Satanazes

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Zuane Pizziganos Landkarte von 1424
Ausschnitt aus Pizziganos Karte; Satanazes (blau) oben und Antilia (rot) unten

Satanazes (auch Stanazes, Satanaxio, Satanagio, Salvaga, Salvatga, Salirosa, Satanzes u. a.) ist eine Phantominsel, die auf mehreren Karten des 15. Jahrhunderts auftaucht. Sie sollte im Nordatlantik, westlich der Azoren und nördlich der (ebenfalls fiktiven) Insel Antilia liegen. Der Name Satanazes ist abgeleitet vom spanischen „el Satanás“ (der Teufel).

Die älteste, bislang bekannte Darstellung von Satanazes findet sich auf der Portolankarte des venezianischen Kartographen Zuane Pizzigano aus dem Jahr 1424. Auf der Karte, die in der Sammlung von Sir Thomas Phillips in der James Ford Bell Library der University of Minnesota aufbewahrt wird, ist im westlichen Atlantik eine Gruppe von vier Inseln mit Namen Satanazes, Antilia, Saya und Ymana eingezeichnet. Zwei besonders große Inseln fallen auf, eine rot eingefärbt und eine weitere – nördlich davon – dunkelblau. Die blaue Insel trägt den Namen „Satanazes“ und ist von rechteckiger Form mit sieben Meeresbuchten. Fünf Städte sind benannt: Aralia, Ysa, Nar, Con und Ymana. Direkt oberhalb ist als Nebeninsel die kleine, halbmondförmige Insel Saya (auch Taumar oder Tanmar genannt) wie eine aufgesetzte Kappe dargestellt.

Der Name Satanazes trägt als Erläuterung den Zusatz: „Ista ixolla dixemo satanazes“. Die Sprache ist Galego und der Satz heißt übersetzt: „Diese Insel wurde als Teufelsinsel benannt“.[1] Die Kartenbezeichnung wurde frei interpretiert als: „Dies wird die Insel der Teufel genannt.“[2] Der Reiseschriftsteller Vincenzo Formaleoni (1752–1797) erklärt sie auch als „Die Insel der Hand Satans“ und bezieht sich auf eine Karte aus dem Atlas des Andrea Bianco von 1436.[3] Dort sind im Westen der Azoren, ungefähr 240 Seemeilen (450 km) westlich der portugiesischen Küste, zwei rechtwinklige Inseln von beträchtlicher Größe abgebildet. Die nördliche, etwas kleinere, bezeichnet Bianco als „ysla de la Man Satanaxio“, die Insel der Hand Satans.[4]

Dieser Bezeichnung liegt folgende irische Legende zugrunde, die der US-amerikanische Schriftsteller Thomas Wentworth Higginson veröffentlicht hat:

Die Söhne des wohlhabenden Bauern Conall Ua Corra, ungebärdige junge Männer, die viele Schandtaten begangen hatten, begaben sich auf Anraten des heiligen Finnen of Cluain Iraird (oder Finnian von Clonard) auf eine Pilgerreise, um für ihre Frevel zu büßen. In einem Curragh segelten sie von Connaught (Connacht im nordwestlichen Irland) nach Nordwesten in den Atlantik. Auf ihrer langen Reise besuchten sie mehrere wunderbare Inseln. Schließlich kamen sie auf einer Insel vor Spanien an und trafen am Strand auf trauernde Frauen. Deren Männer waren, wie die Frauen erzählten, Satan zum Opfer gefallen, weil sie mit ihrem Schiff zu nahe an die „Isla della Man Satanaxio“, die Insel der Hand Satans, gekommen seien. Die Satansinsel sei umgeben von kalten Meeresströmungen und immer von Nebel verhüllt. Außerdem wechsele sie ständig ihre Position, sodass bisher niemand dort habe landen können. Wenn sich jedoch ein Schiff der Insel nähere, erhebe sich, besonders bei Nacht, eine riesige Dämonenhand, die die Männer vom Oberdeck pflücke. Sie verschwänden auf Nimmerwiedersehen. Als die Brüder über diese Schilderung lachten, und sie als Märchen bezeichneten, zeigte ein Priester ihnen eine alte Karte, auf der die Insel „Satanagio“ eingezeichnet war. In Begleitung eines spanischen Fischerbootes machten sich die Brüder auf den Weg, um die geheimnisvolle Insel zu finden. Nachdem sie viele grüne und fruchtbare Inseln passiert hatten, gerieten sie schließlich in eine Nebelbank, aus der sich urplötzlich eine gewaltige Hand in den Himmel erhob und das Boot der Spanier zerschmetterte. Nur einige der Fischer konnten sich in das Curragh retten. Die Überlebenden segelten westwärts, um sich in Sicherheit zu bringen, und als die Dunkelheit kam, ankerten die völlig Erschöpften am Strand einer öden und unfruchtbaren Insel, die unvermittelt aus dem Nebel aufgetaucht war. Doch als sich der Nebel verdichtete und sie den Anker lichteten, erhob sich dieselbe Hand und fegte die Männer über Bord, die sich nur mit Mühe und Not retten konnten. Aus der Nebelbank hörten sie das unermüdliche Tosen des aufgewühlten Meeres und furchtbare Schreie, so als habe die teuflische Hand weitere Opfer gefunden. Als sich um die Mittagszeit der Nebel verzog, war weit und breit keine Insel zu sehen. Auf ihrer langen Rückreise begegneten die Überlebenden mehreren Eisbergen, bis sie schließlich nach Spanien zurückkehren konnten.[5]

Auf späteren Karten trägt die Insel abweichende Namen, so zum Beispiel Satanagio auf einem Portolan von Battista Beccario aus dem Jahr 1435, Salirosa auf dem Laon-Globus von 1493[6] oder Saluaga auf der Karte von Grazioso Benincasa von 1470[7]. Der niederländische Kartograph Johannes Ruysch zeichnete 1508 nahe Neufundland eine mandelförmige Doppelinsel als Isla de los Demonios ein, neben die er notiert, „Teufel“ würden vorbeifahrende Schiffe angreifen. Damit einher gehen Erzählungen französischer Seefahrer, auf einer solchen Insel flögen Dämonen umher und attackierten Schiffe.[1] Auch abweichende Positionen sowie andere Städtenamen sind häufig verzeichnet, doch Satanazes wird weiterhin meist im Kontext mit der Insel Antilia genannt. Das mag daran liegen, dass Antilia in der Zeit der maurischen Eroberung Spaniens der Legende nach von sieben Bischöfen und ihren christlichen Gefolgsleuten besiedelt worden war, die vor den Mauren geflohen waren und sieben Städte gegründet hatten. Antilia wurde daher auch „Die Insel der sieben Städte“ genannt, die unter dem besonderen Schutz Gottes stand. Als Gegenpol gab es nördlich davon Satanazes, die Insel des Satans, des Widersachers.

Nach Ansicht des deutschen Geographen Georg Hassel bilden die Inseln Antilia und Stanaxio beide Teile des amerikanischen Festlandes ab, die man sich im 16. Jahrhundert durch eine Meerenge getrennt vorstellte.[8] Der Schriftsteller Gavin Menzies behauptet, Antilia und Satanazes seien mit den karibischen Inseln Puerto Rico und Guadeloupe identisch.[9] Diese Ansicht hat bereits der portugiesische Agronom und Kolonialhistoriker Armando Cortesão vertreten.[10]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Dirk Liesemer: Lexikon der Phantominseln. 1. Auflage. mareverlag, Hamburg 2016, ISBN 978-3-86648-236-4, S. 134.
  2. Jerald Fritzinger: Pre Columbian Trans-Oceanic Contact. Lulu.com, USA 2016, ISBN 978-1329972162, S. 222
  3. Vincenzo Formaleoni: Compendio della storia generale de' viaggi. Opera di M. De La Harpe accademico parigino. Adorna di Carte Geografiche, e Figure. Arricchita d'annotazioni. Tomovigesimo. (unito a:) Saggio sulla nautica antica dei veneziani di vincenzo Formaleoni. Venedig 1783, S. 48
  4. Alexander von Humboldt: Kritische Untersuchungen über die historische Entwickelung der geographischen Kenntnisse von der Neuen Welt und die Fortschritte der nautischen Astronomie in dem 15ten und 16ten Jahrhundert. Übersetzt aus dem Französischen von Julius Ludwig Ideler, Nicolai, Berlin 1836 und 1852, S. 414 und 416
  5. Thomas Wentworth Higginson: Tales of the Enchanted Islands of the Atlantic. The Macmillan Company, New York 1898, S. 134 f. (Reprint: ISBN 1-58963-658-9)
  6. Edward Brooke-Hitching: Atlas der erfundenen Orte: Die größten Irrtümer und Lügen auf Landkarten. DTV 2017, ISBN 978-3-423-28141-6, S. 210–211
  7. Donald S. Johnson: Fata Morgana der Meere – Die verschwundenen Inseln des Atlantiks. Diana-Verlag, München 1999, ISBN 3-8284-5019-9, S. 169
  8. Georg Hassel: Vollständige und neueste Erdbeschreibung des britischen und russischen Amerika´s und der französischen Fischerinseln. Verlag des Geographischen Institutes Weimar 1822, S. 5–6
  9. Gavin Menzies: 1421. Als China die Welt entdeckte. Droemer, München 2003, S. 15, ISBN 3-426-27306-3
  10. Armando Cortesão: The Nautical Chart of 1424 and the Early Discovery and Cartographical Representation of America – A Study on the History of Early Cartography. University of Coimbra, 1954