Johannes Philoponos

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 6. Mai 2009 um 16:15 Uhr durch Benowar (Diskussion | Beiträge) (Anmerkungen). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Johannes Philoponos (* ca. 490 in Alexandria, † ca. 570; auch bekannt als Johannes von Alexandria), Beiname Grammatikos Christianos, war ein bedeutender spätantiker frühchristlicher Philosoph und Naturwissenschaftler.

Leben

Johannes war Christ und studierte bei dem heidnischen Neuplatoniker Ammonios Hermeiou in Alexandria, wo im 6. Jahrhundert das Zusammenwirken von Christen und Heiden wohl besser gelang als in Athen. Johannes wurde schließlich der Assistent des Ammonios. Er schrieb dessen Vorlesungen mit und ergänzte sie mit Kommentaren, die teils Einflüsse des Ammonios, teils aber auch eigene Positionen erkennen lassen. Als die Akademie in Athen auf Befehl Kaiser Justinians im Jahr 529 geschlossen wurde, griff einer der dortigen Lehrer, der berühmte Philosoph Simplikios, Johannes in schriftlicher Form direkt an. Simplikios stellte das Christentum als lästerliche Religion, die aber seiner Meinung nach bald verschwinden würde. Johannes hingegen kritisierte heidnische Denkpositionen eher argumentativ, zumal sein Denken starke Einflüsse sowohl durch Aristoteles als auch durch Platon verrät, wobei Johannes deren Ideen nicht einfach rezipierte, sondern durchaus auch eigenständige Positionen bezog.[1]

Johannes nahm durch seine Schriften eine wichtige Rolle zwischen der vorchristlichen Philosophie und dem Christentum ein. In seinen Schriften zu Aristoteles, zu dem er mehrere bedeutende Kommentare verfasste, setzte sich kritisch-argumentativ mit ihm auseinander, wobei Johannes etwa hinsichtlich der Naturphilosophie andere Positionen als Aristoteles einnahm und in seinem (nur fragmentarisch erhaltenem) Werk De aeternitate mundi contra Aristotelem auch den Gedanken einer Ewigkeit der Welt verwarf. Er kritisierte auch die Bewegungslehre des Aristoteles und ersetzte sie durch seine Impetustheorie.[2]

Johannes lässt sich jedoch nicht einfach als Platoniker oder Aristoteleskritiker einordnen, da er durchaus Positionen von beiden Philosophen übernahm, aber eben auch jeweils andere verwarf, die er als falsch ansah. Die Übernahme einiger Ideen sowohl von Platon als auch von Aristoteles ist wohl teilweise auf seine Schulung in Alexandria zurückzuführen, wo man traditionell darum bemüht waren, die Lehren Platons und des Aristoteles zu harmonisieren.[3] Andererseits ignorierte er auch nicht Punkte, die seiner Meinung nach Schwachstellen in der jeweiligen Argumentation waren. Johannes kann als origineller Denker angesehen werden, der mit vielen aristotelisch-neuplatonischen Traditionen brach und sich Problemen kritisch-empirisch näherte.[4]

Spätestens ab den 50er Jahren 6. Jahrhunderts widmete sich Johannes stärker den christlich-theologischen Debatten und verfasste diesbezüglich mehrere theologische Werke, von denen aber nur seine Schrift über die Erschaffung der Welt (De opificio mundi) vollständig erhalten ist. Johannes, der dem Miaphysitismus zugeneigt war, wurde im Nachhinein aufgrund seiner Überlegungen zum Trinitätsdogma von der orthodoxen Reichskirche 680/81 als Häretiker verurteilt, was eine weitere Rezeption seiner theologischen Werke verhinderte.

Die Aristoteleskommentare des Johannes übten noch auf das philosophische Denken in Byzanz, Bagdad und später Westeuropa Einfluss aus. So wurde beispielsweise sein Kommentar zur aristotelischen Physik unter anderem von dem arabischen Philosophen Ibn Bagga im 12. Jahrhundert benutzt. In der frühen Neuzeit kamen seinen Korrekturen der aristotelischen Physik im Rahmen der damaligen physikalischen Theorien große Bedeutung zu.

Literatur

  • Ludwig Fladerer: Johannes Philoponos „De opificio mundi“. Spätantikes Sprachdenken und christliche Exegese. Teubner, Stuttgart 1999, ISBN 3-519-07684-5.
  • Clemens Scholten: Antike Naturphilosophie und christliche Kosmologie in der Schrift „De opificio mundi“ des Johannes Philoponos (Patristische Texte und Studien; 45). DeGruyter, Berlin 1996, ISBN 3-11-014834-X.

Anmerkungen

  1. Vgl. zusammenfassend Scholten (1996), S. 6.
  2. Zum Ansatz des Johannes vgl. Scholten (1996), S. 195ff.
  3. Scholten (1996), S. 420f. Problematisch ist, dass sich Johannes nicht immer klar dahingehend äußert, welche Positionen er von welchen Philosophen (vielleicht auch nur temporär, um sie später zu widerlegen) übernimmt und welchen Thesen er explizit widerspricht, siehe Scholten (1996), S. 103ff.
  4. Vgl. dazu auch den SEP-Artikel, zusammenfassend Einleitung und § 6 („Explaining“ Philoponus).