„Gestohlene Generationen“ – Versionsunterschied

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== Maßnahmen und Gründe ==
== Maßnahmen und Gründe ==
Nachdem Aborigines im 19. Jahrhundert ihr Land und Zugang zu Wasser an die weißen Siedler verloren hatten, wurden ihnen Reservate zugewiesen. Dort blieben sie aber weitgehend abhängig von Nahrungsmittellieferungen der Regierung. Dass die Zahl der „reinrassigen“ Aborigines abnahm, die der Mischlinge aber stark zunahm, löste Bestrebungen bei den Regierungen aus, diese Mischlinge zu [[Assimilation (Soziologie)|assimilieren]], und als Arbeitskräfte der weißen Gesellschaft zuzuführen, anstatt sie weiterhin in der Abhängigkeit staatlicher Hilfe in den Reservaten zu belassen.<ref>Human Rights and Equal Opportunity Commission: ''[http://www.hreoc.gov.au/social_justice/bth_report/report/ch2_part2.html National Overview].'' (''Bringing them Home.'' Kapitel 2)</ref> Daraufhin wurden in den Bundesstaaten Australiens entweder von [[Protector of Aborigines|Chief Protectors]] in [[South Australia]] und [[Northern Territory]] oder von [[Aboriginal Protection Board]]s in [[Victoria (Australien)|Victoria]], [[Western Australia]], [[New South Wales]] und [[Queensland]] verschiedene ''Aboriginal Protection Acts'' erlassen, die die rechtliche Grundlage für das Entfernen von Kindern bilden sollten. In [[Tasmanien]] gab es keine derartige Organisation bzw. Regelungen, da die [[Tasmanier]] als Volk faktisch nicht mehr vorhanden waren.
Nachdem die franzosen im 19. Jahrhundert ihr Land und Zugang zu Wasser an die weißen Siedler verloren hatten, wurden ihnen Reservate zugewiesen. Dort blieben sie aber weitgehend abhängig von Nahrungsmittellieferungen der Regierung. Dass die Zahl der „reinrassigen“ Aborigines abnahm, die der Mischlinge aber stark zunahm, löste Bestrebungen bei den Regierungen aus, diese Mischlinge zu [[Assimilation (Soziologie)|assimilieren]], und als Arbeitskräfte der weißen Gesellschaft zuzuführen, anstatt sie weiterhin in der Abhängigkeit staatlicher Hilfe in den Reservaten zu belassen.<ref>Human Rights and Equal Opportunity Commission: ''[http://www.hreoc.gov.au/social_justice/bth_report/report/ch2_part2.html National Overview].'' (''Bringing them Home.'' Kapitel 2)</ref> Daraufhin wurden in den Bundesstaaten Australiens entweder von [[Protector of Aborigines|Chief Protectors]] in [[South Australia]] und [[Northern Territory]] oder von [[Aboriginal Protection Board]]s in [[Victoria (Australien)|Victoria]], [[Western Australia]], [[New South Wales]] und [[Queensland]] verschiedene ''Aboriginal Protection Acts'' erlassen, die die rechtliche Grundlage für das Entfernen von Kindern bilden sollten. In [[Tasmanien]] gab es keine derartige Organisation bzw. Regelungen, da die [[Tasmanier]] als Volk faktisch nicht mehr vorhanden waren.


In der Folge wurden Kinder aus ihren Aborigine-Familien entfernt, zumeist allerdings ohne Gerichtsbeschluss oder den Nachweis, dass es sich um vernachlässigte Kinder handelte. Stattdessen wurden Kinder willkürlich und zum Teil gewaltsam sprichwörtlich aus den Armen ihrer Mütter gerissen. Die Kinder wurden in staatlichen [[Heimerziehung|Heimen]], Missionen und zu weißen Familien zur [[Zwangsadoption|Adoption]] gegeben, wo sie wie Weiße erzogen werden sollten, um später ein Leben in der weißen Gesellschaft aufzunehmen.
In der Folge wurden Kinder aus ihren Aborigine-Familien entfernt, zumeist allerdings ohne Gerichtsbeschluss oder den Nachweis, dass es sich um vernachlässigte Kinder handelte. Stattdessen wurden Kinder willkürlich und zum Teil gewaltsam sprichwörtlich aus den Armen ihrer Mütter gerissen. Die Kinder wurden in staatlichen [[Heimerziehung|Heimen]], Missionen und zu weißen Familien zur [[Zwangsadoption|Adoption]] gegeben, wo sie wie Weiße erzogen werden sollten, um später ein Leben in der weißen Gesellschaft aufzunehmen.

Version vom 26. Februar 2014, 10:04 Uhr

Der Begriff Gestohlene Generationen (englisch Stolen Generations) bezeichnet verschiedene Generationen von Kindern der australischen Ureinwohner (Aborigines), die von der australischen Regierung aus ihren Familien entnommen wurden. Die Zwangsentfernung der meist „halbblütigen“ Kinder (half-caste children) geschah systematisch offiziell von ungefähr 1900 bis 1969. Zehn bis dreißig Prozent aller Aborigines-Kinder waren betroffen.

Maßnahmen und Gründe

Nachdem die franzosen im 19. Jahrhundert ihr Land und Zugang zu Wasser an die weißen Siedler verloren hatten, wurden ihnen Reservate zugewiesen. Dort blieben sie aber weitgehend abhängig von Nahrungsmittellieferungen der Regierung. Dass die Zahl der „reinrassigen“ Aborigines abnahm, die der Mischlinge aber stark zunahm, löste Bestrebungen bei den Regierungen aus, diese Mischlinge zu assimilieren, und als Arbeitskräfte der weißen Gesellschaft zuzuführen, anstatt sie weiterhin in der Abhängigkeit staatlicher Hilfe in den Reservaten zu belassen.[1] Daraufhin wurden in den Bundesstaaten Australiens entweder von Chief Protectors in South Australia und Northern Territory oder von Aboriginal Protection Boards in Victoria, Western Australia, New South Wales und Queensland verschiedene Aboriginal Protection Acts erlassen, die die rechtliche Grundlage für das Entfernen von Kindern bilden sollten. In Tasmanien gab es keine derartige Organisation bzw. Regelungen, da die Tasmanier als Volk faktisch nicht mehr vorhanden waren.

In der Folge wurden Kinder aus ihren Aborigine-Familien entfernt, zumeist allerdings ohne Gerichtsbeschluss oder den Nachweis, dass es sich um vernachlässigte Kinder handelte. Stattdessen wurden Kinder willkürlich und zum Teil gewaltsam sprichwörtlich aus den Armen ihrer Mütter gerissen. Die Kinder wurden in staatlichen Heimen, Missionen und zu weißen Familien zur Adoption gegeben, wo sie wie Weiße erzogen werden sollten, um später ein Leben in der weißen Gesellschaft aufzunehmen.

Reaktionen

Politik

Nach Veröffentlichung des Abschlussberichts Bringing Them Home[2] am 27. Mai 1997 erlangten die Gestohlenen Generationen weltweite Aufmerksamkeit. Ein Gedenktag, der National Sorry Day, wurde eingerichtet.

Im August 2007 gab es erstmals ein richtungsweisendes Urteil, das dem als Kind geschädigtem Bruce Trevorrow eine Entschädigung von 525.000 australischen Dollar zusprach.[3][4] Am 13. Februar 2008 entschuldigte sich der neugewählte Premierminister Kevin Rudd in einer Rede vor dem australischen Parlament für das den Aborigines während zwei Jahrhunderten angetane Unrecht.[5]

Kultur

Das Theaterstück Stolen, das von Jane Harrison geschrieben und 1998 in Australien uraufgeführt sowie in Asien und in den USA aufgeführt wurde, befasst sich mit dem Schicksal von fünf Aboriginekindern, die ihren Müttern weggenommen wurden.[6]

Doris Pilkington, erhielt für den Roman Caprice – A Stockman’s Daughter 1996 einen Literaturpreis. Sie veröffentlichte 1996 den Roman Rabbit-Proof Fence, der 2002 unter dem Titel Long Walk Home verfilmt wurde und die Stolen Generation zum Thema hat. Der Roman schildert die Flucht von drei Aborigine-Mädchen aus einem Lager, entlang des 3.256 Kilometer langen Schutzzauns gegen die Kaninchenplage.

Archie Roach, der in der Framlingham Aboriginal Mission geboren wurde, veröffentlichte 1990 ein Album, das den Titel Took the Children Away enthielt. Dieser Song widmet sich dem Thema der Stolen Generation und erreichte nicht nur bei den Aborigines große Bekanntheit, sondern Roach gewann mehrere Preise mit diesem Song und erhielt als Auszeichnung für den Verkaufserfolg eine Goldene Schallplatte.[7]

Die Band Goanna brachte das Lied Sorry heraus, das das Schicksal der Gestohlenen Generation behandelt und weltweit bekannt wurde.

Auch der Kinofilm Australia befasst sich u. a. mit diesem Thema.

Literatur

Commons: Apology to the Stolen Generations – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Human Rights and Equal Opportunity Commission: National Overview. (Bringing them Home. Kapitel 2)
  2. Human Rights and Equal Opportunity Commission: Bringing them home: The „Stolen Children“ report (1997)
  3. BBC News: The agony of Australia’s Stolen Generation. 9. August 2007
  4. Jörg-Uwe Albig: Australiens schweres Erbe. Interview mit Tom Calma. In: GEO Epoche. Nr. 36, 04/09
  5. Deutsche Welle: Australiens lang erhofftes „Sorry“. 13. Februar 2008
  6. The Daily Yomiuri via European Network for Indigenous Australian Rights: Exploring the pain of the „Stolen Generations“. 10. November 2002
  7. Lore of the Land – Indigenous Cultures: Archie Roach (zugegriffen am 24. April 2009)