Rochus von Liliencron
Rochus Wilhelm Traugott Heinrich Ferdinand Freiherr von Liliencron (* 8. Dezember 1820 in Plön; † 5. März 1912 in Koblenz) war ein Germanist und Musikhistoriker, der die deutsche Volksliedforschung begründete und als Herausgeber der monumentalen Allgemeinen Deutschen Biographie bekannt geworden ist.
Leben
Rochus von Liliencron verbrachte Kindheit und Jugend auf Gut Dollrott, in Preetz, Plön und Lübeck. Er studierte zunächst Theologie in Kiel, schwenkte in Berlin auf Rechtswissenschaften um und entschied sich schließlich für Germanistik. Bei Aufenthalten bei seinem Bruder in Kopenhagen wurde er zum Bewunderer des Dichters Hans Christian Andersen und der „unsterblichen“ Schauspielerin Johanne Luise Heiberg. Aus seinen Anfängen als Privatdozent in Bonn riss ihn die schleswig-holsteinische Erhebung 1848; für zwei Jahre vertrat er Schleswig-Holstein diplomatisch in Berlin. Er wurde 1850 Professor für deutsche Sprache und Literatur in Kiel, 1852 in Jena. Nach einem Intermezzo als Intendant der Hofkapelle in Meiningen 1855 widmete er sich ganz seinen wissenschaftlichen Aufgaben, insbesondere der Volksliedforschung und der Allgemeinen Deutschen Biographie, mit deren Redaktion ihn die Königlich Bayerische Akademie der Wissenschaften 1869 beauftragt hatte. Ihre insgesamt 56 Bände mit mehr als 26.500 Artikeln erschienen von 1875-1912, Hunderte von Wissenschaftlern arbeiteten daran mit. 1876 wurde Rochus von Liliencron Propst des Damenstiftes St.-Johannis-Kloster in Schleswig. 1880 führte er für die herzogliche Familie von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg die Verhandlungen über den Ehevertrag der späteren Kaiserin Auguste Victoria und verhandelte in diesem Zusammenhang mit Bismarck und anderen Politikern. Die Göttinger Gesellschaft der Wissenschaften ernannte Liliencron 1901 zum Ehrenmitglied.
Einen Namen machte sich von Liliencron auch als Vorsitzender der Arbeitskommission zur Erstellung des „Volksliederbuches für Männerchor“, 1904-1906, des ersten so genannten Kaiserliederbuches.
Rochus von Liliencron ist der Onkel des Dichters Detlev von Liliencron und der Jugendschriftstellerin Sophie Wörishöffer. Er war Mitglied der Freimaurerloge Charlotte zu den drei Nelken in Meiningen.
Zitate
Aus der konzeptionellen Vorrede zur Allgemeinen Deutschen Biographie 1875 (zusammen mit Franz Xaver Wegele):
„Indem wir dabei mit den ältesten Zeiten beginnen, gehen wir doch insofern nur bis an die Gegenwart, daß alle noch Lebenden ausgeschlossen blieben. Wir haben uns keineswegs verhehlt, daß dem Werke damit ein anziehender und vielen erwünschter Stoff vorenthalten würde. Aber innerhalb der Lebenden die Grenze der Aufnahme auf gerechte Weise zu bestimmen, erscheint als kaum möglich; von einem noch nicht fertigen Lebenswerk lässt sich keine abschließende Darstellung geben; auch ist das Urtheil über den Mann, welcher noch mitten im Getreibe der Parteien unter den Lebenden steht und wirkt, auf zu vielfache Weise gebunden und bedingt, um sich frei und mit ruhiger Objectivität zu geben.“ (S. VI)
„Daß allerdings die Grenze zwischen dem Wesentlichen und dem nicht mehr Wesentlichen eine sehr schwankende und schwer bestimmbare ist, braucht nicht erst ausdrücklich ausgesprochen zu werden. In der That ist es nicht möglich, sie nach einem äußerlichen und untrüglichen Maßstab, sie ohne Ungleichheiten und ohne einige Willkür zu ziehen. Gewiß ließe sich an manchen Namen, den wir zugelassen haben, die Frage knüpfen, warum, wenn er, dann nicht auch jener oder jene anderen mitaufgenommen seien. Man wolle in dieser Hinsicht nicht zu strenge mit uns rechten. Hätte ein einziger die Waage, welche über die Frage der Aufnahme oder Verwerfung entscheidet, zu halten, wo wäre der Einzelne zu finden, welcher alle Gebiete des Lebens so gleichmäßig überschaute, daß er mit untrüglichem Blicke jedem Manne sein Gewicht bestimmen könnte? Urtheilen aber, wie es thatsächlich der Fall ist, in dieser Hinsicht viele, ja, Hunderte von Mitarbeitern zugleich mit uns, wie wäre es möglich, volle Einheit der Gesichtspunkte unter ihnen herzustellen? Ein Schade würde aber doch eigentlich der Sache daraus auch nur da erwachsen, wo etwas Wichtiges übergangen wäre, nicht aber, wo die Grenze in einigen wenig wichtigen Namen überschritten ist. Wir haben wenigstens stets mehr dahin gestrebt, jenem schädlichen Mangel zu entgehen, als diesen unschädlichen Überfluß zu meiden. Nur das Leere fernzuhalten ist unser Bestreben.“ (S. VIII).
Werke (Auswahl)
- Allgemeine Deutsche Biographie. Bände 1-56, herausgegeben von Rochus von Liliencron, Leipzig 1875-1912
- Die historischen Volkslieder der Deutschen vom 13. bis 16. Jahrhundert, 5 Bde., Leipzig 1865-1869), herausgegeben von Rochus von Liliencron
- Rochus von Liliencron: Deutsches Leben im Volkslied um 1530. Berlin und Stuttgart 1884
- Rochus von Liliencron: Liturgisch-musikalische Geschichte der evangelischen Gottesdienste von 1523-1700, Schleswig 1893
- Rochus von Liliencron: Frohe Jugendtage. Lebenserinnerungen, Leipzig 1902
Literatur
- Anton Bettelheim: Leben und Wirken des Freiherrn Rochus von Liliencron. Mit Beiträgen zur Geschichte der allgemeinen deutschen Biographie. Berlin 1917
- Hans Jürgen Rieckenberg: Rochus, Freiherr von Liliencron. Berlin 1985 in: Neue deutsche Biographie Band 14, S. 553-556
Weblinks
- Literatur von und über Rochus von Liliencron im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Die ADB im Internet
- Rochus von Liliencron. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL).
Kategorie.Freimaurer (20. Jahrhundert)
Personendaten | |
---|---|
NAME | Liliencron, Rochus von |
ALTERNATIVNAMEN | Liliencron, Rochus Wilhelm Traugott Heinrich Ferdinand Freiherr von |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Germanist und Historiker |
GEBURTSDATUM | 8. Dezember 1820 |
GEBURTSORT | Plön, Schleswig-Holstein |
STERBEDATUM | 5. März 1912 |
STERBEORT | Koblenz am Rhein |