Kapselfibrose

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Kapselfibrose. Kapselkontraktur Grad IV der rechten Brust einer 29-jährigen Patientin, sieben Jahre nach der subglandulären Implantation von mit Silikongel gefüllten 560-ml-Implantaten.

Bei der Kapselfibrose (englisch capsular contracture) handelt es sich um die Ausbildung einer harten bindegewebsartigen, teilweise schmerzhaften Kapsel, die infolge einer Brustvergrößerung durch Einsetzen eines Implantats entsteht. Bei dieser Fremdkörperreaktion kann es zu starken Verformungen der Brust kommen.

Grundsätzlich entsteht um jeden Fremdkörper eine Kapsel aus Narbengewebe. In den meisten Fällen bereitet dies keine Probleme, da die Kapsel sehr zart ist. Warum es aber in bis zu 15 Prozent der Fälle einer Brustvergrößerung zur Entstehung einer Kapsel mit Beschwerden kommt, ist nicht genau geklärt. Man vermutet eine Entzündungsreaktion durch eine Besiedelung der Implantate mit Bakterien, da diese relativ häufig auf ihnen nachgewiesen werden können. Gehäuft tritt das Problem aber auch nach anderen Komplikationen, wie etwa Nachblutungen, auf. Auch nach Bestrahlungen bei Brustrekonstruktionen durch Implantate tritt eine Kapselfibrose gehäuft auf. Verschiedene Modifikationen der Implantatoberfläche sollen das Risiko mindern.[1]

Gradeinteilung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gebräuchlich ist eine klinische Einteilung, die auf einen Kongressbeitrag des amerikanischen plastischen Chirurgen James L. Baker Jr. (Florida) zurückgeht.[2]

  • Grad I: Eine leichte Verhärtung ist spürbar, was aber nach jeder Brustvergrößerung normal ist. Die Patientin ist schmerzfrei und es treten keine sicht- oder tastbaren Anzeichen einer Kapselfibrose auf.
  • Grad II: Eine minimale Kapselfibrose ist bereits vorhanden. Die Patientin verspürt ein Spannungsgefühl und leichte Schmerzen. Leichte Veränderungen in Form einer Verhärtung sind tastbar. Eine Behandlung der Kapselfibrose ist bei diesem Grad noch nicht zwingend erforderlich.
  • Grad III: Es liegt bereits eine starke Kapselfibrose mit beginnender Deformation der Brust vor. Die Brust ist stark verhärtet, was auch von außen sichtbar ist. Das Implantat beginnt sich zusammenzuziehen. Es ist möglich, dass die Patientin bereits starke Schmerzen verspürt, was aber nicht immer der Fall ist. Ein chirurgischer Eingriff ist nötig, wenn die Brust bereits schmerzhaft verhärtet und verformt ist.
  • Grad IV: Die Patientin leidet an einer ausgeprägten Kapselfibrose. Die Verhärtung der Brust ist mit andauernden Schmerzen verbunden und die Deformation der Brust ist deutlich erkennbar. Schmerzen werden bereits bei leichtem Berühren der Brust wahrgenommen und die Kapsel ist extrem verhärtet und zusammengezogen. Ein operativer Eingriff ist erforderlich.

Behandlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Therapie erfolgt meistens operativ durch

  • Implantatwechsel mit Kapselresektion oder
  • endoskopische Kapsulotomie (Auftrennen der Kapsel).[3]
  • Kapselsprengungen durch manuellen Druck werden nicht mehr empfohlen,[4] da Rezidive häufig sind und das Implantat beschädigt werden kann.[5]
  • Ein nichtoperatives Verfahren verwendet Ultraschall (z. B. 2 MHz gepulst 500 W/cm in mehreren Sitzungen), ist allerdings bisher nur in kleinen Fallserien geprüft.[6][7]
  • Stoßwellenanwendung[8] und Kollagenaseinjektionen[9] sind bisher nur im Tierversuch erprobt worden.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Byung Ho Shin, Byung Hwi Kim, Sujin Kim, Kangwon Lee, Young Bin Choy: Silicone breast implant modification review: overcoming capsular contracture. In: Biomaterials Research. Band 22, Nr. 1, Dezember 2018, ISSN 2055-7124, S. 37, doi:10.1186/s40824-018-0147-5, PMID 30598837, PMC 6302391 (freier Volltext).
  2. 12. Baker JL, Jr: Classification of spherical contractures. Presented at the Aesthetic Breast Symposium, Scottsdale, Arizona 1975.
  3. Uwe Herrmann, Werner Audretsch: Praxis der Brustoperationen: Tumorchirurgie — Organerhaltung — Wiederherstellung — Formveränderung. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-79608-1, S. 90–93 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. James C. Grotting, Peter C. Neligan: Plastic Surgery E-Book: Mama. Elsevier Health Sciences, 2012, ISBN 978-1-4557-4039-0, S. 107 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Ronald P. Gruber, Hyzer W. Jones: Review of Closed Capsulotomy Complications:. In: Annals of Plastic Surgery. Band 6, Nr. 4, April 1981, ISSN 0148-7043, S. 271–276, doi:10.1097/00000637-198104000-00003 (ovid.com [abgerufen am 5. Februar 2020]).
  6. Jorge Planas, Emilia Migliano, Jorge Wagenfuhr, Jr., Sebastian Castillo: External Ultrasonic Treatment of Capsular Contractures in Breast Implants. In: Aesthetic Plastic Surgery. Band 21, Nr. 6, 1. November 1997, ISSN 0364-216X, S. 395–397, doi:10.1007/s002669900143 (springer.com [abgerufen am 5. Februar 2020]).
  7. Jorge Planas, Valerio Cervelli, Gabriel Planas: Five-Year Experience on Ultrasonic Treatment of Breast Contractures. In: Aesthetic Plastic Surgery. Band 25, Nr. 2, 1. März 2001, ISSN 0364-216X, S. 89–93, doi:10.1007/s002660010102 (springer.com [abgerufen am 5. Februar 2020]).
  8. Sebastian Fischer, Wolf Mueller, Matthias Schulte, Jurij Kiefer, Christoph Hirche: Multiple Extracorporeal Shock Wave Therapy Degrades Capsular Fibrosis after Insertion of Silicone Implants. In: Ultrasound in Medicine & Biology. Band 41, Nr. 3, März 2015, S. 781–789, doi:10.1016/j.ultrasmedbio.2014.10.018 (elsevier.com [abgerufen am 5. Februar 2020]).
  9. Sebastian Fischer, Yannick Diehm, Thomas Henzler, Martin R. Berger, Jonas Kolbenschlag: Long-Term Effects of the Collagenase of the Bacterium Clostridium histolyticum for the Treatment of Capsular Fibrosis After Silicone Implants. In: Aesthetic Plastic Surgery. Band 41, Nr. 1, Februar 2017, ISSN 0364-216X, S. 211–220, doi:10.1007/s00266-016-0724-8 (springer.com [abgerufen am 5. Februar 2020]).