Nana (Manet)

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Nana (Édouard Manet)
Nana
Édouard Manet, 1877
Öl auf Leinwand
154 × 115 cm
Kunsthalle Hamburg
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Nana ist ein Bild des Malers Édouard Manet. Es entstand 1877 und zeigt eine junge Frau, die halbbekleidet in ihrem Boudoir steht und sich vor einem Spiegel schminkt. Modell stand die Schauspielerin Henriette Hauser.

Beschreibung

In der Mitte der Leinwand steht Nana. Den Körper hat sie nach links einem Spiegel zugewandt, vor dem sie sich in aller Ruhe pudert. Ihr Gesicht ist indes zum Betrachter gedreht, dem sie unbefangen in die Augen schaut, als suche sie ein Einvernehmen mit jedem, der sich gemeinsam mit ihr anderen überlegen fühlt. Hinter ihr und vom rechten Rand des Bildes in der Mitte durchgeschnitten sitzt angespannt ein Herr mit Frack und Hut, der Nanas Nonchalance beim Zeitverbrauch ungeduldig zu erleiden scheint. Nana trägt, was Männern in moderner Form auch heute noch gefällt: Ein Korsett, das Taille und Hüfte betont, einen Unterrock, der bei jedem Schritt raschelt und dessen leuchtendes Weiß an die Jungfräulichkeit einer Braut vor der ersten Nacht erinnert, Seidenstrümpfe – hier in Taubenblau - und Schuhe mit Absätzen, was die Fessel schlanker macht und die Wade leicht hebt. Zur Einrichtung des Zimmers, in dem die Szene spielt, gehört ein großes Sofa - immerhin darf der Herr im Frack beim Warten sitzen -, es gehören zwei erloschene Kerzen, zwei Kissen auf dem Sofa und eine Wandtapete dazu, die wohl Wasser zeigt und einen Ibis, der sein Gefieder inspiziert. Ganz links liegt ein Stück weiß-blauer Wäsche über einen Stuhl geworfen, dahinter steht ein Tisch, der im gleichen Stil gezimmert ist wie das Sofa und darüber schwebt ein Blumentopf, der die Regeln der Schwerkraft für nebensächlich hält. Ob der Mann auf dem Bild tatsächlich ein „Beschützer“ ist und nicht doch ein Günstling, der für Nanas Gunst bezahlt, bleibt dahingestellt, auch wenn schon so geredet wurde, als sei das eine abgemachte Sache[1]. Und dass Nanas Schultern so rundlich sind, dass selbst Renoir seine Staffelei für ein Schäferstündchen im Stich gelassen hätte [2], müssen all jene Manet verzeihen, deren Phantasie Feingliedrigkeit mehr als pralles Fleisch belebt.

Vor dem Spiegel

Édouard Manet:
Vor dem Spiegel (1876)

Kurz bevor die Nana das Licht der Welt erblickte, die eben noch beschrieben wurde, malte Manet Vor dem Spiegel. Dort sehen wir ein Frauenzimmer, das Nana wie zum Verwechseln ähnlich sieht. Wir sehen das Korsett, wir sehen rotblondes Haar, runde Schultern und das weiße Tüll des Unterrocks. Das kann nur Nana sein! Und wenn nicht, dann ist es eben ihre Zwillingsschwester! Im Gegensatz zur originalen Nana fällt bei der Frau vor dem Spiegel auf, wie grob und scheinbar skizzenhaft die Pinselführung ist. Das war aber keine Schlamperei des Malers, weil er es beim Malen eilig hatte. Es war gewollt, weil nicht nur das Motiv der halbnackten Kurtisane, sondern auch die derbe Wucht des Pinselstrichs die Dinge mit drastischer Deutlichkeit und jenseits der Pikanterie der anerkannten Salonkunst beim Namen nannte[3].

Reaktion der Kritik

Obwohl schon 14 Jahre zuvor Manets Olympia die Gemüter in Paris empörte, war Nana ein neuer Skandal. Es wundert daher nicht, dass der Salon de Paris auch ihr den Zutritt verbot und Manet sie auf eigene Faust in ein Schaufenster des Hauses Giroux auf dem Boulevard des Capucines platzierte. Dort bekam sie aber regen Zulauf, da in Paris zwar alle wussten, was in frivolen Salons geschah, es drastisch bildhaft zu benennen jedoch immer noch als Tabubruch galt. Was die Zeitschrift Tintamarre[4] behauptete, dass Manets Nana nämlich von Zolas Nana inspiriert sei, ist aber bestenfalls zur Hälfte wahr, denn Zolas berühmter Roman über eine sich selbst zerstörende Kokotte, die von Männern ebenso abhängt, wie sie mit deren Begierden spielt, erschien im ersten Abdruck erst zwei Jahre nachdem Manets Nana am Boulevard des Capucines durchs Schaufenster der versammelten Sensationslust entgegenblickte. Immerhin: Zola hatte schon im Totschläger (L’Assommoir) seiner Nana ein Kapitel gewidmet[5], sodass man trotz bestehender Zweifel daran vermuten darf, dass Manets Nana nicht nur durch Zufall genauso wie die Nana aus Zolas literarischer Gedankenwelt heißt. Während sich die einen aber wie so oft in Anbetracht impressionistischer Bilder empörten, waren andere durchaus begeistert. Martold zum Beispiel schrieb über Verewiger ihrer Epochen. Er zählte bis 1877 fürs laufende Jahrhundert davon bloß zwei: Der eine hatte geschrieben und hieß Balzac, den anderen sah er in Manet[6].

Literatur

Belege

  1. Gilles Néret, Manet, Seite 76
  2. ebenda
  3. Hajo Düchting: Manet, Pariser Leben, Seite 60
  4. ebenda Seite 54
  5. Pierre Courthion: Manet, Seite 102
  6. Gilles Néret, Manet, Seite 76