Invektivität

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Invektivität (von lateinisch invehi „jemanden anfahren“) bezeichnet als Überbegriff alle Aspekte von Kommunikation, die dazu geeignet sind, herabzusetzen, zu verletzen oder auszugrenzen. Ob und wie sehr sie das tun, wird oft erst aus der Anschlusskommunikation deutlich, d. h. daraus, wie hinterher über die erfolgte Kommunikation gesprochen wird. Phänomene der Schmähung, Beschimpfung und Beleidigung stellen dabei zentrale menschliche Kommunikationsformen dar, die produktive wie destruktive Funktionen haben können.[1]

Historische Beispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die konkreten Erscheinungsformen von Invektivität können sich kulturell und historisch unterschiedlich ausprägen:[2]

  • In der römischen Antike war die Invektive u. a. auch eine Kunstform, in deren Vordergrund die Virtuosität stand. Kunstfertige Beleidigungen galten auch als Ausdruck von Bildung. Der schmähende Tadel galt in der rhetorischen Ausbildung als Gegenteil der Lobrede und wurde auch im Unterricht vermittelt.[3]
  • Im Humanismus verwendeten Intellektuelle persönliche Herabsetzungen, um sich nach außen sichtbar als eigene Gruppe zu konstituieren, aber auch, um Konflikte untereinander in elaborierter Form auszutragen.[4]
  • Aktuell gelten z. B. Hate Speech, Shitstorms oder Bodyshaming als wichtige Phänomene, die unter den Überbegriff Invektivität fallen.[5][6]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Anna Häusler, Elisabeth Heyne, Lars Koch, Tanja Prokić: Verletzen und Beleidigen. Versuche einer theatralen Kritik der Herabsetzung. August Verlag, Berlin 2020, ISBN 978-3-941360-70-9.
  • Uwe Israel, Marius Kraus und Ludovica Sasso (Hrsg.): Agonale Invektivität. Konstellationen und Dynamiken der Herabsetzung im italienischen und deutschen Humanismus. Heidelberg University Publishing, Heidelberg 2021, ISBN 978-3-96822-088-8 (online).
  • Lars Koch, Torsten König (Hrsg.): Zwischen Feindsetzung und Selbstviktimisierung. Gefühlspolitik und Ästhetik populistischer Kommunikation. Campus Verlag, Frankfurt/New York 2020, ISBN 978-3-593-51198-6.
  • Dennis Pausch: Virtuose Niedertracht – die Kunst der Beleidigung in der Antike. C. H. Beck, München 2021, ISBN 978-3-406-76623-7.
  • Gerd Schwerhoff: Verfluchte Götter. Die Geschichte der Blasphemie. S. Fischer, Frankfurt a. M. 2021, ISBN 978-3-10-397454-6.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Dagmar Ellerbrock u. a.: Invektivität – Perspektiven eines neuen Forschungsprogramms in den Kultur- und Sozialwissenschaften. In: Kulturwissenschaftliche Zeitschrift. Band 2, Nr. 1, 2017, abgerufen am 28. September 2021.
  2. Invektive Spaltungen? Dynamiken der Schmähung von der Antike bis zur Gegenwart. (= Saeculum. Band 70, Ausgabe 1). Abgerufen am 1. November 2021.
  3. Hate Speech in der Antike: „Man muss dann aber wirklich virtuos sein“. In: Frankfurter Rundschau. Abgerufen am 24. September 2021.
  4. Schmähungen – die Waffe ehrgeiziger Humanisten. In: Damals – Das Magazin für Geschichte. 15. April 2020, abgerufen am 1. November 2021 (deutsch).
  5. Joachim Scharloth: Hassrede und Invektivität als Gegenstand der Sprachwissenschaft und Sprachphilosophie. In: Aptum. Themenheft: Hate speech. Band 13, Nr. 2. Bremen 2017, ISBN 978-3-944312-51-4.
  6. Uwe Israel, Jürgen Müller: Körper-Kränkungen. Der menschliche Leib als Medium der Herabsetzung. Frankfurt 2021, ISBN 978-3-593-44700-1.