Othering

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Der Begriff Othering (von engl. other "andersartig") beschreibt den Gebrauch von und die Distanzierung oder Differenzierung zu anderen Gruppen, um seine eigene "Normalität" zu bestätigen. Eine zufriedenstellende deutsche Übersetzung existiert nicht. Julia Reuter hat vor einiger Zeit othering als Veranderung übersetzt. Ob sich dieser Vorschlag durchsetzen wird, bleibt abzuwarten.

Othering beschreibt den Prozess, sich selbst bzw. sein soziales Image positiv hervorzuheben, indem man einen anderen, etwas anderes negativ brandmarkt und als andersartig, das heißt "fremd" klassifiziert. Derjenige differenziert sich oder seine Gruppe von anderen, sei es wegen der Rasse, des Geschlechts, der geographischen Lage, der Ethnie, der Umwelt, der sozialen Stellung, der Klassenzughörigkeit, der Spezies oder der Ideologie. In dieser Differenzierung liegt potenzielles hierarchisches und stereotypisches Denken, um seine eigene Position zu verbessern und als richtig darzustellen.

Othering ist somit ein Akt, sich mit anderen zu vergleichen und zur gleichen Zeit sich von ihnen zu distanzieren, wobei man meint, dass Menschen und Gesellschaften, deren Leben und historische Erfahrungen von der eigenen abweichen, sich von der eigenen unterscheiden (was wahr ist) und minderwertig oder nicht verständlich sind (was nicht immer wahr ist). Man befürchtet außerdem, dass sich fremde Einflüsse auf die eigene Kultur ausweiten und sie damit bedrohen könnten. Bezeichnet sich eine Gruppe als "von Gott ausgewählt", grenzt sie sich von den nicht Erwählten ab, geht aber auch das Risiko ein, von den anderen untergraben zu werden.

Maureen Maisha Eggers beschreibt den Prozess des Othering u.a. am Exotismus: "in dieser Form des Othering (also des Exotismus, Anm. a.) verschwindet der Andere als Subjekt und wird zur bloßen Projektionsfläche des Selbst."

Die Herkunft vermutet man in Hegels Begriff der Andersheit, er wurde jedoch wesentlich von Irit Rogoff geprägt.

Siehe auch

Literatur

  • Julia Reuter, "Ordnungen des Anderen. Zum Problem des Eigenen in der Soziologie des Fremden", Transcript Verlag, Bielefeld 2002
  • Oudshoorn, Nelly (2004): Eine natürliche Ordnung der Dinge? Reproduktionswissenschaften und die Politik des ›Othering‹. In: Lenz, Ilse; Mense, Lisa, Ullrich, Charlotte (Hrsg.): Reflexive Körper?–Zur Modernisierung von Sexualität und Reproduktion. Opladen.
  • Kerstin Gernig (Hg.) (2001): Fremde Körper. Zur Konstruktion des Anderen in europäischen Diskursen. Berlin: Dahlem University Press.
  • Maureen Maisha Eggers (2005): Rassifizierte Machtdifferenz als Deutungsperspektive in der kritischen Weißseinsforschung in Deutschland. Zur Aktualität und Normativität diskursiver Vermittlungen von hierarchisch aufeinander bezogenen rassifizierten Konstruktionen. In: Maureen Maisha Eggers, Grada Kilomba, Peggy Piesche, Susan Arndt (Hg.) (2005): Mythen, Masken und Subjekte. Kritische Weißseinsforschung in Deutschland, Münster, ISBN 3-89771-440-X