Pauline von Obrutschew

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Pauline von Obrutschew (russisch Полина Карловна Обручева Polina Karlowna Obrutschewa, geborene Pauline Gaertner (?); * um 1842 in Reval (?), Gouvernement Estland, Russisches Kaiserreich; † 1917) war eine deutschbaltische Schriftstellerin.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pauline stammte aus einer deutschen Familie, die genaue Herkunft ist unklar. Sie wuchs bei Verwandten auf und erhielt eine gute Erziehung. Danach trat sie als Gouvernante in den Dienst von General Alexander Obrutschew für eine seiner Töchter.

Dort lernte sie dessen Sohn Afanassi kennen, den sie bald heiratete. Ab 1863 lebte die Familie in verschiedenen Orten in Russisch-Polen, wohin ihr Mann als Offizier nach dem dortigen Aufstand abkommandiert wurde, unter anderem in Brest, Radom und Wilna. Pauline von Obrutschew erzog ihre Kinder mit anspruchsvollem Unterricht. Sie sprach mit ihnen deutsch, an einigen Tagen französisch. Sie achtete sehr auf Disziplin und Strukturen.[1]

Nach dem Tod des Mannes 1881 zog Pauline von Obrutschew in ihre angebliche Heimatstadt Reval, wo sie spätestens seit 1898 wahrscheinlich bis zu ihrem Tod lebte.[2] Sie war Mitglied im Deutschen Verein in Estland.[3]

Ehe und Nachkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Paula und Afanassji Obrutschew hatten sieben Kinder[4]

  • Alexander Obrutschew (1862–1898)
  • Wladimir Obrutschew (1863–1956), wurde ein bedeutender Geologe in Sibirien
  • Nikolai Obrutschew (1864–1929), wurde ein Generalleutnant der russischen Armee
  • Maria Obrutschewa (–1955)
  • Natalja Obrutschewa
  • Anna von Obrutschew (Obroutcheff), veröffentlichte Märchen, Reval 1894 Digitalisat[5]
  • Ekaterina Obrutschewa

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Paula Obroutscheff (= Obrutschew) verfasste einige Novellen (und Romane?), die sie in der St. Petersburger Zeitung und dem St. Petersburger Herold publizierte. Außerdem veröffentlichte sie zwei Bücher, in denen sie Briefe ihres Sohnes Wladimir von dessen Reisen durch Sibirien und weitere Literatur verwendete (unter dem Pseudonym O. O.).

  • Sibirische Briefe. Eingeführt von Paul von Kügelgen, Duncker & Humblot, Leipzig, 1894 Digitalisat[6]
  • Sibirische Erzählungen, Duncker & Humblot, Leipzig, 1894

Unsichere Herkunft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pauline gab an, dass ihr Geburtsname Gaertner sei und sie in Reval geboren wurde.[7] Ihr Vatersname war Karlowna, wonach der Vater Carl geheißen haben muss. Ihr Sohn Wladimir Obrutschew gab an, ihr Vater sei lutherischer Pastor gewesen, allerdings ohne weitere Details, ohne Namen und Ort.[8] Ein Pastor Carl Gaertner ist aber in Reval und ganz Estland unbekannt, es gab auch keinen solchen Theologiestudenten in Dorpat, für den Familiennamen Gaertner ist im gesamten Baltikum für diese Zeit bisher keine einzige Person bekannt.[9][10]

Also sind diese behaupteten Angaben zusammengenommen wahrscheinlich falsch. Pauline von Obrutschew war eine gebildete Frau, die mit ihren Kindern tageweise französisch sprach und die einen bedeutenden Geologen als Sohn hatte. Sie muss aus einem gebildeten und sozial hochstehenden Umfeld gekommen sein, da sie einen russischen Adligen heiratete. Darum ist es unverständlich, warum ihr Vater nicht feststellbar ist. Es gibt die Möglichkeit, dass sie eine uneheliche Tochter einer hochstehenden Persönlichkeit war und diese nicht bekannt geben durfte. Deshalb könnte sie die Legende von einem Pastor erfunden haben, der bei dem Versuch, unkontrollierte Pferde einer Kutsche mit einer Frau und deren Kind aufzuhalten, in jungen Jahren gestorben sei.[11] Oder sie wollte eine angebliche baltendeutsche Herkunft behaupten, stammte aber tatsächlich aus einer anderen Gegend.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Владимир Афанасьевич Обручев: Сочинения в чeтирьeх томах. Том 4. Терра, Москва 2009. С. 235–239, Воспоминания, mit ausführlichen Erinnerungen von Wladimir Obrutschew an seine Kindheit und die Mutter
  2. Adreßbuch für Estland, Reval 1913, S. 63 Digitalisat, mit Eintrag Pauline von Obrutschew, Dompromenade 19; auch bei Sophie Pataky, 1898
  3. Mitglieder des Deutschen Vereins in Estland, 1913 Forum Ahnenforschung, zitiert aus Broschüre von 1913 (antiquarisch erhältlich)
  4. Pauline von Obrutschew; dort angebliche Eltern Carl Gottlieb Gaertner und Anna Catharina Bast; ansonsten aber korrekte Zitate aus Obrutschew-Biographie
  5. Sophie Pataky: Lexikon deutscher Frauen der Feder, Band 2, 1898, S. 100 Text
  6. Поступальская М. И. Обручев. Москва 1963. С. 49 Text (deutsch@1@2Vorlage:Toter Link/unotices-com.translate.goog (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2024. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.). Über die Entstehung dieses Buches, das nur in deutscher Sprache erschien
  7. Sophie Pataky, 1898, S. 100; wahrscheinlich die einzige historische Erwähnung ihres angeblichen Geburtsnamens, da dort auch andere falsche Angaben stehen (Iwan statt Afanassji als Vorname des Ehemanns, angebliche preisgekrönte Romane, die nirgends feststellbar sind), ist diese Angabe durchaus unsicher. Ihr Sohn Wladimir Obrutschew erwähnte in seinen Erinnerungen in dem Kapitel über sie keinen Namen, wahrscheinlich auch nicht an einer anderen Stelle; der Name Gaertner ist aber der russischen Forschung zu seiner Biographie bekannt, wahrscheinlich durch Pataky
  8. Владимир Афанасьевич Обручев: Сочинения. Том 4. 2009. С. 235; zitiert in Wladimir Obrutschew Enziklopedia Narod (übersetzt), neben 2. Foto, dort mit Namen; siehe auch Мурзаев Э. М., Обручев В. В., Рябухин Г. Е.: Владимир Афанасьевич Обручев (1863—1956) Изд. 2-е, М., Наука, 1986, 208 Seiten, ausführliche Biographie
  9. Hugo Richard Paucker: Ehstlands Geistlichkeit, 1849, Register (wahrscheinlich vollständiges Verzeichnis); kennt keinen Gaertner, auch nicht im Nachfolgeband von Eduard Peter Paucker: Ehstlands Kirchen und Prediger, 1885; sowie im Matrikelverzeichnis der Universität Dorpat
  10. Adelheim, mehrere Bände mit genealogischen Verzeichnissen aus Reval, nennt keine Person Gaertner für diese Zeit, auch nicht das Baltische Biographische Lexikon und die Erik-Amburger-Datenbank
  11. Obrutschewm, Erinnerungen, S. 135, erzählt diese Geschichte, vgl. textgenau Wladimir Obrutschew Enziklopedia Narod (übersetzt), neben 3. Foto