Karlsbader Beschlüsse

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 6. Oktober 2007 um 17:36 Uhr durch SieBot (Diskussion | Beiträge) (Bot: Ergänze: es:Decretos de Karlsbad). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Karlsbader Beschlüsse waren das Resultat der Karlsbader Konferenz vom 6. bis 31. August 1819. Sie hatten Maßnahmen zur Überwachung und Bekämpfung liberaler und nationaler Tendenzen im Deutschland des 19. Jahrhunderts zum Gegenstand.

Karlsbad (tschechisch: Karlovy Vary) gehörte damals zum Habsburgerreich. Die Karlsbader Beschlüsse entstanden unter dem Einfluss des österreichischen Außenministers und nachmaligen Staatskanzlers Metternich.

Anlass für die Karlsbader Beschlüsse war die Befürchtung, insbesondere Metternichs, die restaurativen politischen Tendenzen der nach-napoleonischen Zeit in der Öffentlichkeit kritisiert zu sehen. Auslöser und Rechtfertigung für die Karlsbader Beschlüsse war die Ermordung des Schriftstellers und russischen Generalkonsuls August von Kotzebue am 23. März 1819 durch Karl Ludwig Sand, einen Studenten und Turner. Sand war entgegen der weit verbreiteten Meinung nicht Mitglied der Jenaer Burschenschaft. Da er allerdings als Sympathisant galt, zielten die Beschlüsse klar in deren Richtung.

Die Karlsbader Beschlüsse wurden am 20. September 1819 vom Bundestag in Frankfurt einstimmig bestätigt, obwohl sie tief in die Rechte der Einzelstaaten des Deutschen Bundes eingriffen, und galten für das gesamte Gebiet des Deutschen Bundes. Sie hatten folgenden Inhalt:

  • Verbot der Burschenschaften
  • Überwachung der Universitäten
  • Schließung der Turnplätze (Turnsperre von 1820-1842)
  • Zensur der Presse
  • Entlassung und Berufsverbot für liberal und national gesinnte Professoren, die ihre Einstellung ihren Schülern vermittelten
  • Die eigene Meinung durfte nicht in geschriebener Form (in der Öffentlichkeit) propagiert werden

und bestanden aus den vier Gesetzen:

  • Exekutionsordnung,
  • Universitätsgesetz
  • Preßgesetz [sic] (Pressegesetz)
  • Untersuchungsgesetz

Da es keine bundesrechtliche Pflicht zur gliedstaatlichen Veröffentlichung des Gesetzestextes gab, wurde es in einigen Gliedstaaten nicht veröffentlicht und trat formal in diesen nicht in Gültigkeit, was z. B. in Kiel Quelle vieler Rechtsprobleme war. Die Karlsbader Beschlüsse griffen nicht nur in die Rechte der Gliedstaaten ein, sondern auch in die unabhängige akademische Gerichtsbarkeit (mit universitätsinternem Gericht, Syndikus, Aktuar und Gerichtsdiener sowie Zuständigkeit für Stuben- und Stadtarrest und Kriminalsachen), die teilweise Jahrhunderte bestanden hatte. Ein wesentliches Instrument war die Mainzer Zentraluntersuchungskommission.

Eine wesentliche Qualität der Beschlüsse besteht darin, dass der reaktionäre Staat liberale und nationale Ideen als Volksverhetzung begriff und die Träger dieser Ideen als Demagogen verfolgte. Diese Demagogenverfolgung fand besonders intensiv in Preußen statt. Betroffen durch Verfolgung und Inhaftierung waren z.B. Ernst Moritz Arndt, Friedrich Ludwig Jahn (Turnvater Jahn), Heinrich Hoffmann von Fallersleben, Hans Ferdinand Maßmann, Christian Sartorius, Georg Büchner, Karl Theodor Welcker und Friedrich Gottlieb Welcker, aber auch der im damals dänischen Schleswig-Holstein lebende Uwe Jens Lornsen.

In der Folge des Hambacher Festes wurde die Demagogenverfolgung 1832 noch einmal erneuert. Erst mit der Märzrevolution 1848 wurden die Karlsbader Beschlüsse vom Deutschen Bundestag am 2. April 1848 wieder abgeschafft.

Siehe auch

Kleinstaaterei, Burschenschaft, Mainzer Zentraluntersuchungskommission, Metternichsches System

Weblinks