LISREL

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LISREL (linear structural relations) ist ein statistisches Softwarepaket, das in der Strukturgleichungsmodellierung für beobachtete und latente Variablen verwendet wird. Es erfordert ein "ziemlich hohes Maß an statistischer Raffinesse".[1]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

LISREL wurde in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts von Karl Jöreskog, damals Wissenschaftler des Educational Testing Service in Princeton, New Jersey,[2] und von Dag Sörbom entwickelt; beide Wissenschaftler wurden später als Professoren an die Universität Uppsala in Schweden berufen.[3]

Befehlssprache, grafische Benutzeroberfläche und Resultatdarstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

LISREL beruht im Kern auf einer speziellen Befehlssprache. Die neueren Versionen sind aber mit einer graphischen Benutzeroberfläche ausgestattet.

Entwickler und Vertrieb[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

LISREL wurde von der Firma SSI (Scientific Software International) weiterentwickelt und vertrieben. Vector Psychometric Group, LLC, ein in North Carolina ansässiges Software- und Beratungsunternehmen, hat SSI 2020 übernommen. Alle Statistikprogramme von SSI wurden auf ein neues abonnementbasiertes Softwarebereitstellungs- und Supportmodell namens SSI Live™ umgestellt.[4]

Aufbau des Basismodells[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Basismodell besteht aus zwei Teilen, einem Messmodell und einem Strukturmodell. Die Modellvariablen unterscheiden sich nach abhängigen und unabhängigen Variablen sowie nach beobachteten und latenten Variablen. Dieser Klassifizierung entsprechend werden sie zu Vektoren zusammengefasst, die die Variablen als Elemente enthalten. Die folgende Kreuztabelle gibt Auskunft über den Typ der Vektoren und die dazugehörigen Fehlerterme:[5]

Typ (Dimension) der variablen Vektoren
Art der Variable beobachtet Fehler latent Fehler
abhängig : (p,1) : (p,1) : (m,1) : (m,1)
unabhängig : (q,1) : (q,1) : (n,1)

Das Messmodell umfasst die Matrizen :(p,m) und :(q,n). Das Strukturmodell umfasst die Matrizen: :(m,m) und :(m,n).[6] (Lies: Die Matrix hat p Zeilen und m Spalten. Entsprechend für die anderen Matrizen.)

Das Messmodell besteht aus zwei Gleichungssystemen, die die latenten Variablen mit den beobachteten Variablen verbinden:

Das Strukturmodell besteht aus dem folgenden Gleichungssystem:

Unter der Voraussetzung, dass die Determinante der Matrix nicht verschwindet, kann das Gleichungssystem in reduzierter Form angegeben und gelöst werden:

Zur platzsparenden Vereinfachung definiert man:

.

Annahmen

Die Korrelation folgender Paare von Variablen ist gleich null: (); () und (). Unkorreliert sind auch die Fehlerterme untereinander: ().

Definition der Kovarianz-Matrizen:

,

,

,

,

,

wobei das hochgestellte T bedeutet, dass die Transponierte genommen werden muss.

Grundprinzip der Parameterschätzung

Zur weiteren Komprimierung der Darstellung bildet man zweckmäßiger Weise den Super-Vektor der beobachteten Variablen mit den beiden Vektoren und :

.

Die Kovarianz-Matrix

;

stellt die unmittelbare empirische Grundlage für die statistische Schätzung der Modellparameter dar. Vom Programm nach Vorausschätzung gewählte oder vom Statistiker vorgegebene Anfangswerte der Modellparameter erzeugen die "fitted covariance matrix" , deren Abweichung von je nach Schätzmethode mit einschlägigen statistischen Funktionen gemessen und sukzessiv minimiert wird:

Die Matrix erhält man durch Einsetzen des Messmodells und des Strukturmodells in bei Berücksichtigung der Annahmen.

Implementierte Schätzverfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die unbekannten Parameter können wahlweise durch sieben verschiedene Schätzmethoden bestimmt werden:[7]

* Instrumental Variables (IV)
* Two-Stage Least Squares (TSLS)
* Unweighted Least Squares (ULS)
* Generalized Least Squares (GLS)
* Maximum Likelihood (ML)
* Generally Weighted Least Squares (WLS)
* Diagonally Weighted Least Squares (DWLS)

Verwandte Themen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Barbara M. Byrne: A Primer of LISREL: Basic Applications and Programming for Confirmatory Factor Analytic Models. Springer, New York 1989, ISBN 0-387-96972-1 (google.com).
  • Henk Kelderman: Structural Modelling by Example. Hrsg.: Peter Cuttance, Russell Ecob. Cambridge University Press, New York 1987, ISBN 0-521-26195-3, LISREL models for inequality constraints in factor and regression analysis, S. 221–240 (google.com).
  • Dag Sörbom: Structural Equation Modeling: Present and Future: A Festschrift in Honor of Karl Jöreskog. Scientific Software International, 2001, ISBN 0-89498-049-1, Karl Jöreskog and LISREL: A Personal Story, S. 3–10 (google.com).
  • Alexander von Eye, Bret E. Fuller: Structural Equation Modelling : Applications in Ecological and Evolutionary Biology. Cambridge University Press, New York 2003, ISBN 0-521-78133-7, A comparison of the SEM software packages Amos, EQS, and LISREL, S. 355–391.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. LISREL. In: University of Indiana. University Information Technology Services, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 6. Februar 2015; abgerufen am 27. November 2014.
  2. K. G. Joreskog, M. Van Thillo: LISREL: A General Computer Program for Estimating a Linear Structural Equation System Involving Multiple Indicators of Unmeasured Variables (RB-72-56). Princeton, NJ: Educational Testing Service, 1972, abgerufen am 7. November 2010.
  3. LISREL 8.3. In: Yale University Center for Science and Social Science Information. Abgerufen am 27. November 2014.
  4. Software, auf vpgcentral.com
  5. Karl G. Jöreskog: A General Method for Estimating a Linear Structural Equation System. Research Bulletin 70-54, Educational Testing Service, Princeton, New Jersey, S. 2–3.
  6. Die folgende Darstellung orientiert sich an Jöreskog, K., & Sörbom, D. (2001). LISREL8: User's Reference Guide. Published by Scientific Software International.
  7. K. G. Jöreskog, D. Sörbom: LISREL 8: User's Reference Guide. Scientific Software International, 2004, S. 17–25.