Grünkern

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Dinkelpflanzen, aus deren Körnern Grünkern hergestellt wird
Grünkern, entspelzt
Grünkerndarrhaus, Sindolsheim, „Bauland“, Baden-Württemberg
Grünkerndarrpfanne
Schürloch für das Feuer unter einer Grünkerndarrpfanne

Grünkern (auch „Badischer Reis“ genannt) ist das halbreif geerntete und unmittelbar darauf künstlich getrocknete Korn des Dinkels. Ursprünglich wurde der Dinkel als Reaktion auf Schlechtwetterperioden, welche die Ernte vernichteten, vor der Reife (in der sogenannten „Teigreife“ mit ca. 50 % Kornfeuchte) geerntet. Da die getrockneten Kerne, mit Wasser gekocht, wohlschmeckend waren, entwickelte sich die Tradition, einen Teil des Dinkels als grünes Korn zu ernten.

Als Wintergetreide wird der für Grünkern bestimmte Dinkel schon Ende Juli eingebracht und anschließend gedarrt – traditionell über einem Buchenholzfeuer oder modern in Heißluftanlagen. Dadurch wird der Grünkern haltbar (nur noch ca. 13 % Kornfeuchte) und erhält sein typisches Aroma. Vor seiner Weiterverarbeitung muss der Grünkern noch in einer Schälmaschine oder einem Gerbgang von seinen Spelzen befreit werden („Gerben“ des Getreides). Ein Teil der Spelzen wird als Füllung für kleine Kissen verwendet, denen man eine den gesunden Schlaf fördernde Wirkung nachsagt. Der Rest wird als Viehfutter verwendet.

Die Haupterntezeit Ende Juli fand auch Eingang in mundartliche Bauernregeln, zum Beispiel „Christine, Jagowi, Sankt Anne is Ern! / Schneid't mer kee Korn, / so schneid’t mer doch Keern.“ (Christophorus, Jakobus, Sankt Anna ist Ernte! / Schneiden wir kein Korn, / so schneiden wir doch Grünkern.)

Geschichte

Grünkern ist nach verschiedenen Berichten vor mehreren hundert Jahren in Süddeutschland erstmals hergestellt worden. Die erste urkundliche Erwähnung des Grünkerns stammt aus dem Jahre 1660, und zwar aus einer Kellereirechnung des Klosters Amorbach. Er wurde schon damals als Suppeneinlage verwendet. Anfänglich wurde zum Trocknen noch die Restwärme der Backhäuser genutzt. Seine breite Nutzung ging bis in die 1930er Jahre, wo er im auf Autarkie bedachten „Dritten Reich“ als „deutsche Suppenfrucht“ und als Ersatz für Getreideeinfuhren aus dem Ausland galt. Mit der verbesserten Nahrungsmittelversorgung auch in ländlichen Gebieten seit den Jahren des Wirtschaftswunders ging seine Verbreitung zurück, die Tradition der Herstellung blieb aber erhalten bzw. wurde wiederbelebt. Aber auch Nahrungsmittelhersteller wie beispielsweise die Firma Knorr in Heilbronn (heute Unilever Deutschland GmbH) verarbeiten Grünkern. Grünkern in fein vermahlener oder geschroteter Form ist noch heute ein wichtiger Bestandteil von Fertigsuppen.

Anbauregionen

Als „Heimat des Grünkerns“ bezeichnet man einen Landstrich in Nordbaden: das Bauland. Hier verfügen heute noch viele Dörfer über Grünkerndarren, die wegen der starken Rauchentwicklung außerhalb der örtlichen Wohnbebauung errichtet wurden.

Darre

Durch das Darren bei 120–150 °C auf der Darrpfanne einer speziellen Grünkerndarre erhält der Grünkern durch die Hitzeentwicklung und den Buchenholzrauch seinen spezifischen Geschmack. Hohe Qualität zeigt sich nach dem Darren in einer olivgrünen Farbe des Grünkerns. Ist er hingegen schon bräunlich geworden, also geröstet, gilt er als minderwertig. Das Klebereiweiß des Grünkerns wird durch das Darren verändert. Das daraus hergestellte Mehl ist nicht mehr backfähig. Grünkern wird ganz oder geschrotet in Suppen und als Bratlinge verwendet.

Weblinks