Roger von Helmarshausen

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Gekreuzigter von einem Vortragekreuz, vielleicht aus dem Umkreis des Roger von Helmarshausen, 1. H. 12. Jahrhundert, Bronze, Köln, Museum Schnütgen, Inv. Nr. H 72

Roger von Helmarshausen (fl. um 1120–1130) war Benediktiner und Goldschmied.

Künstlerischer Werdegang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erste Erwähnung findet Roger in der Abtei Stavelot im Meuse-Tal, einem Zentrum der Maasländischen Kunst. Von 1100 bis 1107 arbeitete er in St. Pantaleon in Köln.

Im Jahr 1107 zog er nach Helmarshausen.[1] Die dort in der Werkstatt hergestellte Schatzkunst gehört zu den herausragenden Stücken der romanischen Kunst. Archivalisch bestätigt hat Roger um 1120–1127 den Tragaltar des Paderborner Bischofs, Heinrichs II. von Werl, heute im Paderborner Domschatz (Inv. Nr. DS2), gefertigt[2], der Tragaltar aus Kloster Abdinghof (um 1130)[3] und das kupferne Modoaldus-Kreuz[4] werden ebenfalls nach Helmarshausen verortet. „An diesen Werken treten charakteristische Elemente wie der 'parzellierende [in abgegrenzte Flächen einteilende] Stil' der Gewandfalten, Kreuzchenfriese zur Einfassung und Palmettenblätter mit Kreuzfüllung immer wieder auf.“[5] Die Orientierung in der gegenwärtigen Forschung hat sich von einer mystifizierten Künstlerperson auf die Betrachtung der Werkstattleistung verschoben; dieser sind jedoch im Kern immer noch die oben genannten Hauptwerke zuzuschreiben.

Das Wirken der Werkstatt hatte großen Einfluss auf die Kunst des 12. Jahrhunderts, so etwa bei fragmentarischen Zierplatten von einem Reliquiar (Mitte des 12. Jahrhunderts) aus Kloster Iburg bei Osnabrück.[6] Aus dem nahen Umkreis der Helmarshausener Werkstatt stammen auch die erhaltenen Scheibenkreuze im Hildesheimer Domschatz (um 1120–40)[7], deren stilistische Zuschreibung vor allem über die Ornamente erfolgt.

Eckhard Freise will in einem verschiedenen Mönch Roggerus aus Helmarshausen im Liber vitae (um 1158) des Klosters Corvey, dessen Bildschmuck im Skriptorium von Helmarshausen angefertigt wurde, den berühmten Goldschmied erkannt haben.[8] Die Corveyer notierten im zweiten Teil der Handschrift Namenslisten aus verbrüderten Bischofskirchen und Konventen, so auch von Helmarshausen. Trifft diese Identifizierung zu, muss Roger vor der Zeit um 1158 verstorben sein.

De diversis artibus – Theophilus Presbyter?[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einige Forscher haben Roger als den Autor des mittelalterlichen Handbuchs De diversis artibus (auch als Schedula diversarum artium bekannt) vorgeschlagen, welches einem Theophilus Presbyter zugeschrieben wurde (so zum Beispiel Albert Ilg (1874) und Charles D. Dowell (1961)). Dieser Identifizierungsvorschlag ist nicht unumstritten, erfuhr jedoch Unterstützung durch Cyril Stanley Smith (1963 und 1974), Lynn White Jr. (1964) und Eckhard Freise (1981).

Zunächst wurde angenommen, dass es sich bei dem Autor der Schrift um einen Goldschmied handeln müsse, da die in den ersten beiden Teilen besprochenen Techniken der Malerei und Glasmalerei eher laienhaft wirken, wohingegen die Ausführungen des dritten Teils zur Goldschmiedekunst wohl informiert sind. Mittlerweile wird auch die Abfassung aller Teile durch eine Einzelperson angezweifelt.[9]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eckhard Freise: Roger von Heimarshausen in seiner monastischen Umwelt. In: Frühmittelalterliche Studien. Bd. 15, 1981, S. 180–293.
  • Hiltrud Westermann-Angerhausen: Die Tragaltäre des Rogerus in Paderborn. Der Wandel eines mittelalterlichen Künstlerbildes zwischen Alois Fuchs und Eckhart Freise. In: Martin Gosebruch, Frank Neidhart Steigerwald (Hrsg.): Helmarshausen und das Evangeliar Heinrichs des Löwen. Göttingen 1992, S. 63–78.
  • Christoph Stiegemann (Hrsg.): Schatzkunst am Aufgang der Romanik. Der Paderborner Dom-Tragaltar und sein Umkreis. Hirmer, München 2006.
  • Michael Peter: Der Paderborner Dom-Tragaltar und Anfänge der romanischen Goldschmiedekunst in Helmarshausen. In: Christoph Stiegemann, Matthias Wemhoff (Hrsg.): Canossa 1077 – Erschütterung der Welt. Geschichte, Kunst und Kultur am Anfang der Romanik, Band 1. Hirmer, München 2006, S. 483–495.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Roger von Helmarshausen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Die Rekonstruktion der Stationen auf seinem Lebensweg erfolgt auf der Grundlage von Nekrologen.
  2. Tragaltar des Paderborner Doms. In: dioezesanmuseum-paderborn.de. Diözesanmuseum Paderborn, abgerufen am 24. Oktober 2022.
  3. Annika Pröbe, Holger Kempkens: Tragaltar aus Kloster Abdinghof in Paderborn. In: Bistum Münster, Domkammer der Kathedralkirche St. Paulus, Münster (Hrsg.): Goldene Pracht. Mittelalterliche Schatzkunst in Westfalen. Hirmer, München 2012, ISBN 978-3-7774-5041-4, S. 155 f.
  4. Moritz Woelk: Modoaldus-Kreuz. In: Moritz Woelk, Manuela Beer (Hrsg.): Museum Schnütgen. Handbuch zur Sammlung. Hirmer, München 2018, ISBN 978-3-7774-2893-2, S. 64 f.
  5. Gerd Althoff: Die Folgen der Christianisierung. Stiftungen sakraler Kunst für Bistümer und Klöster vom 10. bis 12. Jahrhundert. In: Bistum Münster, Domkammer der Kathedralkirche St. Paulus, Münster (Hrsg.): Goldene Pracht. Mittelalterlicher Schatzkunst in Westfalen. Hirmer, München 2012, ISBN 978-3-7774-5041-4, S. 137.
  6. Vier der rahmenlosen Zierplatten befinden sich heute im Museum Schnütgen (Inv. G 3 a–d), vier gingen nach Ankauf für die Berliner Kunstkammer im Krieg verloren. Weitere vier wurden nach Bonn ins Landesmuseum getauscht (Inv. Nr. 38.517–38.520) und je eine Platte befindet sich im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (Inv. Nr. 1930.98) und im LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster (Inv. Nr. H–177 LM).
  7. Michael Brandt: Drei Scheibenkreuze aus dem Hildesheimer Domschatz. In: Lothar Lambacher (Hrsg.): Schätze des Glaubens. Meisterwerke aus dem Dom-Museum Hildesheim und dem Kunstgewerbemuseum Berlin. Schnell & Steiner, Regensburg 2010, ISBN 978-3-7954-2434-3, S. 64.
  8. Gerd Althoff: Liber vitae des Klosters Corvey. In: Bistum Münster, Domkammer der Kathedralkirche St. Paulus, Münster (Hrsg.): Goldene Pracht. Mittelalterliche Schatzkunst in Westfalen. Hirmer, München 2012, ISBN 978-3-7774-5041-4, S. 155.
  9. Andreas Speer: Zwischen Kunsthandwerk und Kunst. Die "Schedula diversarum artium" als "Handbuch" mittelalterlicher Kunst? In: Andreas Speer (Hrsg.): Zwischen Kunsthandwerk und Kunst. Die "Schedula diversarum artium". De Gruyter, Berlin/Boston 2014, S. XI–XXXII (Digitalisat).