Philip de Chiese

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Schloss Caputh

Philip de Chiese, auch Philipp de Chièze, Philippo di Chieze, Filippo di Chieze, Filippo di Chiefa oder Philippe de La Chièze (* 1629 im Piemont; † 1679 in Ostpreußen), war Kammerjunker, Baumeister und Generalquartiermeister im Dienst des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg.

Leben und Werk

Philip de Chiese wurde 1629 im Piemont geboren. Er stammte aus einer angesehenen hugenottischen Familie. Im Jahre 1660 kam er, nachdem er aus schwedischen Diensten ausgeschieden war, in das Kurfürstentum Brandenburg. Unter dem Großen Kurfürsten war er zuerst Kammerjunker und ab 1664 Generalquartiermeister. Im Auftrag des Großen Kurfürsten wirkte er als Baumeister und Architekt, unter anderem beim Potsdamer Stadtschloss besonders aber an Kanal und Festungsbauten mit. Dieser überließ ihm 1662 das Gut und das desolate Bauwerk des späteren Schlosses Caputh. Er ließ das während und nach dem Dreißigjährigen Krieg verfallene Gebäude im frühbarocken Baustil wiedererrichten. 1667 gingen das Schloss Caputh und das Gut mit sämtlichen Ländereien und Weinberg zurück an den Großen Kurfürsten. Chiese erhielt dafür einen 150 Hufen (ca. 2600 Hektar) umfassenden Landbesitz im Memeldelta in Ostpreußen, aus dem später die Grafschaft Rautenburg hervorging.

Grafschaft Rautenburg und Lage von Schloss Rautenburg an der rechten Seite der Gilge im Landkreis Niederung (Kreisgrenzen bis 1920 in rot, heutige litauisch-russische Grenze in gelb. Diese Grenzziehung entspricht auch der nördlichen Kreisgrenze nach Abtrennung des Memellands 1920.)

Der Witwer Chiese heiratete dort 1669 die 19-jährige Luise Katharina von Rautter,[1] aus dem Hause Rautter-Willkamm [2]. Das Schloss in Ostpreußen, das er errichten ließ, nannte er zu Ehren seiner Frau Rautenburg. Chiese hatte dem Großen Kurfürsten versprochen, eine Gegend um Lappienen (später Alt Lappienen, 1938 bis 1946 Rauterskirch) [3] zu entwässern und trockenzulegen und so der landwirtschaftlichen Nutzung zuzuführen. Nach dem plötzlichen Tod von Philip de Chiese 1679 heiratete seine Witwe den Reichsgrafen Wolfgang Christoph Truchsess von Waldburg.

Bauwerke

Philip de Chiese wurde mit zahlreichen Bauvorhaben betraut. Aus der Literatur geht jedoch nicht immer eindeutig hervor, ob er als Baumeister / Architekt oder als Baubeauftragter bzw. Bauverantwortlicher im Auftrag des Großen Kurfürsten tätig war. An zahlreichen Bauwerken soll er verantwortliche Aufgaben innegehabt haben. Zu den größeren Bauvorhaben zählen das Berliner und Potsdamer Stadtschloss, welches er von 1660 bis 1673 als Baumeister betreute und dort maßgeblich die Hauptfassade mit der grünen Treppe gestaltete.[4] Weiter war er mittätig an einem älteren Flügel des Berliner Münzgebäudes und an Festungsbauten in Küstrin, Stargard und Kolberg. Seine Mitarbeit am Friedrich-Wilhelms-Kanal, einem Teil des späteren Oder-Spree-Kanals, ist verbürgt.[5] In seiner späteren Heimat Ostpreußen ließ er einen Kanal anlegen zwischen der Gilge (heute Matrosowka), einem Mündungsarm der Memel und der Deime (heute Dejma) zur Schiffbarmachung und zur Entwässerung des Gebietes. Nach dem Tod von de Chiese führte seine Witwe die Fertigstellung des ca. 6 km langen Kleinen Friedrichsgraben (heute Nemomienskij-Kanal) fort. Gleichzeitig wurden Deiche und Dämme gebaut. Diese ermöglichten erst in dem Gebiet eine ertragsichere Landwirtschaft.

Erfinder einer bekannten Kutsche

Philip de Chiese gilt außerdem als Erfinder einer in der Barockzeit sehr bekannten Pferdekutsche, der so genannten Berline oder Berliner Kalesche. 1683 schenkte der Kurfürst dem französischen Sonnenkönig Ludwig XIV. ein vergoldetes Exemplar.[6] Volksetymologisch wird der Ausdruck „Scheese“ für eine Kutsche oder ein altes Auto auf den angeblichen Erfinder dieser Kutsche bezogen;[7] zur eigentlichen Herkunft siehe Chaise.

Literatur

  • Hans-Joachim Uhlemann: Berlin und die Märkischen Wasserstraßen. Deutscher Segler Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-88412204-5.
  • Karl Eduard Vehse: Geschichte der deutschen Höfe seit der Reformation. Hamburg 1851–1858.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Katarina von Rautter
  2. http://www.frontflieger.de/3previ0t.html
  3. http://www.kreis-elchniederung.de/
  4. Karl Eduard Vehse, Geschichte der deutschen Höfe seit der Reformation, 1851, S. 138 f.
  5. Uhlemann: Berlin und die Märkischen Wasserstraßen, alte Ausgabe Berlin 1987, Seite 74 Punkt 5.2. f.f.
  6. Vehse: Geschichte der deutschen Höfe seit der Reformation, 1851, S. 139.
  7. Ewaldt Harndt: Französisch im Berliner Jargon, 1971, S. 51.