„Grândola, Vila Morena“ – Versionsunterschied

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In der Nacht vom 24. auf den 25. April 1974 sendete der katholische Rundfunksender [[Rádio Renascença]] das Lied, die Zeitung ''República'' hatte schon am Vorabend für Eingeweihte den kleinen Hinweis gebracht, das Musikprogramm der Nacht sei besonders lohnend. Um 0:25 Uhr wurde die erste Strophe verlesen:
In der Nacht vom 24. auf den 25. April 1974 sendete der katholische Rundfunksender [[Rádio Renascença]] das Lied, die Zeitung ''República'' hatte schon am Vorabend für Eingeweihte den kleinen Hinweis gebracht, das Musikprogramm der Nacht sei besonders lohnend. Um 0:25 Uhr wurde die erste Strophe verlesen:


{{Zitat|Grândola, braungebrannte Stadt, Heimat der Brüderlichkeit. Das Volk ist es, das am meisten bestimmt in Dir, o Stadt.|Zeca Afonso}}
| Grândola braune Stadt,Land der Brüderlichkeit,Das Volk regiert,In Dir, oh Stadt. | José Afonso


Anschließend wurde das Lied zweimal in voller Länge abgespielt, gesungen von José Afonso. Dabei war schon die Nennung des Namens José Afonso in der Presse verboten. Für die eingeweihten Soldaten und Zivilisten des [[Movimento das Forças Armadas]] (MFA) war es das vereinbarte Zeichen für den Beginn des Aufstands gegen die [[Estado_Novo_(Portugal)|salazaristische Diktatur]]. Auch wenn es nicht jedem Radiohörer sofort klar war, auf was genau dieses Signal abzielte, war dessen Aufrufcharakter deutlich erkennbar. Als die Truppen des MFA, die gegen 5.30 Uhr durch die [[Avenida da Liberdade]] ihre ersten Ziele in der [[Lissabon|Hauptstadt]] ansteuerten, einige der strategisch wichtigsten Ministerien, darunter das Heeresministerium, säumten schon Tausende von Lissabonern, allen Ratschlägen der Operationszentrale des MFA zum Trotz, die Straßen. Sie liefen neben den Armeefahrzeugen her, jubelten den Befreiern zu, viele sprangen sogar auf. Die junge Truppe empfand die überschäumende Begeisterung der Bevölkerung nicht als störend, sondern als Bestätigung und Anfeuerung. Der Zug der Kolonne aus [[Santarém (Portugal)|Santarém]] vom Terreiro do Paço und die steilen Straßen hinauf zum [[Convento do Carmo|Carmo]], am Rand des [[Bairro Alto]], glichen einem [[Triumphzug]]. Die ersten [[rot]]en [[Landnelke|Nelke]]n tauchten auf - im April haben sie [[Saison]] -, mit ihnen wurden die [[Uniform]]en der [[Soldat]]en und ihre [[Lauf (Schusswaffe)|Gewehrläufe]] geschmückt. Nach den Blumen erhielt die Revolution den Namen "Nelkenrevolution". Knapp 18 Stunden nach der Ausstrahlung des Liedes war Europas älteste Diktatur gestürzt. Damit gingen 48 Jahre der Verfolgung und Verbannung, der Unterdrückung und Ausbeutung, der Zensur und der Folter zu Ende.
Anschließend wurde das Lied zweimal in voller Länge abgespielt, gesungen von José Afonso. Dabei war schon die Nennung des Namens José Afonso in der Presse verboten. Für die eingeweihten Soldaten und Zivilisten des [[Movimento das Forças Armadas]] (MFA) war es das vereinbarte Zeichen für den Beginn des Aufstands gegen die [[Estado_Novo_(Portugal)|salazaristische Diktatur]]. Auch wenn es nicht jedem Radiohörer sofort klar war, auf was genau dieses Signal abzielte, war dessen Aufrufcharakter deutlich erkennbar. Als die Truppen des MFA, die gegen 5.30 Uhr durch die [[Avenida da Liberdade]] ihre ersten Ziele in der [[Lissabon|Hauptstadt]] ansteuerten, einige der strategisch wichtigsten Ministerien, darunter das Heeresministerium, säumten schon Tausende von Lissabonern, allen Ratschlägen der Operationszentrale des MFA zum Trotz, die Straßen. Sie liefen neben den Armeefahrzeugen her, jubelten den Befreiern zu, viele sprangen sogar auf. Die junge Truppe empfand die überschäumende Begeisterung der Bevölkerung nicht als störend, sondern als Bestätigung und Anfeuerung. Der Zug der Kolonne aus [[Santarém (Portugal)|Santarém]] vom Terreiro do Paço und die steilen Straßen hinauf zum [[Convento do Carmo|Carmo]], am Rand des [[Bairro Alto]], glichen einem [[Triumphzug]]. Die ersten [[rot]]en [[Landnelke|Nelke]]n tauchten auf - im April haben sie [[Saison]] -, mit ihnen wurden die [[Uniform]]en der [[Soldat]]en und ihre [[Lauf (Schusswaffe)|Gewehrläufe]] geschmückt. Nach den Blumen erhielt die Revolution den Namen "Nelkenrevolution". Knapp 18 Stunden nach der Ausstrahlung des Liedes war Europas älteste Diktatur gestürzt. Damit gingen 48 Jahre der Verfolgung und Verbannung, der Unterdrückung und Ausbeutung, der Zensur und der Folter zu Ende.

Version vom 29. November 2011, 21:18 Uhr


Das Monument aus Azulejos mit den Musiknoten des Liedes Grândola, Vila Morena, zum 25. Jahrestag des 25. April, des Tages der Nelkenrevolution.

Grândola, Vila Morena (deutsch Grândola, braungebrannte Stadt) ist das berühmte portugiesisches Kampflied, das der antifaschistische Liedermacher José Afonso getextet und komponiert hat. Es wurde zur Hymne der Nelkenrevolution von 1974.

José Afonso schrieb das Lied bereits 1964 für den Arbeiterverein Sociedade Musical Fraternidade Operária Grandolense, den "Musikverein Arbeiter-Brüderlichkeit" in Grândola. Es ist im Stil der Chorgesänge des südportugiesischen Alentejo komponiert, die Melodie ist auch für andere traditionelle Texte im Alentejo im Gebrauch. Diese Chorgesänge mit Vorsänger und Mehrstimmigkeit haben eine Tradition, die bis ins späte Mittelalter zurück reicht (Cantus gemellus). Seit der Römerzeit lebten in der Region Alentejo viele Landarbeiter, die solche Lieder auch bei der Arbeit in den Latifundien der Großgrundbesitzer sangen. Der Text bezieht sich auf die Solidarität der Landarbeiter und – in Anspielung an die Prinzipien der Französischen Revolution – ihre Werte Gleichheit (igualdade) und Brüderlichkeit (fraternidade), ohne im Hinblick auf eine revolutionäre Intention konkreter zu werden. Und doch reichten die Andeutungen für das damalige Regime: Grândola wird als sonnige Stadt besungen, in der man an jeder Ecke auf einen Freund und in jedem Gesicht auf Gleichheit trifft. Afonso verwendet das Bild der Steineiche, „die ihr Alter nicht mehr weiß“, in deren Schatten der „Schwur von Grândola“ geleistet wird. Das Lied wurde verboten.

Typische Architektur der Dörfer im Alentejo.
Typische Landschaft im Alentejo, Steineiche im Kornfeld.

In der Nacht vom 24. auf den 25. April 1974 sendete der katholische Rundfunksender Rádio Renascença das Lied, die Zeitung República hatte schon am Vorabend für Eingeweihte den kleinen Hinweis gebracht, das Musikprogramm der Nacht sei besonders lohnend. Um 0:25 Uhr wurde die erste Strophe verlesen:

| Grândola braune Stadt,Land der Brüderlichkeit,Das Volk regiert,In Dir, oh Stadt. | José Afonso

Anschließend wurde das Lied zweimal in voller Länge abgespielt, gesungen von José Afonso. Dabei war schon die Nennung des Namens José Afonso in der Presse verboten. Für die eingeweihten Soldaten und Zivilisten des Movimento das Forças Armadas (MFA) war es das vereinbarte Zeichen für den Beginn des Aufstands gegen die salazaristische Diktatur. Auch wenn es nicht jedem Radiohörer sofort klar war, auf was genau dieses Signal abzielte, war dessen Aufrufcharakter deutlich erkennbar. Als die Truppen des MFA, die gegen 5.30 Uhr durch die Avenida da Liberdade ihre ersten Ziele in der Hauptstadt ansteuerten, einige der strategisch wichtigsten Ministerien, darunter das Heeresministerium, säumten schon Tausende von Lissabonern, allen Ratschlägen der Operationszentrale des MFA zum Trotz, die Straßen. Sie liefen neben den Armeefahrzeugen her, jubelten den Befreiern zu, viele sprangen sogar auf. Die junge Truppe empfand die überschäumende Begeisterung der Bevölkerung nicht als störend, sondern als Bestätigung und Anfeuerung. Der Zug der Kolonne aus Santarém vom Terreiro do Paço und die steilen Straßen hinauf zum Carmo, am Rand des Bairro Alto, glichen einem Triumphzug. Die ersten roten Nelken tauchten auf - im April haben sie Saison -, mit ihnen wurden die Uniformen der Soldaten und ihre Gewehrläufe geschmückt. Nach den Blumen erhielt die Revolution den Namen "Nelkenrevolution". Knapp 18 Stunden nach der Ausstrahlung des Liedes war Europas älteste Diktatur gestürzt. Damit gingen 48 Jahre der Verfolgung und Verbannung, der Unterdrückung und Ausbeutung, der Zensur und der Folter zu Ende.