Antibakterielle photodynamische Therapie

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Bei der antibakteriellen photodynamischen Therapie (aPDT), auch photoaktivierte Desinfektion genannt, handelt es sich um ein neues in der Zahnmedizin verwendetes Verfahren zur unterstützenden Behandlung von bakteriellen Infektionen bei Parodontitis. Wie bei der photodynamischen Therapie in anderen Fachbereichen kommt dabei Licht in Kombination mit einer lichtaktivierbaren Substanz, einem so genannten Photosensibilisator und vorhandenem Luftsauerstoff zum Einsatz.

Der Theorie zufolge soll die PDT vor allem gegen Bakterien in Biofilmen wirken, in die konventionell angewendete Antibiotika schlecht eindringen können.[1] Klinischen Phase-I-Studien an wenigen Patienten zufolge soll die Methode möglicherweise kurzfristig bessere Ergebnisse als die alleinige Standardbehandlung (Débridement und Wurzelglättung) erbringen, allerdings waren die Unterschiede nicht immer signifikant. Ein Entfernen von Konkrementen wird jedoch unverändert empfohlen, da die bakterielle Rekolonisation sonst schneller erfolgt. Als weitere mögliche Einsatzgebiete werden Karies, Infektionen der Mundhöhle, und Periimplantitis (Infizierte Zahnimplantate) diskutiert.[2] Ein aktuelles Lehrbuch für Kieferchirurgie empfiehlt den Einsatz bei Wundheilungsstörungen bei der Bisphosphonatassoziierten Knochennekrose.[3]

Größere kontrollierte Studien oder Metaanalysen liegen nicht vor (Stand 2014). Obwohl das Konzept plausibel erscheint, sind einige Fragen ungeklärt. Die wissenschaftlichen Zentren zögern, Studien mit großen Fallzahlen aufzulegen.[4] Auch wenn die Datenlage vielversprechend ist, sind die Geräte und Methoden für eine generelle Anwendungsempfehlung nicht ausgereift genug.[5]

Weitere Anwendungsgebiete[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einige Photosensibilisatoren wurden chemisch so modifiziert, dass sie aktiv, durch eine enzymkatalisierte Reaktion, in die Membran von Mykobakterien eingebaut werden. Diese Moleküle zeigen vielversprechende in-vitro-Aktivität und sind potenzielle Kandidaten für ein zielgerichtetes Wirkstoffdesign.[6] Darüber hinaus hat die antibakterielle photodynamische Therapie das Potenzial, multiresistente pathogene Bakterien sehr effektiv abzutöten, und ist bekannt für ihr geringes Potenzial, Arzneimittelresistenzen bei Bakterien zu induzieren, die sich gegenüber der herkömmlichen Antibiotikatherapie schnell entwickeln können.[7]

Verfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bakteriell infizierte Bereiche, zum Beispiel Zahnfleisch- und Knochentaschen, Wundflächen oder Wurzelkanäle werden zunächst professionell gereinigt, um die Beläge und krankes Gewebe bestmöglich zu entfernen. Danach werden die Biofilme in diesen Bereichen und die enthaltenen entzündungsauslösenden Mikroorganismen mit Hilfe einer speziellen Farbstofflösung, dem Photosensitizer, angefärbt und schließlich mit einem Niedrigenergielaser belichtet. Die ausgelöste photodynamische Reaktion führt zur Bildung von Singulettsauerstoff (O12), einem aggressiven Sauerstoff, der die Bakterienwand und damit das Bakterium zerstört.

Das Verfahren gilt als schmerz- und nebenwirkungsfrei, da O12 nur 0,1 µm diffundiert und äußerst kurzlebig (10−9 Sekunden) ist.[3]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Michael R. Hamblin, Giulio Jori, Donat P. Hader (Hrsg.): Photodynamic Inactivation of Microbial Pathogens: Medical and Environmental Applications. Royal Society of Chemistry, 2011, ISBN 978-1-84973-144-7.
  • Rolfdieter Krause, Rainer Stange (Hrsg.): Lichttherapie. Springer-Verlag, 2012, ISBN 978-3-642-16939-7.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. A. Taraszkiewicz, G. Fila u. a.: Innovative strategies in overcoming biofilm resistance. In: S. M. Abu Sayen: Biofilm Control and Antimicrobial Agents. CRC Press, 2014, ISBN 978-1-77188-002-2, S. 337–350 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. S. Rajesh, E. Koshi u. a.: Antimicrobial photodynamic therapy: An overview. In: Journal of Indian Society of Periodontology. Band 15, Nummer 4, Oktober 2011, ISSN 0975-1580, S. 323–327, doi:10.4103/0972-124X.92563, PMID 22368354, PMC 3283927 (freier Volltext).
  3. a b Norbert Schwenzer, Michael Ehrenfeld: Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie. Georg Thieme Verlag, 2010, ISBN 978-3-13-163084-1, S. 178 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. R. Malik, A. Manocha, D. K. Suresh: Photodynamic therapy–a strategic review. In: Indian journal of dental research: official publication of Indian Society for Dental Research. Band 21, Nummer 2, 2010, ISSN 1998-3603, S. 285–291, doi:10.4103/0970-9290.66659, PMID 20657102 (Review).
  5. J. Pratten, V. Benhamou, C. Street: Antimicrobial photodynamic therapy (aPDT) for oral infections. In: Michael R. Hamblin, Giulio Jori, Donat P. Hader: Photodynamic Inactivation of Microbial Pathogens: Medical and Environmental Applications. Royal Society of Chemistry, 2011, ISBN 978-1-84973-144-7, S. 329–354 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. A. K. Dutta, E. Choudhary, X. Wang, M. Záhorszka, M. Forbak, P. Lohner, H. J. Jessen, N. Agarwal, J. Korduláková, C. Jessen-Trefzer: Trehalose Conjugation Enhances Toxicity of Photosensitizers against Mycobacteria. In: ACS central science. Band 5, Nummer 4, April 2019, S. 644–650, doi:10.1021/acscentsci.8b00962, PMID 31041384, PMC 6487467 (freier Volltext).
  7. Y. Liu, R. Qin, S. A. Zaat, E. Breukink, M. Heger: Antibacterial photodynamic therapy: overview of a promising approach to fight antibiotic-resistant bacterial infections. In: Journal of clinical and translational research. Band 1, Nummer 3, Dezember 2015, S. 140–167, PMID 30873451, PMC 6410618 (freier Volltext) (Review).