Schuhplattler

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Schuhplattler
Art: Paartanz (Gesellschaftstanz)
Musik: Volksmusik
Rhythmus: meist Dreivierteltakt
Geschwindigkeit: ~? Takte pro Minute (d. h. ~? bpm)
Herkunft: Oberbayern, Tirol und Salzburg
Entstehungszeit: ~1050 bzw. ab 1824
Liste aller Tänze
Schuhplattler in München

Schuhplattler ist der Name eines bairischen Tanzes (Oberbayern und Österreich), der auch hauptsächlich in dieser Region ausgeübt wird. Er ist aus dem Ländler entstanden.

Ansichtskarte von 1924 („Gruß aus dem Allgäu – Schuhplattler“)

Herkunft

Der Name „Schuhplattler“ stammt nachweislich etwa aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Doch schon zuvor wurden Schuhplattler und ähnliche Tanzformen, die sich aus der Tanzpraxis des Ländlers ergaben, praktiziert. Die älteste Erwähnung stammt von einem Mönch, der um 1050 in der Ritterdichtung Ruodlieb einen Tanz beschrieb, der dem späteren Schuhplattler in Gebärden und Bewegungen zumindest ähnelt. Die Tanzbewegungen waren ursprünglich Werbetanzfiguren; ein Tänzer wollte seine Tänzerin mit akrobatischen Figuren beeindrucken und damit für sich gewinnen. Vorher und nachher drehte er sie unter den Händen oder tanzte mit ihr Walzer. Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet des Schuhplattlers reicht im Norden bis zur Linie Bad-Tölz–Ruhpolding, im Osten bis ins Salzachtal und Drautal. Die Linie Garmisch–Meran markiert in etwa die Westgrenze. Die südlichsten historischen Belege fanden sich im Eisacktal und im Pustertal.

Nach einer umstrittenen Theorie ging der Plattler aus der Beobachtung des Auerhahns hervor; diese Hühnerart war früher im Voralpengebiet und in den Hochalpen sehr verbreitet. Im Frühjahr balzt der Auerhahn mit aufgeschlagenen Flügeln und hochgerecktem Schwanz vor den Hennen, um sie zu beeindrucken. Diese Art der „Brautwerbung“ wurde dann angeblich in einem Werbetanz – dem sogenannten Balztanz – übernommen. Vielleicht stammt diese Theorie von einem Ausspruch Georg von Kaufmanns, der damit den Burschenplattler erklären wollte: „Es ist schon auch bei der Balz so, dass die Hähne gewöhnlich nicht der Henne nachbalzen, sondern es sind gerne mehrere Hähne in der Runde beisammen und spielen. Die Hennen sitzen irgendwo in den Bäumen und Büschen rundherum.“

Tatsächlich war der Plattler jedoch immer ein Paartanz. Die Form war zunächst noch frei und ohne Regeln. Im Drei-Viertel-Takt eines Ländlers absolvierte der Bursch eine Folge von Sprüngen und Hüpfbewegungen nach dem Rhythmus der Musik. Dabei „plattelte“ (schlug) er sich selbst auf Schenkel, Knie und Fußsohlen, „paschte“ (klatschte) in die Hände und stampfte mit den Füßen auf. Den Abschluss bildete ein kurzer walzerischer Rundtanz mit dem Dirndl. Wie diese Tänze ursprünglich ausgesehen haben, ist aus Aufzeichnungen in Südtirol überliefert. Beim Lüsener Deutschen etwa folgt auf vier achttaktige Ländlerfiguren die ebenfalls achttaktige Figur „Deutsch tanzen“: „Die Tänzerin dreht sich rechts allein vor dem Tänzer in Tanzrichtung weiter; der Tänzer folgt ihr plattelnd … Ältere Tänzer, welchen das Platteln schon schwer fällt, tanzen dafür schon in der 5. Figur Walzer.“ Es folgt als 6. Figur ein Walzerrundtanz.

Zumindest seit der ersten Ausfahrt der Zillertaler Sängerfamilie Rainer ins Ausland und den dort veranstalteten „Tirolerabenden“ (1824)[1] wurde dieser ursprüngliche Paartanz zum Schautanz umgeformt; diese Entwicklung wurde durch die nach 1880 gegründeten bayrischen Gebirgstrachten-Erhaltungsvereine fortgesetzt. Diese Vereine formten einen genau festgelegten Tanz, den Schuhplattler. Er wurde damit vom Werbetanz zum Schautanz.

Auch akrobatische Figuren wurden getanzt, etwa das „Trestern“ auf der Zimmerdecke: Der Bursch stützt sich auf die Schultern seiner Partnerin auf und stampft mit den Beinen taktmäßig auf die Zimmerdecke bzw. schlägt die Beine zusammen (1824).[2]

Vergleichbare Tänze mit Schlägen in die Hände, auf die Schenkel, seitlich an die Schuhe und anderen akrobatischen Einlagen gab und gibt es in vielen Ländern, etwa in Ungarn, Norwegen, Schweiz usw.

Einen der anschaulichsten Berichte über den Schuhplattler verfasste der Franzose und Weltreisende Hugues Krafft 1886: „Liebhaber von Volkstänzen kommen in Partenkirchen voll auf ihre Kosten, denn an Sonn- und Feiertagen sieht man auf den großen Plätzen überall Paare zur Musik tanzen. Vorzugsweise den Ländler, einen bei Mädchen und Jungen beliebten gemächlichen Walzer. Die größte Attraktion jedoch ist sogar für die hiesigen Bauern immer wieder der Schuhplatterl [sic!]. Er ist eine höchst ausgefallene Gigue: Wenn ein Paar damit beginnt, bilden andere einen Kreis. Während nun die Tänzerin kurzzeitig von ihrem Partner getrennt wird und weiterhin Walzerschritten folgt, muss der Tänzer zum Takt der Musik eine Reihe schwieriger Bewegungen ausführen. Er dreht sich um die eigene Achse, klopft sich auf Schenkel und Beine, fällt auf die Knie oder springt in die Luft und wirft seinen Hut, während er ein freudiges „Tju-hu“ ausstößt. – Schuhplatterl darf nicht jeder, der gerne möchte. Diejenigen, die dürfen und den Tanz beherrschen, werden dafür mit kräftigem Applaus angefeuert ...“ [3]

Schuhplatteln heute – traditionell

Heutzutage wird der Plattler auf traditionelle Art und Weise vielerorts von Heimat- und Trachtenvereinen ausgeübt, hauptsächlich zur Pflege des Brauchtums. Beim traditionellen Schuhplatteln wird die originale Tracht getragen, und z. B. beim Preisplatteln – das ist ein Turnier, bei dem mehrere Vereine und Gruppen zusammenkommen, um im Einzelwettbewerb oder im Gruppenwettkampf gegeneinander anzutreten – wird neben der Exaktheit der Tanzausführung besonders auf die Originalität und Vollständigkeit der Festtracht geachtet

Schuhplatteln heute – modern

Seit Anfang des 20. Jahrhunderts setzte sich mit dem „Burschenplattler“ (ohne Dirndl) eine Neuerung durch, die sich vom ursprünglichen Charakter des Plattlers als Werbetanz entfernt hat. In den 1950er Jahren wurde aus touristischen Gründen der „Marschplattler“ (z. B. „Holzhacker“) ins Leben gerufen, der den bisher obligaten Dreivierteltakt des Ländlers aufgibt und der ebenfalls nur von Burschen ausgeführt wird. In den letzten Jahren bildeten sich vielerorts neue Schuhplattlergruppen, die die lange Tradition des Schuhplattelns zum Teil auch auf eine moderne und jugendliche Art neu interpretieren. Mit moderner Musik, neuen – teils akrobatischen – Figuren und auch Frauen als Mitgliedern in den Gruppen wird dieser traditionelle Tanz dem 21. Jahrhundert angepasst, ohne dabei seine Wurzeln zu verleugnen, wobei natürlich auch traditionelle Plattler bei den meisten Gruppen auf dem Programm stehen.

Die klassischen und modernen Interpretationen des Schuhplattelns verhalfen dem Schuhplattler zu einer kleinen Renaissance, denn immer öfter werden im Fernsehen, bei großen Messen und Veranstaltungen und großen Feiern Schuhplattler als besondere Einlage engagiert und bringen diese althergebrachte Form des Tanzes wieder einem breiten Publikum nahe. An Kleidung sind die Show-Plattler an der nicht so prächtig geschmückten Bekleidung zu erkennen. Meistens wird beim Platteln kein Trachtenhut getragen, weil dieser bei den „artistischen Einlagen“ hinderlich wäre.

Umstrittene Formen

  • Das Dirndlplatteln (Schuhplatteln durch reine Frauengruppen) wird bei den Trachtenvereinen nicht gern gesehen. Trotzdem sind in den letzten Jahren in Österreich und Südtirol eine Reihe von Damen-Schuhplattlergruppen entstanden.
  • Auch das Platteln durch zu junge Kinder wird oft abgelehnt.
  • In München entstand 1997 die Gruppe Schwuhplattler mit ausschließlich schwulen Mitgliedern.
  • Häufig wird auch die Verwendung von als kitschig empfundenem Zubehör abgelehnt, wie Holzhacken auf der Bühne, Schmarrnkochen auf offenem Feuer während des Plattelns, Verwendung von abgestimmten Kuhglocken und anderes. Vom Publikum, besonders als Touristenattraktion in Fremdenverkehrsgegenden, werden alle diese Formen jedoch gerne gesehen.
  • Der Watschentanz ist eine Abart des Schuhplattlers, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Touristenattraktion entstand. Ob der Tanz zum bayrischen Brauchtum gezählt werden kann, ist bei Trachtenvereinen und Schuhplattlergruppen umstritten.

Quellen

  1. Jahrbuch des Österreichischen Volksliedwerkes, Band 56, 2007, S. 57, ISBN 978-3-900198-15-2
  2. Jahrbuch des Österreichischen Volksliedwerkes, Band 56, 2007, S. 103, ISBN 978-3-900198-15-2 bzw. Illustriertes Wiener Extrablatt, 22. September 1908
  3. Marcus Spangenberg, Sacha Wiedenmann (Hrsg.): 1886. Bayern und die Schlösser König Ludwigs II. aus der Sicht von Hugues Krafft / 1886. Louis II, ses châteaux et la Bavière selon Hugues Krafft. Verlag Schnell und Steiner, Regensburg 2011, ISBN 978-3-7954-2470-1

Weblinks

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