Lageparameter (deskriptive Statistik)

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Als Lageparameter oder Lagemaße bezeichnet man in der deskriptiven Statistik gewisse Kennzahlen einer Stichprobe, die eine zentrale Tendenz des Datensatzes zum Ausdruck bringen.[1] Im einfachsten Fall geben sie an, wo sich das Zentrum der Stichprobe befindet, also in welchem Bereich sich ein großer Teil der Stichprobe befindet. Typische Beispiele für Lageparameter sind das mittlere Einkommen und das durchschnittliche Einkommen bei Erhebungen des Einkommens.

Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Manche Autoren fordern von Lageparametern die sogenannte Verschiebungsäquivarianz.[2] Ist ein Lageparameter und ist

ein um den Wert verschobener Datensatz, so soll

gelten. Eine Verschiebung der Daten um einen gewissen Wert resultiert also immer in einer Verschiebung des Lageparameters um diesen Wert. Nicht alle Parameter, die gängigerweise als Lageparameter bezeichnet werden, erfüllen diese Bedingung. Meist werden deshalb Lageparameter umschrieben als Kennzahlen, die eine zentrale Tendenz des Datensatzes zum Ausdruck bringen.[3][1]

Wichtige Lageparameter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Modus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Modus oder Modalwert einer Stichprobe ist definiert als derjenige Wert, der am häufigsten in der Stichprobe auftritt. Treten mehrere Werte gleich häufig auf, so werden sie alle als Modus bezeichnet, der Modus ist also nicht eindeutig. Man spricht dann von multimodalen Verteilungen. Der Modus existiert für beliebige Stichproben, da er sich im Gegensatz zu den anderen Lagemaßen schon definieren lässt, wenn nur eine Nominalskala gegeben ist.

Median[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Median, mit , oder bezeichnet, ist derjenige Wert, der die Stichprobe in zwei Hälften teilt:

  • Eine Hälfte kleiner als der Median
  • Eine Hälfte größer als der Median

Dazu wird zuerst die Stichprobe der Größe der Werte nach geordnet. Der so entstandene Datensatz wird dann mit bezeichnet. Somit ist der -größte Wert der Ausgangsstichprobe. Der Median wird dann definiert als

Arithmetisches Mittel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das arithmetische Mittel, auch empirischer Mittelwert oder einfach kurz Mittelwert genannt und mit bezeichnet, ist die Summe der Merkmalsausprägungen in der Stichprobe, geteilt durch die Größe der Stichprobe (hierbei sind mehrfach auftretende Merkmalsausprägungen auch mehrfach zu summieren). Es ist also

nach Aggregation und entsprechend Vorliegen der Häufigkeiten kann

verwendet werden.
(Worin n die Größe der Stichprobe, i den Index über alle Merkmalsträger, j den Index über die Menge der möglichen Merkmalsausprägungen (Ergebnisraum) mit der Mächtigkeit m und F die absolute Häufigkeit bezeichnen).

Beispiele und Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es wird die Stichprobe

betrachtet.

Die Werte , und sind je nur einmal in der Stichprobe enthalten, die Werte und zweimal. Kein Wert wird dreimal angenommen. Damit sind die beiden Modi

und

Zur Bestimmung des Medians sortiert man die Stichprobe der Größe nach und erhält so

Es ist ungerade, also nach der Definition

.

Als arithmetisches Mittel erhält man

Existenz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vorteil des Modus ist, dass er stets existiert. So lässt sich auch bei Stichproben wie

noch der Modus zu Zebra zu bestimmen. Die Bestimmung des Medians ist hier nicht sinnvoll, da keine klar definierte Ordnung gegeben ist. Noch unsinniger wäre die Bestimmung des arithmetischen Mittels, da unklar ist, was mit gemeint ist.

In Situationen, in denen eine Ordnungsstruktur gegeben ist, ist auch der Median definiert. Auch in solchen Situationen ist das arithmetische Mittel im Allgemeinen nicht definiert, da aus dem Vorhandensein von größer/kleiner-Relationen nicht folgt, dass addiert werden kann.

Eindeutigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wie bereits im oberen Beispiel gezeigt wurde, ist der Modus im Allgemeinen nicht eindeutig. Im Gegensatz dazu ist der Median eindeutig, jedoch existieren in der Literatur leicht unterschiedliche Definitionen, welche aus verschiedenen pragmatischen Überlegungen entstammen. Daher kann bei Verwendung verschiedener Definitionen der Median auch verschiedene Werte annehmen.

Robustheit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Median ist im Gegensatz zum arithmetischen Mittel robust. Dies bedeutet, dass er sich bei Änderungen der Stichprobe in wenigen Werten – z. B. einzelnen Ausreißern – nur wenig verändert. Betrachtet man zum Beispiel die oben gegebene Stichprobe

,

so ist wie bereits gezeigt wurde und . Betrachtet man nun die Stichprobe

,

bei der nur ein Wert verändert wurde, so ergibt sich nach neuerlicher Berechnung für den Median immer noch , wohingegen für das arithmetische Mittel gilt. Der Ausreißer macht sich also beim arithmetischen Mittel stark bemerkbar, während er den Median nicht verändert.

Weitere Lagemaße[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Quartile und Quantile[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eng mit dem Median verwandt sind die sogenannten (p-)Quantile. Ein -Quantil ist als diejenige Zahl definiert, so dass ein Anteil von , also , der Stichprobe kleiner als das -Quantil sind und ein Anteil von , also , der Stichprobe größer sind als das -Quantil. Somit ist der Median genau das -Quantil.

Einige p-Quantile zu speziellen p-Werten tragen Eigennamen, zu ihnen zählen die Terzile, die Quartile, die Quintile, die Dezile und die Perzentile.

Getrimmter Mittelwert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der getrimmte Mittelwert entsteht, wenn man aus einem Datensatz einen gewissen Anteil der größten und der kleinsten Werte weglässt und aus den restlichen Daten das arithmetische Mittel bildet.

Geometrisches Mittel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch zu den Lageparametern zählt das geometrische Mittel.[4] Es ist definiert als die -te Wurzel des Produktes der Stichprobenelemente, also

für eine Stichprobe .

Harmonisches Mittel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein weiterer Lageparameter ist das harmonische Mittel.[5] Es ist gegeben als

.

Winsorisiertes Mittel und Lehmann-Hodges-Mittel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weitere Lagemaße sind das sogenannte winsorisierte Mittel und das Lehmann-Hodges-Mittel.[6]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Reinhold Kosfeld, Hans Friedrich Eckey, Matthias Türck: Deskriptive Statistik. Grundlagen – Methoden – Beispiele – Aufgaben. 6. Auflage. Springer Gabler, Wiesbaden 2016, ISBN 978-3-658-13639-0, S. 67, doi:10.1007/978-3-658-13640-6.
  2. Helge Toutenburg, Christian Heumann: Deskriptive Statistik. 6. Auflage. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 2008, ISBN 978-3-540-77787-8, S. 49, doi:10.1007/978-3-540-77788-5.
  3. Thomas Cleff: Deskriptive Statistik und Explorative Datenanalyse. Eine computergestützte Einführung mit Excel, SPSS und STATA. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage. Springer Gabler, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-8349-4747-5, S. 36, doi:10.1007/978-3-8349-4748-2.
  4. Reinhold Kosfeld, Hans Friedrich Eckey, Matthias Türck: Deskriptive Statistik. Grundlagen – Methoden – Beispiele – Aufgaben. 6. Auflage. Springer Gabler, Wiesbaden 2016, ISBN 978-3-658-13639-0, S. 89, doi:10.1007/978-3-658-13640-6.
  5. Thomas Cleff: Deskriptive Statistik und Explorative Datenanalyse. Eine computergestützte Einführung mit Excel, SPSS und STATA. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage. Springer Gabler, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-8349-4747-5, S. 44, doi:10.1007/978-3-8349-4748-2.
  6. Ulrich Krengel: Einführung in die Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik. Für Studium, Berufspraxis und Lehramt. 8. Auflage. Vieweg, Wiesbaden 2005, ISBN 3-8348-0063-5, S. 171, doi:10.1007/978-3-663-09885-0.