Julie von Kästner

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Julie Alexandrine Johanna von Kästner (* 26. September 1852 in Riga; † 13. Februar 1937 in Kassel) war eine deutsche Pädagogin und Frauenrechtlerin und 1919 eine der sechs ersten in die 72 Mitglieder umfassende Stadtverordnetenversammlung von Kassel gewählten Frauen.

Ehrengrab Julie von Kästner, Hauptfriedhof Kassel

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Julies Eltern waren Karl Theodor von Kästner (1818–1882), Staatsrat in der Oberkanzlei des Stadtrats in Riga, und dessen Ehefrau Sophie Luise geb. von Busse. Sie studierte in Lausanne und kehrte danach als Lehrerin zurück nach Riga. Nach dem frühen Tod ihrer Mutter im Jahre 1871 war sie verantwortlich für die Erziehung ihrer zwölf Jahre jüngeren Schwester Hanna.

Im Jahre 1891 kam sie mit ihrer Schwester nach Kassel und wurde im Juli des Jahres Leiterin der 1878 gegründeten privaten, evangelischen Wulstenschen höheren Mädchenschule.[1] 1894 wurde sie in den preußischen Untertanenverband, d. h. in die preußische Staatsbürgerschaft, aufgenommen und 1895 wurde sie Leiterin der Heuserschen Höheren Töchterschule.[2] Ab 1904 bot die Schule, auf Betreiben Kästners, vierjährige realgymnasiale Kurse zur Vorbereitung auf das Abitur an. Als sie 1914 in Pension ging, wurde die Schule zu ihren Ehren in „Kästnersches Lyceum“ umbenannt.[3]

Julie von Kästner war eine persönliche Freundin von Helene Lange und blieb eine engagierte Verfechterin der Frauenbildung und des Frauenstudiums. Sie war aktiv als Berufsberaterin für Frauen bei der im April 1902 vom „Verband Casseler Frauenvereine“ (VCF) übernommenen Städtischen Stellenvermittlung für Frauen,[4] wurde Mitglied und bald darauf Leiterin der 1900 gegründeten Kasseler Abteilung des „Vereins Frauenbildung-Frauenstudium“, war Mitgründerin der „Vereinigung der Künstlerinnen Hessen-Nassau“ und war als Nachfolgerin von Elisabeth Consbruch bis 1932 Vorsitzende des „Verbands Casseler Frauenvereine“.

Nachdem das aktive und passive Frauenwahlrecht am 12. November 1918 in Deutschland eingeführt worden war, wurde sie am 2. März 1919 auf der Liste der Deutschen Demokratischen Partei, wie auch Elisabeth Ganslandt und Johanna Wäscher zur Stadtverordneten gewählt. Sie wirkte dort eine Legislaturperiode bis zum 4. Mai 1924 und war in dieser gesamten Zeit Alterspräsidentin und von 1920 bis 1924 auch Zweite Schriftführerin des Stadtparlaments.

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Julie von Kästner starb am 13. Februar 1937; ihr Ehrengrab befindet sich auf dem Kasseler Hauptfriedhof.
  • Auf der Marbachshöhe in Kassel-Wilhelmshöhe ist eine Straße nach ihr benannt. Dort befinden sich ebenso die nach den 1919 in die Stadtverordnetenversammlung gewählten Frauen Minna Bernst, Elisabeth Consbruch, Johanna Wäscher und Amalie Wündisch und nach der ebenfalls 1919 gewählten ersten Kasseler Stadträtin Johanna Vogt benannten Straßen.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gilla Dölle, Cornelia Hamm-Mühl, Leonie Wagner: Damenwahlen: Die weiblichen Stadtverordneten in Kassel 1919–1933 (= Schriftenreihe des Archivs der deutschen Frauenbewegung). Archiv der deutschen Frauenbewegung, Kassel, 1992, ISBN 3-926068-08-6, S. 49–53.
  • Jochen Lengemann: Bürgerrepräsentation und Stadtregierung in Kassel 1835–2006. (Historische Kommission für Hessen) Elwert, Marburg, 2009, ISBN 978-3-86354-135-4, S. 460.
  • Reinhard Wittram: Innere Wege zur Verantwortung. Erinnerungen an Julie von Kästner (1852–1937). In: Die Sammlung – Zeitschrift für Kultur und Erziehung. 8. Jahrgang, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 1953, S. 191–196.
  • Die höhere Mädchenbildung. Vorträge gehalten auf dem Kongress zu Kassel am 11. und 12. Oktober 1907 von Helene Lange, Paula Schlodtmann, Lina Hilger, Lydia Stöcker, Julie von Kästner, Marianne Weber, Gertrud Bäumer und Marie Martin. B. G. Teubner, Leipzig, 1908.
  • 100 Jahre Jubiläum: „Frauen Cassels, Ihr müßt wählen!“ – „Cassels neue Männer“: So reagierte die Region auf das Frauenwahlrecht. In: Hessische/Niedersächsische Allgemeine. 12. November 2018 (hna.de).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fußnoten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Statistisches Jahrbuch der höheren Schulen und heilpädagogischen Anstalten Deutschlands, Luxemburgs und der Schweiz, XIII. Jahrgang, Erste Abtheilung, das Königreich Preussen enthaltend. B. G. Teubner, Leipzig, 1892, S. 193, Nr. 1114.
  2. Statistisches Jahrbuch der höheren Schulen und heilpädagogischen Anstalten Deutschlands, Luxemburgs und der Schweiz, XXI. Jahrgang, Erste Abtheilung, das Königreich Preussen enthaltend. B. G. Teubner, Leipzig, 1900, S. 215, Nr. 1236a.
  3. Das Lyceum wurde 1923 mit der 1909 gegründeten „Städtischen Studienanstalt der realgymnasialen Richtung zu Cassel“ vereinigt; die Schule wurde in „Lyzeum mit Studienanstalt“ umbenannt, erhielt 1930 den Namen 1930 Malwida-von-Meysenbug-Schule und 1940 den Namen Heinrich-Schütz-Schule (heinrich-schuetz-schule.de).
  4. hatten sich kurz zuvor auf Anregung und unter dem Vorsitz von Auguste Förster (1848–1926) acht Kasseler Frauenvereine zusammengeschlossen.