Lokalbahn Aktien-Gesellschaft

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Lokalbahn Aktien-Gesellschaft
Rechtsform AG
Gründung 1887
Auflösung 1938
Sitz München
Branche Verkehr

Die Lokalbahn Aktien-Gesellschaft, abgekürzt LAG, war eine in München ansässige private Gesellschaft, deren Geschäftszweck der Bau und Betrieb von Lokal- und Sekundärbahnen in Deutschland und Österreich war. Sie bestand von 1887 bis 1938.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schuldverschreibung über 1000 Mark der Localbahn-AG vom 12. März 1891
Gesetz über die Verstaatlichung der Lokalbahn-Aktiengesellschaft in München vom 16. Juni 1938

Die Gesellschaft wurde am 9. Februar 1887 von der Lokomotivfabrik Krauss & Comp. und der „Lokalbahnbau- und Betriebsunternehmung Lechner & Krüzner“ gegründet. Theodor Lechner, früher selbst Ingenieur bei Krauss & Co., wurde Direktor des neuen Unternehmens. Krauss brachte dabei die 1879/80 erbaute schmalspurige Feldabahn in Sachsen-Weimar in die neue Gesellschaft ein. Diese wurde erst am 1. Januar 1891 in die LAG integriert (Übernahme der Betriebsführung).

Die LAG entwickelte sich rasch zu einem bedeutenden Verkehrsunternehmen. Allein von 1889 bis 1891 wuchsen die Strecken um 430 Betriebskilometer. Es bestand jedoch kein zusammenhängendes Netz. Die Strecken wurden dort gebaut, wo durch Tourismus, Bodenschätze, Industrie oder Land- und Forstwirtschaft ein entsprechendes Verkehrsaufkommen erwartet werden konnte. Die LAG hatte keine Präferenz für ein bestimmtes System, es gab Dampf- und elektrischen Betrieb, Normalspur und Schmalspur und eigenes Planum oder Mitbenutzung von Straßen. Ergänzt wurden die Aktivitäten zumindest zeitweilig mit einer Zahnradbahn (Schafbergbahn) und der Dampfschifffahrt auf dem Wolfgangsee in Österreich sowie Pferde- und Kraftwagenbetrieb.

Äußerst fortschrittlich zeigte sich die LAG bei der Einführung des elektrischen Zugbetriebs: Die württembergische Bahnstrecke Meckenbeuren–Tettnang war die erste elektrisch betriebene Vollbahn in Deutschland (an deren Planung u. a. Oskar von Miller mitwirkte), auf der zugekauften Ammergaubahn MurnauOberammergau richtete sie den ersten Einphasen-Wechselstrombetrieb in Deutschland ein, zu dessen Stromversorgung sie das Wasserkraftwerk Kammerl anpasste.

Außer den eigenen Strecken in Süddeutschland besaß das Unternehmen die Mehrheit der Aktien an der Lausitzer Eisenbahn-Gesellschaft sowie Beteiligungen an der Salzkammergut-Lokalbahn-Aktiengesellschaft und der Zentralbank für Eisenbahnwerte. Letztere hatte, insbesondere über die Westungarische Lokalbahn AG, Einfluss auf zahlreiche Bahnstrecken in Ungarn mit einer Gesamtlänge von über 700 Kilometern, die von der LAG gebaut worden waren.

Niedergang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während des Ersten Weltkriegs und in den Jahren danach hatte die Gesellschaft mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen. Insbesondere der Verlust der ungarischen Strecken belastete die Bilanzen schwer. Nach Überwindung der Inflation ging es wieder aufwärts, jedoch brachten die Weltwirtschaftskrise sowie der zunehmende Wettbewerbsdruck durch Kraftwagenlinien das Unternehmen Anfang der 1930er Jahre an den Rand des Ruins.

Mit Krediten der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft, einer Kapitalherabsetzung und Verzichtleistungen der Länder Bayern und Württemberg wurde 1934 nochmals eine Sanierung erreicht, jedoch schob sie das Ende nur hinaus. Mit Wirkung zum 1. August 1938 ging das gesamte Vermögen aufgrund eines Reichsgesetzes auf das Deutsche Reich über.

Bahnstrecken in Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Normalspurbahnen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Betriebsaufnahme: 29. Juli 1888.
In Sonthofen gemeinsamer Kopfbahnhof mit den Königlich Bayerischen Staats-Eisenbahnen. Die LAG übernahm für diese auch die Betriebsführung auf deren Strecke ImmenstadtSonthofen.
Betriebsaufnahme: 1. Juni 1889. Am 18. Mai 1889 wurde schon der Leichnam der Königinmutter Marie von Bayern mit der Bahn befördert.
Betriebsaufnahme: 21. Juli 1889.
Am 1. Januar 1908 übernahm die Bayerische Staatsbahn die Strecke als Teil der späteren Bahnstrecke München–Garmisch-Partenkirchen.
Betriebsaufnahme: Fürth–Zirndorf am 30. November 1890, bis Cadolzburg am 14. Oktober 1892.
Die Bahn lag in der Niederlausitz (Ostbrandenburg und Niederschlesien, heute Polen), heute ist sie stillgelegt.
Betriebsaufnahme: Hansdorf–Priebus, 22,9 km am 1. Oktober 1895.
Rauscha–Freiwaldau, 8,4 km am 1. Dezember 1896.
Teuplitz–Sommerfeld, 19,6 km am 1. Oktober 1897.
Muskau–Teuplitz, 23,1 km am 15. Juni 1898
Priebus–Lichtenberg, 6,9 km am 1. Oktober 1913
Betriebsaufnahme: München Isartalbahnhof–München-Thalkirchen, 2,1 km am 10. April 1892 (G), am 1. Juni 1892 (P)
München-Thalkirchen–Schäftlarn, 16 km lang am 10. Juni 1891
Schäftlarn–Wolfratshausen, 7,9 km lang am 27. Juli 1891
Wolfratshausen–Beuerberg, 10,9 km lang am 15. August 1897
Beuerberg–Bichl, 13,5 km lang am 23. Mai 1898
Ab 1900 elektrischer Betrieb (600 V =) zwischen München und Höllriegelskreuth-Grünwald.
Seit 1959 sind Teilstrecken stillgelegt worden. Der Rest gehört heute zum Münchener S-Bahn Netz.
Betriebsaufnahme: 15. August 1896.
Erbaut durch Lokalbahn AG, Bad Wörishofen. Am 12. November 1905 einschließlich 2 Triebwagen und Kraftwerk von LAG gekauft und betrieben.
Betriebsaufnahme: 28. Mai 1897.
Die Lokalbahn Bad Aibling–Feilnbach wurde erbaut durch die „Actiengesellschaft Elektricitätswerke“, Dresden, die 1899 die Süddeutsche Elektrische Lokalbahnen Aktiengesellschaft (SEL) als Betreibergesellschaft gründete. Nach dem Konkurs der SEL im Jahre 1901 führte die Bayerische Staatsbahn zeitweise den Betrieb durch. Übernahme der Fahrzeuge und des Kraftwerks und Betrieb durch LAG zum 1. Januar 1904. 1959 umgestellt auf Wechselstrom 15 kV und 1973 stillgelegt.
Betriebsaufnahme: 1. Mai 1900, ab November 1898 Probefahrten.
Der vorgesehene Drehstrombetrieb konnte nicht verwirklicht werden.
Erbaut durch Fa. O. L. Kummer & Cie., Dresden. Nach deren Konkurs übernahm die Bayerische Staatseisenbahn vorübergehend den Betrieb, bis die Lokalbahn AG am 19. November 1903 Eigentümer wurde und den Betrieb anfangs mit Dampflokomotiven weiterführte.
Ab 1. Januar 1905 elektrischer Betrieb mit 5,5 kV 16 Hz Wechselstrom.
Betriebsaufnahme: 4. Dezember 1895 mit 2 Triebwagen. Bis 1926 eigenes Kraftwerk, dem Schussenkraftwerk. Ab 1. Februar 1962 Schienenbusbetrieb.
Stilllegung: 30. Mai 1976.

Schmalspurbahnen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Betriebsaufnahme: Salzungen–Dorndorf–Lengsfeld, 19,7 km lang, 1. Juni 1879 (Güterverkehr), 22. Juni 1879 (Personenverkehr).
Dorndorf–Vacha, 5 km lang, 10. August 1879.
Lengsfeld–Dermbach, 8,8 km lang, 6. Oktober 1879.
Dermbach–Kaltennordheim, 10,6 km lang, 24. Juni 1880 (Güterverkehr), 1. Juli 1880 (Personenverkehr).
Die Bahn wurde am 20. Mai 1902 von der Preußischen Staatseisenbahn übernommen und von Salzungen über Dorndorf nach Vacha am 7. Juli 1906 in Regelspur in Betrieb genommen.
Betriebsaufnahme des Schmalspurteils (1.000 mm): Ravensburg–Weingarten, 4,1 km lang, 6. Januar 1888 (P), 15. Juli 1888 (G).
Verlängerung bis Baienfurt am 13. September 1911 um 2,5 km.
Anfangs Dampfbetrieb, ab 1. September 1910 elektrischer Betrieb 700 V =.
Stilllegung des Schmalspurbetriebs in zwei Abschnitten am 22. Februar 1959 (Ravensburg–Weingarten) und am 30. Juni 1959 (Weingarten–Baienfurt).
Betriebsaufnahme des Regelspurteils mit Güterverkehr: Niederbiegen–Baienfurt–Weingarten am 1. Oktober 1911, davon 0,9 km Dreischienengleis mit der Straßenbahn. Dampfbetrieb.
  • Walhallabahn, Spurweite 1.000 mm, 23,4 km lang, Dampfbetrieb.
Walhallabahn Endbahnhof Wörth an der Donau
Betriebsaufnahme: Stadtamhof/Regensburg–Donaustauf, 8,7 km lang, 23. Juni 1889 (P), 1. Mai 1892 (G).
Donaustauf–Wörth/Donau, 14,7 km lang, 1. Mai 1903.
Ab 1911/12 Rollbockverkehr. Ab 1955 Betrieb durch Diesellokomotiven.
Einstellung des Personenverkehrs am 1. Oktober 1960. Gesamtstilllegung 31. Dezember 1968.
Betriebsaufnahme: 8. Mai 1893 mit Fabrikanschlüssen im Stadtgebiet Forst (Lausitz).

Lokomotiven und Wagen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tenderlokomotive Füssen der Lokalbahn Aktien-Gesellschaft

Die LAG erhielt von der Lokomotivfabrik Krauss & Co. insgesamt 89 Tenderlokomotiven, von denen 1938 noch 50 Maschinen zur Deutschen Reichsbahn kamen. Die Normalspurmaschinen wurden überwiegend in die Baureihe 98 eingereiht. Außerdem gingen 5 Elektroloks und 14 Triebwagen der Normalspur und 6 Schmalspur-Triebwagen an die DR.

An Personenwagen wechselten 133 Normalspurwagen und 34 Schmalspurwagen zur DR. Packwagen und Güterwagen werden bei der Normalspur mit 228 und bei der Schmalspur mit 40 angegeben. Außerdem erhielt die Reichsbahn noch 74 Rollböcke.

Aus dem Jahr 1889 ist die Tenderlokomotive Füssen betriebsfähig erhalten.

Besonderes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aussichtsturm, im Volksmund „Bleistift“ genannt

Neben dem Bau und Betrieb von Eisenbahnstrecken sah das Unternehmen die Belebung des Ausflugsverkehrs in einigen Regionen als seine Aufgabe. So errichtete die Gesellschaft unter anderem Gebäude wie den 1893 bei Cadolzburg erbauten Aussichtsturm, im Volksmund „Bleistift“ genannt, um den Ausflugsverkehr nach Cadolzburg zu fördern.[1]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gerd Wolff: Deutsche Klein- und Privatbahnen. Band 7: Bayern. EK-Verlag, Freiburg 2002, ISBN 3-88255-666-8, S. 243–359.
  • Stephan Kuchinke: Die Localbahn Aktiengesellschaft. Eine bayerische Privatbahn und ihre Geschichte. Transpress, Stuttgart 2000, ISBN 3-613-71125-7.
  • Josef Dollhofer: Das Walhalla-Bockerl. Geschichte der Walhallabahn. Buchverlag der Mittelbayerischen Zeitung, Regensburg 1995, ISBN 3-921114-30-6.
  • Hermann Bürnheim: Localbahn A.-G. München. Zeunert, Gifhorn 1974, ISBN 3-921237-21-1 (Kleinbahn-Bücher).
  • Die deutschen Eisenbahnen in ihrer Entwicklung 1835–1935. Deutsche Reichsbahn. E. S. Mittler, Berlin 1935.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Sylvia Fehlinger: Wandern bei Cadolzburg. In: nordbayern.de. 15. Oktober 2011, abgerufen am 29. April 2016.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]