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Hedda Zinner

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Hedda Zinner, 1948

Hedwig „Hedda“ Zinner (* 20. Mai 1904 in Lemberg, Österreich-Ungarn;[1]1. Juli 1994 in Berlin[2]) war eine deutsche Schriftstellerin, Schauspielerin, Kabarettistin, Rezitatorin, Journalistin, Regisseurin und Rundfunkleiterin.

Hedda Zinner (Mitte), 1966

Hedda Zinner, die unter ihrem Geburtsnamen und verschiedenen Pseudonymen (Elisabeth Frank, Hannchen Lobesam, Hedda) publizierte, wurde in Lemberg als Tochter des Beamten Alfred Zinner und der Laura Amboss geboren, sie hatte eine Schwester. Sie besuchte von 1923 bis 1925 die Schauspielakademie in Wien. Engagements führten sie nach Stuttgart, Baden-Baden, Breslau und Zwickau. Sie heiratete 1927 den Schriftsteller und Journalisten Fritz Erpenbeck. Ab 1929 lebte sie in Berlin. In demselben Jahr trat sie der Kommunistischen Partei Deutschlands bei[3], arbeitete als Schriftstellerin und Rezitatorin. Bei politischen Kundgebungen trug sie eigene Gedichte vor.

Ab 1930 publizierte sie politisch-satirische und gesellschaftskritische Gedichte unter anderem in der Roten Fahne, der Arbeiterstimme, in der AIZ, im Weg der Frau, dem Magazin für Alle und der Welt am Abend. 1933 emigrierte sie zunächst nach Wien und dann nach Prag, wo sie das politische Kabarett „Studio 1934“ gründete und leitete; ab 1935 lebte sie mit ihrem Mann in Moskau in der Sowjetunion, später in Ufa.[4] Sie arbeitete als Hörspielautorin und Kommentatorin für Radio Moskau[5] und für verschiedene Literaturzeitschriften. Außerdem war sie als Redakteurin und Sprecherin für die deutschsprachigen Tarnsender Deutscher Volkssender und Sender der SA-Fronde tätig, die von der Sowjetunion betrieben wurden.[6]

Grabstätte von Fritz Erpenbeck und Hedda Zinner

1945 kehrte sie nach Berlin zurück, wo sie während der Teilung der Stadt im östlichen Teil in Berlin-Pankow lebte. Sie wurde Spielleiterin im Hause des Rundfunks (seit 1946). 1965 brach Maxim Vallentin, Intendant der Volksbühne Berlin, die Inszenierung Ein Amerikaner in Paris ab, worauf sich die bis dahin überaus erfolgreiche Bühnenautorin rigoros vom Theater abwandte und fortan nur noch Prosa veröffentlichte: zunächst 1968 bis 1973 ihre Romantrilogie Ahnen und Erben sowie im Anschluss weitere Romane, Erzählbände und autobiografische Texte. Sie war Mitglied des Schriftstellerverband der DDR, erhielt hohe staatliche Auszeichnungen (u. a. Nationalpreis der DDR) und war eine loyale Vertreterin der SED-Kulturpolitik, ohne freilich zu deren engsten Machtzirkeln zu gehören. Zinner erklärte später: „Ich bin Kommunistin, jawohl, und das bleibe ich auch.“[7]

Zinner wirkte bis zu ihrem Tode 1994 als Schriftstellerin. Ihr Mann verstarb bereits 1975. Sie ist auf dem Friedhof der Dorotheenstädtischen und Friedrichswerderschen Gemeinden in Berlin-Mitte bestattet.

Ihr Sohn ist der Physiker, Philosoph und Schriftsteller John Erpenbeck, dessen Tochter Jenny Erpenbeck gleichfalls als Schriftstellerin tätig ist.

Ihre Bibliothek befindet sich in der Akademie der Künste Berlin.[8]

Darstellung Hedda Zinners in der bildenden Kunst der DDR

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Zinners frühe Arbeiten waren satirisch-agitatorische Texte, die das Alltagsleben wie auch politische Tagesthemen aufgriffen. Im Zusammenhang mit den Arbeiten für das „Studio 1934“ wandte sie sich dem Drama zu; dabei behielt sie die politische Aktualität. Ihr Stück General Landt war eine Reaktion auf Carl Zuckmayers Drama Des Teufels General, welches sie als verharmlosend empfand. Auf jeden Fall verdächtig thematisierte die Protestbewegung westdeutscher Wissenschaftler gegen den Atomkrieg. Weiterhin griff sie historische Themen auf (darunter die Befreiungskriege gegen Napoleon, die Frauenbewegung und den antifaschistischen Widerstand). Ihre Romantrilogie Ahnen und Erben trägt autobiographische Züge.[10]

  • Unter den Dächern. Gedichte. Moskau 1936.
  • Das ist geschehen. Gedichte. Moskau 1939.
  • Volkslieder und Volksdichtungen. Nachdichtungen. Kiew 1939.
  • Caféhaus Payer. Schauspiel, uraufgeführt 1945. Entstanden 1940/41. Übersetzt tschechisch und ungarisch.
  • Fern und nah. Gedichte. 1947.
  • Humanistisches Sonett. 1947.
  • Alltag eines nicht alltäglichen Landes. Berichte, Erzählungen und Gedichte. 1950.
  • Spiel ins Leben. Schauspiel. 1951. Übersetzt polnisch und slowenisch.
  • Der Mann mit dem Vogel. Komödie. 1952.
  • Glückliche Frauen und Kinder. Erzählungen, Berichte, Gedichte. 1953.
  • Der Teufelskreis. Drama. 1953. Übersetzt französisch, tschechisch, japanisch, chinesisch.
  • Wir fahren nach Moskau. Kinderbuch. 1953.
  • Nur eine Frau. Roman über Louise Otto-Peters. 1954. In BRD erschienen 1984.
  • Erste Anfänge. / Nie werde ich vergessen. Geschichten. In: Hammer und Feder, 1955.
  • Lützower. Schauspiel. 1955.
  • General Landt. Schauspiel, uraufgeführt 1957. Entstanden 1950/51.
  • Das Urteil. Politische Revue. In: ndl, 1958/59.
  • Was wäre, wenn …? Komödie. 1959.
  • Auf jeden Fall verdächtig. Schauspiel. 1959.
  • Plautus im Nonnenkloster. Nacherzählung als Libretto. 1959.
  • Fischer in Niezow. Libretto. 1959.
  • Leistungskontrolle. Jugendstück. 1960.
  • Ravensbrücker Ballade. Tragödie. 1961.
  • Ein Amerikaner in Berlin. Posse. 1963.
  • Wenn die Liebe stirbt. Vier Novellen. 1965.
  • Elisabeth Trowe. Filmerzählung. 1969.
  • Ahnen und Erben. Romantrilogie.
    • Regina. 1968.
    • Die Schwestern. 1970.
    • Fini. 1973.
  • Wir sprechen aus, was ist. Studio 1934. In: Erlebte Geschichte, Band 2, 1972, hrsg. von Günter Albrecht.
  • Auf dem roten Teppich. Erfahrungen, Gedanken, Impressionen. 1978.
  • Katja. Roman. 1980. (BRD 1981)
  • Die Lösung. Roman. 1981.
  • Arrangement mit dem Tod. Roman. 1984. (BRD 1985)
  • Die große Ungeduld. Erzählung. 1988.
  • Selbstbefragung. Erinnerungen. 1989, ISBN 3-371-00195-4.

Rezeption von Hedda Zinners Werken

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  • Zinner, Hedda. In: Lexikon sozialistischer deutscher Literatur. Bibliographisches Institut, Leipzig 1964, S. 563–565.
  • Zinner, Hedda. In: Kurt Böttcher (Gesamtredaktion): Lexikon deutschsprachiger Schriftsteller von den Anfängen bis zur Gegenwart. VEB Bibliographisches Institut Leipzig, 1975; Band 2, S. 498/499.
  • Simone Barck: Hedda Zinner. In: Literatur der Deutschen Demokratischen Republik. Band 3. Volk und Wissen, Berlin 1987, ISBN 3061025413, S. 530–547 und S. 639–643.
  • Uta Klaedtke, Martina Ölke: Erinnern und erfinden. DDR-Autorinnen und „jüdische Identität“ (Hedda Zinner, Monika Maron, Barbara Honigmann). In: Ariane Huml (Hrsg.): Jüdische Intellektuelle im 20. Jahrhundert. Königshausen & Neumann, Würzburg 2003, ISBN 3-8260-2310-2, S. 249–274.
  • Bernd-Rainer Barth, Peter ErlerZinner, Hedda. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 2. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
  • Jana Rahders: Kann man sein Leben lang die Wahrheit verleugnen? Das sozialistische Weltbild der DDR-Autorin Hedda Zinner. In: Siegfried Lokatis (Hrsg.): Vom Autor zur Zensurakte. Abenteuer im Leseland DDR. Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 2014, ISBN 395462110X, S. 73–80.
  • Zinner, Hedda. In: Renate Wall: Verbrannt, verboten, vergessen. Kleines Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen 1933 bis 1945. Pahl-Rugenstein, Köln 1989, ISBN 3760912419, S. 215 f.
  • Zinner, Hedda. In: Werner Röder; Herbert A. Strauss (Hrsg.): International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933–1945. Band II, 2. Saur, München 1983, ISBN 3-598-10087-6, S. 1280 f.
Commons: Hedda Zinner – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise und Anmerkungen

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  1. Heiratsregister Berlin XIIa, Nr. 312. Abweichend werden auch die Geburtsjahre 1905 und 1907 und der Geburtsort Wien genannt.
  2. Zinner Hedda, Ps. Hedda, Elisabeth Frank, Hannchen Lobesam, verh. Hedda Erpenbeck-Zinner, ursprüngl. Hedwig Zinner. In: Ilse Korotin (Hrsg.): BiographiA : Lexikon österreichischer Frauen. Band 3. Böhlau, Wien 2016, ISBN 978-3-205-79590-2, S. 3646–3647 (E-Book).
  3. DEFA Film Library, University of Massachusetts Amherst: "In 1929, Zinner joined the Communist Party of Germany." [1]
  4. John Erpenbeck: Dreifach geboren. Eine Reise in die Vergangenheit der Zukunft. In: Freie Welt, Jg. 1985, Heft 26, S. 4–9.
  5. Valentina Choschewa: „STIMME RUSSLANDS feiert 85. Jubiläum“. In: „Stimme Russlands, 28. Oktober 2014“. Abgerufen am 29. Oktober 2014.
  6. „Dieses Blatt für mich aufbewahren!“: Hedda-Zinner-Archiv vollständig erschlossen. Abgerufen am 1. September 2024.
  7. Sonia Combe: „Hier können die Faschisten nichts unternehmen“. In: bpb.de/themen/deutschlandarchiv. Bundeszentrale für politische Bildung, 1. April 2021, abgerufen am 5. Oktober 2025.
  8. Dagmar Jank: Bibliotheken von Frauen: ein Lexikon. Harrassowitz, Wiesbaden 2019 (Beiträge zum Buch- und Bibliothekswesen; 64), ISBN 978-3-447-11200-0, S. 240.
  9. Renate Niethammer. Porträt Hedda Zinner. 1985 - Kunst in der DDR / Werke. Abgerufen am 25. Dezember 2022.
  10. Gisela Brinker-Gabler, Karola Ludwig, Angela Wöffen: Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen 1800–1945. dtv München, 1986. ISBN 3-423-03282-0. S. 336 ff.
  11. ARD-Hörspieldatenbank
  12. Belegexemplar DNB 350467536 bei der Deutschen Nationalbibliothek
  13. Bundesstiftung Aufarbeitung
  14. Website operone.de
  15. Donemus Publishing
  16. Donemus Publishing
  17. Website 'Deutsches Lied'