Heisuke Hironaka

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Heisuke Hironaka (jap. 広中 平祐, Hironaka Heisuke; * 9. April 1931 in Yuu, Kuga-gun (heute: Iwakuni), Präfektur Yamaguchi, Japan) ist ein japanischer Mathematiker und Träger der Fields-Medaille.

Leben und Werk

Hironaka wurde als eines von 15 Kindern eines Kleiderhändlers (und zeitweiligen Textilfabrikanten) in einem 3000-Einwohner-Ort bei Hiroshima geboren. 1949-1954 studierte er an der Universität Kyōto zunächst Physik, wechselte dann aber zur Mathematik, deren Schwerpunkt dort unter Yasuo Akizuki bei abstrakter Algebra lag. 1957 folgte er einer Einladung von Oscar Zariski, der im Jahr zuvor in Kyoto war, nach Harvard, wo gleichzeitig andere später führende algebraische Geometer wie David Mumford, Steven Kleiman und Michael Artin studierten. 1959 war er auf Einladung von Alexander Grothendieck, mit dem er sich in Harvard 1958/9 befreundete, am IHES in Paris. Seine Bekanntschaft mit Grothendieck gab ihm nach eigenen Worten [1]wesentliche Impulse - eine „globale“ Sichtweise- für seinen späteren Beweis der Auflösbarkeit von Singularitäten. Nach seiner Promotion 1960 bei Zariski ging er an die Brandeis University, ab 1964 an die Columbia University in New York und von 1968 an als Professor nach Harvard. Schon 1975-1988 war er gleichzeitig Professor in Kyoto, wo er 1983-1985 auch Direktor des „Research Institute for Mathematical Sciences“ (RIMS) war. In Japan ist er so angesehen und einflussreich, dass sein Name auch bei vielen Nicht-Mathematikern ein Begriff ist. 1996-2002 war er Direktor der Universität Yamaguchi in seiner Heimatpräfektur.

Er arbeitete auf dem Gebiet der Algebraischen Geometrie, genauso wie die anderen beiden Fields-Medaillisten aus Japan Kunihiko Kodaira und Shigefumi Mori.

Hironaka bewies 1964, dass man die Singularitäten[2] einer algebraischen Varietät beliebiger Dimension in Charakteristik Null [3] auflösen kann. Das bedeutet, dass man zu jeder Varietät M eine birational äquivalente Varietät S finden kann, die selbst glatt ist, also keine Singularitäten mehr hat. „Birational äquivalent“ bedeutet die Existenz von rationalen Funktionen, die M auf S und umgekehrt abbilden (in diesem Fall sind die auf ihnen definierten Funktionenkörper gleich)[4]. Die singularitätenfreie Varietät S kann dann zur Parametrisierung von M dienen. Die „Auflösung“ geschieht durch eine Reihe von Aufblasungen (blowups) der Singularitäten. Anschaulich kann man sich dies am Beispiel einer ebenen Kurve M mit einer Überschneidung (Singularität) so vorstellen, dass man im dreidimensionalen Raum eine singularitätenfreie Raumkurve S durch Auseinanderziehen im Schnittpunkt erzeugt. Die Raumkurve parametrisiert dann die ebene Kurve M über eine Schatten-Projektion. Singularitäten sind in dieser Sichtweise Relikte von Projektionen aus höheren Dimensionen und die „Auflösung“, deren Existenz Hironaka bewies, ist die Rekonstruktion dieser Projektionen.

Vor Hironaka hatte schon Robert Walker nach Vorarbeiten von Giacomo Albanese u. a., die bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen, 1935 die Auflösbarkeit für algebraische Flächen über den komplexen Zahlen gezeigt, und Zariski selbst bewies dies 1939 mit rein algebraischen Methoden für Körper der Charakteristik 0 (für Flächen und Kurven). Außerdem bewies er 1944 die Auflösbarkeit in Charakteristik 0 und Dimension 3.

Für seinen Beweis, der knapp 200 Seiten lang ist und sehr schwer verständlich, erhielt Hironaka 1970 die Fields-Medaille. Der Beweis, den Hironaka selbst keineswegs als kompliziert ansieht, ist inzwischen durch Orlando Villamayor, Santiago Encinas, Edward Bierstone, Pierre Milman, Steven Dale Cutkosky, Herwig Hauser, Janos Kollar u.a. vereinfacht worden - er passt jetzt auf ca. 20 Seiten. Einen alternativen Beweis mit seiner Methode der Alterationen gab de Jong 1997. Ob man in positiver Charakteristik (also für Varietäten über endlichen Körpern) Singularitäten auflösen kann, ist nur in der Dimension 2, also für algebraische Flächen, bekannt (Beweis von S.S.Abhyankar 1956), im Allgemeinen aber bis heute offen[5].

Hironaka ist mit der Politikerin Wakako Hironaka verheiratet und hat zwei Kinder.

Er ist Ehrendoktor der Universität Nizza.

Zitate

Die Welt ist wegen ihrer Singularitäten interessant...Glatte Objekte kann man aus der Ferne betrachten und ihre Form erkennen, bei Singularitäten muss man näher und näher kommen.. Hawking sagte, dass in einem schwarzen Loch ein anderes Universum ist. Eine Singularität ist so ähnlich: Wenn man sie näher betrachtet, sieht man ein großes Universum. Das Problem in der Behandlung von Singularitäten ist, dass diese zwar nur Punkte sind, aber sehr sehr viele Dinge beinhalten. Um zu sehen, was darin ist, muss man sie aufblasen, vergrößern, sie glatt machen, dann kann man das ganze Bild sehen. (Hironaka, Interview, Notices AMS 2005, bezieht sich wahrscheinlich auf den Satz von Casorati-Weierstraß)

Werke

  • Resolution of singularities of an algebraic variety over a field of characteristic zero, Teil I, II., Annals of Math. (2) Bd.79, 1964, S.109-203; S. 205-326.
  • mit Hideyuki Matsumura Formal functions and formal imbeddings, 1967
  • On the characters and of singularities
  • Lectures on introduction to the theory of infinitely near singular points, Madrid, 1971
  • mit José M. Aroca, José L. Vicente The theory of the maximal contact, 1975
  • mit Jose M. Aroca, Jose L. Vicente Desingularization theorems, 1977
  • Hrsg. mit Stanislaw Janeczko Geometric singularity theory, Warschau 2004 (Erinnerungsband an Lojasiewicz)

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Interview, Notices AMS September 2005
  2. Punkte an denen alle partiellen Ableitungen verschwinden. Beispiel ist ein Doppelpunkt, in dem sich die Kurve selbst schneidet.
  3. Algebraische Varietäten werden als Nullstellen von Polynomen über verschiedenen Körpern definiert. Körper der Charakteristik Null sind z.B. die komplexen oder reellen Zahlen. Endliche Körper haben dagegen positive Charakteristik.
  4. Es kann aber Bereiche geben, in denen diese Funktionen nicht definiert sind: wenn sie beispielsweise Projektionen von einem Punkt der Varietät auf eine Fläche entsprechen, werden einige Teile der Varietät ins „Unendliche“ abgebildet. Deshalb ist die genaue Definition etwas komplexer.
  5. Teilresultate hat z.B. Abhyankar gefunden. Er bewies 1966 die Auflösbarkeit in Charakteristik >5 für Dimension 3.