. 106 (PDF)
  6. Klaus-Detlef Müller, 2014, S. 117; Brecht neigte sein ganzes Leben lang zu Verharmlosungen der Politik Stalins, aus sozialistischem Zweckdenken
  7. Uli Hufen, Gestorben für 16 Zeilen Kritik, in Deutschlandfunk vom 3. September 2009
  8. Günter Kunert, Ein Armer flüstert "Stalin" noch im Sterben, in Die Welt vom 5. März 2003 Text; mit kurzen Textzitaten
  9. Das große Friedenswerk vollenden Buchmarkt; Exemplare im Deutschen Literaturarchiv Marbach und in der Akademie der Künste zu Berlin einsehbar, vgl. WorldCat
  10. DNB 980499984, mit Inhaltsverzeichnis