Raizen

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Raitzen, Ratzen oder Rascier, venezianisch Rassiani. ungarisch Racz sind historische Bezeichnungen für Serben, die bis ins frühe 19. Jahrhundert verwendet wurden und von der historischen Region Raszien abstammen.

Karte aus dem Jahr 1661, Rascia wurde zwischen Donau und Save bzw. Donau und Bârzava lokalisiert

Im 15. Jahrhundert begann im Königreich Ungarn die Ansiedlung von aus dem Osmanischen Reich geflüchteten orthodoxen Slawen. Es entstanden große raizische Gemeinden während der Herrschaft der Könige Sigismund, Matthias Corvinus, des Reichsverwesers János Hunyadi und vor allem unter König Leopold I. in Buda, Pest, Komárom, Esztergom, Szentendre und Arad. Im Türkenkrieg von 1683 bis 1699 flüchteten Tausende orthodoxe Slawen aus dem Osmanischen Reich nach Norden. Leopold I. erlaubte der raizischen Communität die Ansiedlung und sicherte Religionsfreiheit zu. Der geflohene Patriarch von Peć, Arsenije III. Črnojević, war von 1691 bis 1706 erster Metropolit in Ungarn mit Sitz in Szentendre.[1]

Heute gibt es noch einige ungarische Orte, deren ungarische Namen mit der Vorsilbe Rác beginnen und einen Hinweis auf ihre raizische Vergangenheit geben, zum Beispiel Rácalmás, Ráckeresztúr und Ráckeve. Der alte deutsche Name Raitzenstadt für Novi Sad bezog sich auf die Raizen. Im heutigen ersten Bezirk der Stadt Budapest wurde der Bezirksteil Tabán wegen seines hohen slawischen Anteils von deutschen Einwohnern Raizenstadt genannt. Auch die Wiener Vorstadt Magdalenengrund hieß früher Razenstadl.[2][3] Der Familienname Rácz bezieht sich auch auf die Raizen. Bedeutende Persönlichkeiten der raizischen Bevölkerung waren u. a. Teodor Janković-Mirijevski, der in Karlóca geborene Jovan Rajić und Dositej Obradović aus Csák.[4]

Einzelnachweise

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  1. Michael W. Weithmann: Balkan Chronik. 2000 Jahre zwischen Orient und Okzident. Pustet, Regensburg 1995, ISBN 3-7917-1447-3, S. 179 u.195.
    Edgar Hösch: Geschichte der Balkanländer. Von der Frühzeit bis zur Gegenwart. C. H. Beck, München 1988, ISBN 3-406-33364-8, S. 147 u.148.
    Martin Schulze Wessel: Nationalisierung der Religion und Sakralisierung der Nation im östlichen Europa. Franz Steiner, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-515-08665-3, S. 207 in der Google-Buchsuche
    Karl Freiherr von Czoernig, Hrsg.: k. k. Direction der administrativen Statistik: Ethnographie der österreichischen Monarchie. III. Band. k. k. Hof- u. Staatsdruckerei, Wien 1857, S. 93 in der Google-Buchsuche
    Geschichte der Serbisch-orthodoxen Kirche in Österreich
  2. Magdalenengrund (Vorstadt) im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
  3. Franz Horch: Familie Wessely. In: Die Bühne / Die Wiener Bühne, Heft 449/1937, S. 6 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/bue
  4. Erich Burghardt: Durch geschichtliche Krisen. Ein Leben zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert. Böhlau, Wien 1998, ISBN 3-205-98794-2, S. 24. in der Google-Buchsuche
    Die Raitzen. In: Brockhaus (Hrsg.): Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch. 1. Auflage. Band 4: R. Kunst- und Industrie-Comptoir, Amsterdam 1809, S. 37–38 (Digitalisat. zeno.org).
    Neuer und vollständiger Führer durch Pest-Ofen. Hoffmann & Molnár, Pest 1870, S. 29. in der Google-Buchsuche
    Anita Rácz: Ethnic groups an settlement names in Hungary. (PDF) Institut für Linguistik der Ungarischen Akademie der Wissenschaften.
    Anita Rácz: Szláv népneveink jelentéstörténetéhez. (PDF; 0,2 MB) C3 Center for Culture & Communication Budapest.