Hofkriegsrat
Der Hofkriegsrat (anfänglich Steter Kriegsrat genannt) war die erste in Österreich errichtete selbständige Militärverwaltungsbehörde.
Behörde
Der Hofkriegsrat wurde 1556 gegründet und bestand aus einer Anzahl im Militärwesen, insbesondere in der Waffenführung geübter Männer. Unter dem Hofkriegsrat stand das gesamte Kriegswesen im Feld und die Beurteilung aller im Frieden zu treffenden militärischen Entscheidungen. Er stand in unmittelbarer Verbindung mit der Hofkammer und der Hofkanzlei und erhielt 1564 seine eigentliche Bezeichnung.
Nach der zweiten Länderteilung Österreichs wurde 1565 in Graz ein zweiter, von Wien unabhängiger Hofkriegsrat errichtet, der erst unter Kaiserin Maria Theresia aufgelöst wurde und bis dahin die Militärangelegenheiten Innerösterreichs sowie die Verteidigung der an das Osmanische Reich angrenzenden Provinzen leitete.
Kaiser Matthias veränderte 1615 durch die so genannte Neue Instruktion den Wirkungskreis des Hofkriegsrats. Unter Ferdinand III. entstand die Stelle des Hofkriegsratsvizepräsidenten. Auch Leopold I. und Maria Theresia änderten die Organisation des Hofkriegsrats. Kaiser Joseph II. führte eine Zentralisierung aller Zweige der Militärverwaltung unter dem Hofkriegsrat ein.
Als Erzherzog Karl das Präsidium des Hofkriegsrats übernahm, führte er zunächst in Österreich den Titel eines Kriegsministers ein und gliederte den Hofkriegsrat in drei Departements (für militärische, Justiz- und Verwaltungsfragen). Das Verwaltungsgremium wurde von einem Hofkriegsratspräsidenten ziemlich selbständig geleitet.
1848 wurde der Hofkriegsrat in das Kriegsministerium umgewandelt. Da Kaiser Franz Joseph den Oberbefehl des Heeres persönlich führte, hatte es sich nur mit den Verwaltungsangelegenheiten des Heeres und der Flotte zu beschäftigen. Zwischen 1853 und 1860 wurde dem Kriegsministerium wieder die Kommandogewalt übertragen und als Armeeoberkommando bezeichnet. Es übte alle Befugnisse des früheren Hofkriegsrats aus, wurde aber 1860 wieder in Kriegsministerium umbenannt.
Im Ausgleich von 1867, mit dem Ungarn innenpolitisch selbstständig wurde, vereinbarte der Kaiser mit Ungarn, dass Armee und Kriegsmarine zu den „gemeinsamen Angelegenheiten“ Österreichs und Ungarns gehörten, also keiner der beiden Regierungen unterstanden, sondern nur dem Monarchen persönlich und dem von ihm ernannten Kriegsminister. Das Reichskriegsministerium, die Armee und die Kriegsmarine wurden daher nunmehr bis 31. Oktober 1918, als Ungarn diese Realunion aufkündigte, als k.u.k., als kaiserlich und königlich, bezeichnet. Neben diesen Institutionen der gesamten Doppelmonarchie bestanden weiters für Cisleithanien die k.k. Landwehr und für Transleithanien die k.u. Honvéd unter Ministern der beiden Reichshälften.
Gebäude
Das Hofkriegsratsgebäude befand sich Am Hof 17 (nach einer Adressänderung heute Am Hof 2), Bognergasse 4 – 6 und Seitzergasse 1 – 3 in Wien.
Nach der Aufhebung des Jesuitenordens fiel das Haus an den Staat und wurde zum Sitz des Hofkriegsrats erklärt. Nach Plänen von Franz Anton Hillebrand wurde der Bau in den Jahren 1774 und 1775 umgebaut und teilweise aufgestockt. Zwischen 1776 und 1848 war hier der Hofkriegsrat beheimatet, 1848 bis 1853 das Kriegsministerium, 1853 bis 1860 das Armeeoberkommando, 1860 bis 1867 wieder das Kriegsministerium und von 1867 bis 1912 das Reichskriegsministerium.
Am 6. Oktober 1848 wurde Kriegsminister Graf Baillet von Latour vor dem Gebäude von Revolutionären ermordet.
1892 wurde das von Caspar Zumbusch gestaltete Radetzky-Denkmal vor dem Hofkriegsratsgebäude Am Hof aufgestellt.
Im Jahre 1912 übersiedelte das Reichskriegsministerium in den Neubau am Stubenring. Das Radetzkydenkmal folgte dem Kriegsministerium ebenso an seinen neuen Standort an der Wiener Ringstraße wie die Innenausstattung der Repräsentationsräume.
Das Gebäude Am Hof wurde nach der Übersiedlung des Ministeriums ungeachtet zahlreicher Proteste sofort abgerissen. Adolf Loos bezeichnete beispielsweise den drohenden Abriss 1906 als „Frevel“, das Kriegsministerium als „schönstes sterbendes Gebäude“ Wiens, es gebe den „Grundakkord für den Platz“ und ähnliches[1]. An seiner Stelle wurde ab 1912 das Bankgebäude der ehemaligen Österreichischen Länderbank errichtet.
Präsidenten
- Ritter Ehrenreich von Königsberg 1556–1560
- Gebhard Freiherr von Welzer 1560–1566
- Georg Teufel, Freiherr von Guntersdorf 1566–1578
- Wilhelm Freiherr von Hofkirchen 1578–1583
- David Ungnad, Freiherr von Weißenwolf 1584–1599
- Melchior Freiherr von Redern 1599–1600
- Karl Ludwig zu Sulz 1600–1610
- Hans Freiherr von Mollard 1610–1619
- Ritter Johann Kaspar von Stadion 1619–1624
- Rambold Graf Collalto 1624–1630
- Hans Christoph Freiherr von Löbel 1630–1632
- Heinrich Schlik zu Bassano und Weißkirchen 1649–1665
- Wenzel Eusebius von Lobkowicz 1649–1665
- Annibale (Hannibal) Fürst Gonzaga 1665–1668
- Raimondo Montecuccoli 1668–1681
- Herrmann Markgraf von Baden 1681–1691
- Ernst Rüdiger von Starhemberg 1692–1701
- Heinrich Franz von Mansfeld 1701–1703
- Eugen von Savoyen 1703–1736
- Dominik von Königsegg-Rothenfels 1736–1738
- Johann Philipp Graf Harrach 1738–1762
- Leopold Graf Daun 1762–1766
- Franz Moritz Graf Lacy 1766–1774
- Andreas Graf Hadik von Futak 1774–1790
- Michael Johann von Wallis 1791–1796
- Friedrich Moritz von Nostitz-Rieneck 1796
- Ferdinand Graf Tige 1796–1801
- Erzherzog Carl von Österreich 1801–1809
- Heinrich Graf Bellegarde 1809–1813
- Karl Philipp Fürst zu Schwarzenberg 1814–1820
- Heinrich Graf Bellegarde 1820–1825
- Friedrich Prinz von Hohenzollern-Hechingen 1825–1830
- Ignaz Graf Gyulay 1830–1831
- Johann Maria Philipp Frimont von Palota 1831
- Ignaz Graf Hardegg 1831–1848
- Karl Ludwig von Ficquelmont 1848
Quellen
- ↑ Adolf Loos: Trotzdem. Innsbruck 1931, S. 61
Koordinaten: 48° 12′ 38″ N, 16° 22′ 6″ O