SV Polizei Lübeck

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Die Sportvereinigung Polizei Lübeck (ab 1935 Polizeisportverein Lübeck, ab 1942 SG Ordnungspolizei Lübeck) war ein von 1921 bis 1945 existierender Sportverein aus der Hansestadt Lübeck. Wichtige Erfolge konnten die Fußballmannschaft, die zwischen 1933 und 1945 durchgängig in der höchsten Spielklasse spielte, und die Boxabteilung, die mehrere norddeutsche und eine Bundesmeisterschaft holte, feiern. Der Polizeisportverein wurde nach Kriegsende von den Briten aufgelöst. Noch im Jahr 1945 wurde der VfB Lübeck gegründet, dem sich die ehemaligen Polizeisportler anschlossen.

Gründung und allgemeine Entwicklung

Am 24. August 1921 wurde die Sportvereinigung Polizei Lübeck von 39 bei der Polizei beschäftigten Beamten, darunter der spätere Schriftführer Albert Langenheim, in der Nähe der damals existierenden Marli-Kaserne gegründet. Kurz darauf nahmen die Polizeisportler den Spielbetrieb mit zwei Fußballmannschaften und einer Leichtathletikmannschaft auf. In der Anfangszeit des Vereins kamen darüber hinaus auch schnell die Abteilungen Boxen und Handball hinzu, so dass sich der Verein zu einem der größten Sportvereine Lübecks entwickelte. Eine der wichtigsten Personen war der damalige Kommandeur der Lübecker Polizei, Otto Pries, der nicht nur aufgrund seiner Stellung in der Polizei wichtig für den Verein war, sondern als Mitglied mehrerer Abteilungen auch sportlich einer der bedeutendsten Akteure der SPL war. Nachdem sich die SV Polizei um 1930 auch Personen, die außerhalb des Polizeidienstes tätig waren, geöffnet hatte, war der Verein 1931 der nach den Mitgliederzahlen zweitgrößte Verein der Hansestadt Lübeck.[1]

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten war der Verein gezwungen, Änderungen in seiner Vereinsstruktur vorzunehmen und musste sich 1935 in Polizei SV Lübeck umbenennen. Nachdem der Vorstand vor den Änderungen die Positionen eines Vorsitzenden, eines Kassenwartes, eines Schriftführers und, nachdem der Verein in den zwanziger Jahren einen größeren Zulauf fand, eines Geschäftsführers umfasste, trat an dessen Stelle ein Vereinsführer. Beim Polizeisportverein war dies der Polizeipräsident Walther Schröder. Unter dessen Vorsitz wurde auch der erstmalige Ausbau der Lohmühle durchgeführt, die der Verein im Jahr 1935 vom 1933 verbotenen BSV Vorwärts als Sportstätte übernahm und die im Zuge dessen in „Adolf-Hitler-Kampfbahn“ umbenannt wurde[2], indem eine Sitz- und Stehplatztribüne geschaffen wurde. In dieser Zeit hatten beim Polizeisportverein weiterhin auch Zivilpersonen Zugang zum Verein, was eine Ausnahme gegenüber anderen Polizeisportvereinen in Deutschland darstellte.[3]

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Verein, der seit 1942 SG Ordnungspolizei hieß, aufgelöst. Darüber hinaus wurde die Geschäftsstelle von so genannten „DPs“ geplündert und das Vereinsvermögen beschlagnahmt. Bereits einige Monate später fanden sich einige Sportler des Vereins wieder und gründeten zusammen mit ehemaligen Mitgliedern des BSV Vorwärts den VfB Lübeck.

Fußball

Bereits 1920 betätigten sich einige Männer der dann ein Jahr später gegründeten SV Polizei fußballerisch. Mit Spielern wie Natzki Steffen gelang der vorher als Pokalmannschaft bekannten SV Polizei Lübeck[4] der sportliche Aufstieg. Gemeinsam mit dem VfL Eutin, dem Parchimer SC und dem Rostocker SV stiegen die Lübecker schließlich zur Saison 1927/28 in die erstklassige Bezirksliga Lübeck/Mecklenburg auf, die in dieser Spielzeit in zwei Staffeln ausgespielt wurde. Nachdem die SPL nach nur einem Jahr wieder absteigen musste, gelang zur Saison 1929 der erneute Aufstieg in die neue Oberliga Lübeck/Mecklenburg, in der man sich fortan halten konnte.

Nachdem der Verein bereits 1930/31 erfolglos an der norddeutschen Meisterschaft teilnehmen durfte und der aus Alemannia Lübeck und Germania Lübeck entstandene VfR Lübeck aufgrund finanzieller Schwierigkeiten den Polizeisportlern beitrat, wurde der Verein 1932 erstmals Oberliga-Meister.[5] Trotz der erfolgreichen Spielzeiten konnte man sich in den norddeutschen Meisterschaften nicht durchsetzen und schied in der jeweils ersten Runde aus.

Als einziger Verein aus Lübeck qualifizierte sich die SV Polizei für die 1933 als neue oberste Spielklasse geschaffene Gauliga Nordmark, woraufhin der Verein erstmals die Nummer 1 in Lübeck war. Dies führte dazu, dass zwischen beiden Vereinen bald eine Rivalität aufkam, was sich durch den Aufstieg von Phönix in den nächsten Spielzeiten verstärkte. In der Aufstiegsrunde setzte man sich dabei gemeinsam mit dem SC Victoria Hamburg und dem FC St. Pauli vor Union-Teutonia Kiel und dem Bad Oldesloer BV durch.[6] Der Gauliga Nordmark, die die höchste Spielklasse für Schleswig-Holstein, Hamburg, Lübeck und Mecklenburg bildete, gehörte die Polizei Lübeck als einer von mehreren Vereinen dieser Spielklasse durchgängig an.

Nachdem der Verein in der ersten Spielzeit als Vorletzter zehn Punkte vor einem Abstiegsplatz lag, konnte er sich bereits zur Saison 1936, als er Platz 5 belegte, etablieren. In der Saison 1936 konnte man zudem Holstein Kiel mit 8:5 Toren bezwingen. Der größte Erfolg der Mannschaft war der dritte Platz in der Saison 1938, als man sich nur dem Hamburger SV und dem Eimsbütteler TV geschlagen geben musste, sich aber vor Holstein Kiel platzieren konnte.

Unter Spielführer Erwin Luchs – später Kriegsgastspieler beim 1st Vienna FC – und neuen Akteuren wie den späteren Oberligaspielern „Hennes“ Claßen oder Hermann Matthews, konnte die SV Polizei auch das Jahr 1939 erfolgreich gestalten. Haupttorschütze war zu dieser Zeit Karl Wenzel (Vater von Rüdiger Wenzel); alle vier waren auch nach der Gauligazeit beim späteren VfB Lübeck aktiv. In den Spielzeiten 1941/42 und 1942/43 erzielte Wenzel sen. bei 29 Spielen 28 Tore.[7]

Nachdem die Gauliga Nordmark nach Kriegsanfang aufgelöst wurde, konnte die Mannschaft den zweiten Platz in der Gauliga Schleswig-Holstein belegen, bevor der Spielbetrieb 1944 eingestellt werden musste. Das letzte Gauligaspiel bestritt die Mannschaft in Lübeck am 13. August 1944 gegen den Eckernförder SV (4:2). Nach dem kriegsbedingten Abbruch der überregionalen Gauligasaison ging es vorübergehend in einer Stadtliga, der so genannten Gauliga Schleswig-Holstein, Staffel Lübeck weiter. Teilnehmer an der Staffel waren wahrscheinlich – neben der SG OrPo – die Vereine Phönix Lübeck, Gut-Heil Lübeck, Post-SG-Lübeck, Blau-Weiß Lübeck und Schwarz-Weiß Lübeck. Am 19. September 1944 übernahm der Verein die Spieler des aufgelösten Luftwaffensportvereins Lübeck.[8] Nach einem schlechten Start mit nur einem Punkt aus drei Spielen konnte die SG OrPo alle Spiele gewinnen, ehe der Spielbetrieb mit einem Freundschaftsspiel gegen die Post-SG Lübeck (8:0) am 1. April eingestellt wurde.[9]

Seit Kriegsausbruch bestanden bei der Polizei Lübeck große Probleme beim Aufstellen der Mannschaft. So wusste der Betreuer Hermann Albrecht zum Teil bis Spielbeginn nicht, ob bestimmte Spieler noch in Lübeck waren oder bereits im Kriegseinsatz waren.[7] In den letzten Spielzeiten kamen mit Max Hoppe und Albert Felgenhauer aus der Kriegsmarine-Einheit zwei Spieler zur Ordnungspolizei Lübeck, die später eine wichtige Rolle bei der Gründung des VfB spielten.

Saisonergebnisse 1933–1945
Spielzeit Liga Ligaebene Platzierung Punktzahl Tore Anmerkungen
1933/34 Gauliga Nordmark 1 9. Platz 13:23 40:64
1934/35 Gauliga Nordmark 1 5. Platz 14:22 38:47
1935/36 Gauliga Nordmark 1 5. Platz 18:18 49:54
1936/37 Gauliga Nordmark 1 6. Platz 15:21 40:46
1937/38 Gauliga Nordmark 1 3. Platz 25:19 58:37
1938/39 Gauliga Nordmark 1 6. Platz 16:24 36:55
1939/40 Gauliga Nordmark, Staffel I 1 3. Platz 09:11 22:25 Die Gauliga wurde in zwei Staffeln ausgespielt
1940/41 Gauliga Nordmark 1 3. Platz 28:16 67:41
1941/42 Gauliga Nordmark 1 4. Platz 18:18 47:40 Eingliederung in die Gauliga Schleswig-Holstein
1942/43 Gauliga Schleswig-Holstein 1 2. Platz 26:10 71:30
1943/44 Gauliga Schleswig-Holstein 1 6. Platz 15:21 33:55
1944/45 Gauliga Schleswig-Holstein 1 abgebr. 2:0 4:2

Boxen

Nachdem die Abteilung 1924 gegründet wurde, errang der Verein mit Stadtmeisterschaften in den Jahren um 1927, überregionale Erfolge konnten 1931 gefeiert werden: Die Boxer Heß in der Gewichtsklasse Bantam, Brockmöller im Leichtgewicht, Bergbauer im Weltergewicht, Hermann Eckstein im Halbschwergewicht und Friedrich Eckstein im Schwergewicht errangen in fünf von sieben Disziplinen die Gaumeistertitel, wodurch der Verein spätestens seit da als einer der regional wichtigsten galt.

Den größten und wichtigsten Erfolg eines Sportlers der Polizei Lübeck überhaupt gelang Friedrich Eckstein, der im Jahr 1934 deutscher Meister im Schwergewicht wurde. Bereits im Jahr zuvor schlug er dabei – nach Einschätzungen einiger lokaler Sportreporter sensationell – den Boxer Ramek in Berlin. Wichtige Mitglieder der Box-Abteilung waren vor allen Dingen Friedrich, Paul und Hermann Eckstein, sowie Rolf Brockmöller, der nach dem Gewinn des Gaumeistertitels im Leichtgewicht noch 1935 weitere Meisterschaftskämpfe bestritt und, nachdem er bereits ab 1924 in der Box-Abteilung tätig war, später Trainer der Boxmannschaften wurde.[10]

Weitere Abteilungen

Im Feldhandball konnte die Sportvereinigung Polizei größtenteils regionale Erfolge, wie den Gewinn der Bezirksmeisterschaft Lübeck und den Gewinn der Ostkreismeisterschaft, zum Teil konnte man aber durch Teilnahmen an der norddeutschen Meisterschaft in Handballerkreisen kurzfristig auch überregional Bekanntheit erlangen. Neben der Herrenmannschaft gab es im Verein ab 1933 eine Damenmannschaft, die aber aufgrund einer geringen Anzahl von Gegnern in Norddeutschland keine Erfolge feiern konnte.[11]

1929 wurde vom Leutnant Christian Voß eine Leichtathletik-Abteilung gegründet, die er als erfolgreicher Mehrkämpfer zunächst selber leitete. Außerhalb Lübecks wurde die Abteilung insbesondere durch Herbert Paasche bekannt. Dieser gewann nicht nur die Polizeimeisterschaft im 100-Meter-Lauf und 400-Meter-Lauf, sondern gehörte mit einer Zeit von 49,9 Sekunden im 400-Meter-Lauf auch zu den zehn besten Läufern Deutschlands und hielt über lange Zeit den Lübecker Rekord über 800 Meter.

1934 wurde die Tischtennis-Abteilung gegründet, die ebenso wie die Abteilungen Schach und Schwimmen, kaum Erfolge feiern konnte und größtenteils außerhalb von Wettbewerben mit anderen Mannschaften praktiziert wurden.[12]

Nachrichtenblatt

1927 wurde von der Geschäftsstelle das so genannte Nachrichtenblatt herausgegeben, welches auf der einen Seite zur Information von Vereinsmitgliedern über das aktuelle Geschehen dienen sollte, zum anderen auch als Dokumentation über Erfolge und Entwicklungen dienen sollte. Nach Kriegsausbruch wurde das Nachrichtenblatt um einen so genannten Feldblatteil erweitert, in dem Details über den Zustand derjenigen Sportlern bekannt gegeben wurde, die sich zu diesem Zeitpunkt im Krieg befanden.[3]

Literatur

  • Walter Bergmann (Hrsg.): 30 Jahre VfB Lübeck. über BSV Vorwärts, Lübeck von 1919 und Sportvereinigung „Polizei“ Lübeck e.V. Festschrift. Verein für Bewegungsspiele, Lübeck 1949.

Quellen, Verweise und Anmerkungen

  1. Walter Bergmann (Hrsg.): 30 Jahre VfB Lübeck. über BSV Vorwärts, Lübeck von 1919 und Sportvereinigung „Polizei“ Lübeck e.V. Festschrift. Verein für Bewegungsspiele, Lübeck 1949, S. 13.
  2. Hardy Grüne, Christian Karn: Das große Buch der deutschen Fußballvereine. Agon-Sportverlag, Kassel 2009, ISBN 978-3-89784-362-2, S. 303.
  3. a b Walter Bergmann (Hrsg.): 30 Jahre VfB Lübeck. über BSV Vorwärts, Lübeck von 1919 und Sportvereinigung „Polizei“ Lübeck e.V. Festschrift. Verein für Bewegungsspiele, Lübeck 1949, S. 17.
  4. Walter Bergmann (Hrsg.): 30 Jahre VfB Lübeck. über BSV Vorwärts, Lübeck von 1919 und Sportvereinigung „Polizei“ Lübeck e.V. Festschrift. Verein für Bewegungsspiele, Lübeck 1949, S. 21–22.
  5. Bericht über die Saison 1932.
  6. Vereinshomepage.
  7. a b Walter Bergmann (Hrsg.): 30 Jahre VfB Lübeck. über BSV Vorwärts, Lübeck von 1919 und Sportvereinigung „Polizei“ Lübeck e.V. Festschrift. Verein für Bewegungsspiele, Lübeck 1949, S. 27.
  8. Oldesloer Sportgeschichte – der Luftwaffensportverein Lübeck war Mitte 1944 in der Aufstiegsrunde zur Gauliga an TVA Eckernförde und dem Eckernförder SV gescheitert
  9. Guido Eschholz, Thomas Nöllen: Eine Liebe in Grün-Weiß. Die Geschichte des VfB Lübeck. 1919–2010. T. Nöllen, Moers 2010, ISBN 978-3-00-032439-0, S. 43.
  10. Walter Bergmann (Hrsg.): 30 Jahre VfB Lübeck. über BSV Vorwärts, Lübeck von 1919 und Sportvereinigung „Polizei“ Lübeck e.V. Festschrift. Verein für Bewegungsspiele, Lübeck 1949, S. 32–34.
  11. Walter Bergmann (Hrsg.): 30 Jahre VfB Lübeck. über BSV Vorwärts, Lübeck von 1919 und Sportvereinigung „Polizei“ Lübeck e.V. Festschrift. Verein für Bewegungsspiele, Lübeck 1949, S. 35–38.
  12. Walter Bergmann (Hrsg.): 30 Jahre VfB Lübeck. über BSV Vorwärts, Lübeck von 1919 und Sportvereinigung „Polizei“ Lübeck e.V. Festschrift. Verein für Bewegungsspiele, Lübeck 1949, S. 38–44.