Ruine Alt-Schellenberg

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Ruine Alt-Schellenberg
Burghof der Ruine Alt-Schellenberg, Blick vom jüngeren Tor zu den Resten des Turmbaus von 1350

Burghof der Ruine Alt-Schellenberg, Blick vom jüngeren Tor zu den Resten des Turmbaus von 1350

Alternativname(n) Untere Burg
Staat Liechtenstein
Ort Schellenberg
Entstehungszeit 13. Jahrhundert
Burgentyp Höhenburg
Erhaltungszustand Ruine
Geographische Lage 47° 14′ N, 9° 33′ OKoordinaten: 47° 13′ 59,5″ N, 9° 32′ 33,1″ O; CH1903: 759301 / 233499
Höhenlage 590 m ü. M.
Ruine Alt-Schellenberg (Liechtenstein)
Ruine Alt-Schellenberg (Liechtenstein)

Die Ruine Alt-Schellenberg, auch «Untere Burg» genannt, ist eine von zwei Burgruinen auf dem Gebiet der Gemeinde Schellenberg in Liechtenstein.

Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ruine der Höhenburg liegt auf 590 m ü. M. nördlich des Schellenberger Ortsteils Platta am nordwestlichen Rand des Gipfelplateaus des Eschnerbergs, etwa 150 Meter über dem Rheintal. Sie ist frei zugänglich und kann zu Fuss auch über den Historischen Höhenweg am Eschnerberg erreicht werden.[1]

Ungefähr einen Kilometer östlich befindet sich Neu-Schellenberg, die zweite Burgruine auf Schellenberger Gemeindegebiet.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Alt-Schellenberg ist, anders als der Name erwarten lässt, die jüngere der beiden Schellenberger Burgen.[2] Auf einem Hügel, der bereits in der Jungsteinzeit besiedelt war,[3] wurde vermutlich um 1250 durch die ursprünglich im oberen Isartal ansässigen Herren von Schellenberg eine erste Anlage errichtet, deren genauer Umfang jedoch nicht bekannt ist. Eine erste urkundliche Erwähnung der Burg erfolgte 1317, als die Schellenberger ihren Besitz auf dem Eschnerberg an die Grafen von Werdenberg-Heiligenberg verkauften, die ihrerseits die Meier von Altstätten hier als Vögte oder Lehnsmänner einsetzten.[4]

Um 1350 wurde im Nordosten der Burganlage ein Turmbau errichtet. In einer weiteren Bauphase um 1380 entstand der Bering mit der älteren Toranlage. Im Jahr 1394 räumte der damalige Besitzer, Graf Albrecht III. von Werdenberg-Bludenz, den Herzögen von Österreich das Öffnungsrecht an beiden Schellenberger Burgen ein.[5] Ungefähr zu dieser Zeit erhielt die Burg ihr endgültiges Aussehen, indem das Tor auf die Nordwestseite verlegt, am alten Tor eine Küche mit Backofen gebaut und südwestlich der Kernburg eine Vorburg angelegt wurden.

Die Appenzellerkriege zu Beginn des 15. Jahrhunderts überstand die Burg Alt-Schellenberg vermutlich ohne grössere Schäden. In der Folgezeit wechselte sie mehrfach die Besitzer. So verkaufte Albrecht III. von Werdenberg-Bludenz im Jahr 1412 die Burg an seinen Schwiegersohn Wilhelm von Montfort-Tettnang. Ab spätestens 1437 war die Herrschaft Schellenberg mit den beiden Burgen im Besitz der Freiherren von Brandis, die sie im Jahr 1510 an Graf Rudolf V. von Sulz weiterverkauften. Zu dieser Zeit war die Burg vermutlich bereits verlassen. 1613 erwarben die Grafen von Hohenems die Herrschaft Schellenberg, deren Burgen in der Emser Chronik von 1616 als Ruinen («zerbrochen») bezeichnet werden. Schliesslich kamen die Fürsten von Liechtenstein mit dem Kauf der Herrschaft Schellenberg im Jahr 1699 auch in den Besitz der dortigen Burgruinen.

Im 19. Jahrhundert wurden die Überreste der beiden Burgen von der örtlichen Bevölkerung als Steinbrüche vor allem für den Bau der Schellenberger Pfarrkirche und des Klosters genutzt. Fürst Franz Josef II. von Liechtenstein schenkte die stark überwachsenen Ruinen 1956 dem Historischen Verein für das Fürstentum Liechtenstein, der die Burg Alt-Schellenberg in den Jahren 1978 bis 1980 ausgraben und konservieren liess.

Anlage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Grundriss der Ruine Alt-Schellenberg
Burghof mit rekonstruiertem Backofen
Gesamtansicht von Osten

Die Burg Alt-Schellenberg entstand in mehreren Bauphasen im 13. und 14. Jahrhundert. Um 1250 wurde eine erste kleine Anlage erbaut, deren genauer Umfang nicht bekannt ist. Von diesen Gebäuden sind keine sichtbaren Überreste vorhanden. Etwa 1350 wurde der Turmbau mit trapezförmigem Grundriss im Nordosten des Burgareals errichtet, um 1380 entstanden der Bering mit der älteren Toranlage im Südwesten sowie Anbauten am Turm. In einer letzten Bauphase um 1400 wurde südwestlich der Kernburg jenseits des Halsgrabens eine Vorburg angelegt. Vermutlich im Zusammenhang mit diesem Umbau wurde der Zugang zur Kernburg nach Nordwesten verlegt; am alten Tor entstand eine Küche mit Backofen.

Erhalten sind die seit 1978 gesicherten und konservierten Mauerreste des Turmbaus, des Berings und der Vorburg, an deren Eingang im Nordwesten noch die Balkenlöcher der Schliessbalken sichtbar sind. Im Burghof nahe dem älteren Tor befindet sich die Rekonstruktion eines Backofens. Die heute sichtbaren Anlagen überdecken eine Fläche von ungefähr 50 × 20 Metern.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jakob Bill; Robert Mittelhammer: Schellenberg «Untere Burg»; Tierknochen aus Schellenberg «Untere Burg». In: Jakob Bill (Hrsg.): Ergrabene Geschichte. Die archäologischen Ausgrabungen im Fürstentum Liechtenstein 1977–1984. Katalog zur Ausstellung im Liechtensteinischen Landesmuseum Vaduz, 31. März – 31. Oktober 1985. Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Vaduz 1985, ISBN 3-906376-00-1, S. 22–33.
  • Alfred Goop: Blick in die Geschichte der Gemeinde Schellenberg. Broschüre der Gemeindeverwaltung Schellenberg. 2005 (schellenberg.li [PDF; 1,3 MB]).
  • Alfred Goop: Die Untere Burg. In: Schellenberg – meine Gemeinde. Ausgabe 2011/2. Gemeinde Schellenberg, September 2011, S. 33–35 (europa.gmgnet.li [PDF; 3,2 MB]).
  • H. Rudolph Inhelder, Lukas Hauser: Die Burgen, Befestigungen und Ansitze Unterrätiens. Eine Betrachtung des Gebiets zwischen Luziensteig und Hirschensprung, beidseits des Rheins. In: Historisch-Heimatkundliche Vereinigung des Bezirks Werdenberg (Hrsg.): Werdenberger Jahrbuch. 7. Jahrgang. BuchsDruck und Verlag, Buchs 1994, ISBN 3-905222-71-X, S. 28–69, hier S. 49: Schellenberg, Untere Burg (Alt-Schellenberg) (Volltext auf digishelf.de).
  • Ulrike Mayr, Marlu Kühn: «… Pflanzt Gärten an und esst ihre Frucht …». Mittelalterliche Birnenfunde aus der «Unteren Burg» in Schellenberg. In: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein. Band 96. Selbstverlag des HVFL, Vaduz 1998, ISBN 3-906393-20-8, S. 253–265 (eliechtensteinensia.li [PDF; 4,7 MB]).
  • Verena Hasenbach: Schellenberg (Burgen). In: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Untere Burg Castle, Schellenberg, Liechtenstein – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Alfred Goop: Die Burgen auf dem Schellenberg. In: historischerverein.li. Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein (HVFL), archiviert vom Original am 21. März 2017;.
  • Oliver Steimann, Olaf Kaiser: Burg Alt-Schellenberg (Untere Burg). Mit Fotos, Grundriss, Geschichte und Literaturhinweisen. In: Burgenwelt. Olaf Kaiser, 10. April 2014;.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Der Höhenweg. Interaktive Karte. In: unterland-tourismus.li. Liechtensteiner Unterland Tourismus Ruggell, abgerufen am 30. Juni 2020.
  2. Alfred Goop: Die Obere Burg Schellenberg. In: Schellenberg – meine Gemeinde. Ausgabe 2010/3. Gemeinde Schellenberg, Dezember 2010, S. 36–38 (europa.gmgnet.li [PDF; 4,6 MB; abgerufen am 30. Juni 2020]).
  3. David Beck: Der Burghügel Altschellenberg als prähistorischer Fundplatz. In: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein. Band 55. Selbstverlag des HVFL, Vaduz 1955, S. 111–116 (eliechtensteinensia.li [PDF; 641 kB; abgerufen am 30. Juni 2020]).
  4. Alfred Goop: Die Untere Burg. In: Schellenberg – meine Gemeinde. Ausgabe 2011/2. Gemeinde Schellenberg, September 2011, S. 33–35, hier S. 34 (europa.gmgnet.li [PDF; 3,2 MB; abgerufen am 30. Juni 2020]).
  5. Albrecht von Werdenberg (Siegler): Graf Albrecht von Werdenberg, Herr zu Bludencz [Bludenz], bekennt, dass er seine Feste und Stadt Bludenz, die Feste Pu{o}rs, das Tal Muntafun und die Festen Altschellenberg und Nuwschellenberg der Herrschaft Österreich auf deren oder deren Vogts zu Veltkilch [Feldkirch] Anfordern hin öffnen wird. Urkunde im BayHStA, Tirol Urkunden 258. Baden 11. September 1394, urn:nbn:de:stab-bddd520c-b8b7-47e4-82db-b478baa8be222 (Katalogeintrag [abgerufen am 30. Juni 2020]).