Josef Honor Schneider

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Josef Honor Schneider auch Joseph Ignatz Schneider (* 9. Juli 1804 in Místek in Mähren; † 7. Mai 1874 in Prestitz/Přeštice)[1] war ein mährischer Arzt, Naturforscher und Autor.

Leben

Joseph Ignatz Schneider wurde in Mähren an der Grenze zu Schlesien geboren, wo sein Vater Josef Wenzel Schneider als Flickschneider in der Untergasse 5 zur Miete lebte. Wie auch sein Bruder Jacob Eberhard erhielt er die Möglichkeit, zu studieren und erlangte 1831 an der Universität Wien mit einer gemessen am damaligen Wissensstand bemerkenswerten Dissertation De organisatione cerebri den Titel Doktortitel. Als die Choleraepidemie 1832 Přeštice erreichte, bekämpfte er dort erfolgreich diese Krankheit und konnte sich hier danach als Stadtphysikus niederlassen. Noch vor 1834 erwarb er noch den Doktortitel der Philosophie und 1834 heiratete er im nahe gelegenen Dolní Lukavice/Unterlukawitz bei Pilsen in Westböhmen die aus der Oberpfalz abstammende Försterstochter Anna Theresia Weis, mit der er im Weiteren 10 Kinder hatte, die alle das Kindesalter überlebten. Als Stadtarzt betreute er vor allem die deutschsprachige Bevölkerungsgruppe der Region und die Angehörigen des in Unterlukawitz jeweils in der warmen Jahreszeit ansässigen Adelsgeschlechts Schönborn-Wiesenthein. Schneider konnte durch Präventivmaßnahmen nachhaltig die Cholera zurückdrängen und führte Schülerimpfungen ein.

Publikationen

Schneiders erste Publikation war ein Nachruf auf seinen früh verstorbenen Bruder Jacob in Versen, der in der Wiener Zeitschrift Der Spaziergänger erschien. Danach publizierte er über die erfolgreiche Heilung eines Rheumatikers von der Taubstummheit. 1843 brachte er im Verlag Fr. Ed. Sandtner in Prag ein von Franz A. Werner hervorragend bebildertes illustriertes Reallexikon der Naturgeschichte heraus, ein Lexikon der Tiere, Pflanzen und Mineralien der Welt, das auch als Vorläufer des „Brehm“ interessant ist, indem er den damaligen Wissensstand der Biologie in Mitteleuropa widerspiegelt. Das Unternehmen war wirtschaftlich nicht erfolgreich, es erschienen nur zwei Bände; Sandtner stellte derartige Publikationen ein, nachdem er als Unterstützer der Revolution von 1848 in Schwierigkeiten gelangt war. [2] Schneiders bedeutsamste Arbeit ist eine Abhandlung über Psylla solani tuberosi Schneider, eine Kleinzikadenart, die er als Erreger der Kartoffelfäule beschrieb. In den frühen 1840er Jahren bereitete sich diese Pflanzenkrankheit von Westen her massiv in Mitteleuropa aus. Die Kartoffel war hier binnen weniger Jahrzehnte zu einem Hauptnahrungsmittel vor allem der Landbevölkerung avanciert, sicherte den breiten Massen das winterliche Überleben und war auch für die Versorgung des Militärs von Bedeutung. Ein Ausfall einiger Jahresernten und nachfolgende Rückkehr zu Rüben in der Fruchtfolge hätte zu Hunger und Unruhen führen können, weshalb es dem Kaiserhof sehr an der Bekämpfung der Kartoffelfäule gelegen war. Neben der Bekämpfung des Schädlings schlug Schneider vor, Jahr für Jahr jeweils einen breiten Landstreifen von Kartoffelfeldern freizuhalten, um der Ausbreitung der Fäule entgegenzuwirken. Dem bedeutenden Naturforscher Thomas de Bary wurde Schneiders Arbeit zur Stellungnahme übergeben und er fand durch Mikroskopstudien heraus, dass der tatsächliche Erreger der Fäule ein Pilz war und eröffnete nun eine Perspektive zur Bekämpfung der Pflanzenseuche. Schneider blieb zunächst noch das Verdienst, die Zykadenart als erster beschrieben zu haben und damit nach sich benennen zu dürfen. Der Wiener Entomologe Kollar beschrieb die Art jedoch genauer, was ihm durch den Besitz eines Mikroskops möglich war, und schlug die Benennung der Art mit seinem Namen vor; damit setzte er sich in den meisten Ländern durch, jedoch hielt sich in der russischen, ungarischen, kubanischen und serbischen Nomenklatur Schneiders Name.

Die meiste Verbreitung aller Bücher Schneiders fand sein Handbuch der Obstbaumschädlinge, das Schneider auch als Artikelfolge in Fachzeitschriften herausgab. Am 7. Mai 1874 starb Schneider in Přeštice 54 an Lungenlähmung. Sein Enkel Rudolf Schneider, der in Unterlukawitz geborene Gründungsdirektor des Prager Hydrometeorologischen Instituts, hinterließ ihm in seinen Lebenerinnerungen ein Denkmal, indem er darauf hinwies, wie der alternde Arzt Kinder durch seine Hingabe an Naturwissenschaften und exakte Zeitnehmung faszinieren konnte. Schneider hinterließ Tagebuchaufzeichnungen der Jahre 1840–1857 mit genauen täglichen Wetteraufzeichnungen; diese zählen zu den ältesten mehrjährig lückenlosen Wetterdokumentationen Mitteleuropas und sind die zweitältesten Langzeitwetterdaten für das Gebiet der heutigen Tschechischen Republik. Auch enthält das Tagebuch eine Aufstellung der Einnahmen der Landarztpraxis, die sozialhistorisch von Interesse ist.

Werke

  • Illustriertes Reallexikon der Naturgeschichte, Verlag Fr. Ed. Sandtner in Prag 1844 Digitalisat
  • Handbuch der Obstbaumschädlinge
  • Der Kartoffel-Blattsauger, Psylla solani tuberosi Schneider (Cycada [typhlocyba] solani tuberosi Kollar), ein die Kartoffelfäule erzeugendes Insect: bevorwortet von Kollar (Aus dem Juni-Hft. (Bd. IX.) des Jg. 1852 der Sitz.-berichte der math.-naturw. Cl. der k. Ak. d. W. besonders abgedruckt BSB

Einzelnachweise

  1. Stammbaum und Lebensdaten auf www.myheritage.at
  2. Lucie Heilandová, Kreslení na kameni, Dissertation, Brünn 2018 [1]