Schweizer Truppen in kurpfälzischen Diensten

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Wappen der Kurpfalz

Die eine Schweizer Truppe in kurpfälzischen Diensten, von den Kurfürsten der Pfalzgrafschaft bei Rhein mehrmals aufgehoben und wiedererrichtet, war eine Schweizer Leib-Garde.

Schweizer Truppen in fremden Diensten hiess der von Behörden der Schweizer Eidgenossenschaft mit Staatsverträgen geregelte Solddienst von geführten, ganzen Truppenkörpern im Ausland.

Diese Verträge enthielten ein Kapitel, das die militärischen Angelegenheiten regelte: die sogenannte Kapitulation (oder Privatkapitulation, wenn einer der Vertragspartner ein privater Militärunternehmer war).

Übersicht der Schweizer Truppen in kurpfälzischen Diensten

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Haus Wittelsbach
#kur Bezeichnung Jahr
Kurfürst Johann Kasimir 1583–1592
1 Schweizer Leibgarde 1592
Kurfürst Karl Ludwig 1649–1680
2 Schweizer Leibgarde 1656–?/1678–?
Kurfürst Karl Philipp 1716–1742
3 Schweizer Leib-Garde 1716–1778
Kurfürst Karl Theodor 1742–1799
1777 kurpfälzisch-bayerischer Kurfürst
Haus Hessen
0 Schweizer Leib-Garde
ohne eidgenössischen Bezug
1778–1866

Die Kurpfalz, ein territorialer Flickenteppich

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Die Kurpfalz, ein territorialer Flickenteppich

Der Pfalzgraf bei Rhein war einer der (ursprünglich) sieben Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.

Die kurfürstlich rheinische Pfalzgrafschaft (Kurzform: Kurpfalz) war kein zusammenhängendes Territorium, sondern ein sich dauernd verändernder territorialer Flickenteppich von Einzelgebieten. Er erstreckte sich, grob gesagt, von der Mosel linksseitig des Rheins hoch bis ins Nordelsass und auf der rechten Rheinseite an Heidelberg vorbei den Neckar entlang bis in die Gegend von Heilbronn. Zusammengehalten wurde er vom Amt des ehemals für die königlichen Pfalzen verantwortlichen Pfalzgrafen, der mit der Goldenen Bulle von 1356 endgültig zum Kurfürst wurde.

Das Amt des kurfürstlichen Pfalzgrafen übertrug sich öfters von einer aussterbenden hochadligen Dynastie zur nächsten und schliesslich zwischen verschiedenen Linien der Wittelsbacher. Die Kurpfalz wechselte mehrmals die Konfession zwischen Katholizismus, Luthertum und Calvinismus und wurde auch schon mal von spanischen, schwedischen, bayrischen oder französischen Feldherren besetzt.

Bereits im 16. Jahrhundert bekam Kurfürst Johann Kasimir von den protestantischen eidgenössischen Städten eine Schweizer Leibgarde bewilligt[1].

Bezeichnung,
Einsatzdauer
(1kur) Schweizer Leibgarde[1] 1582
Jahr,
Vertragspartner
1582: Kapitulation von Kurfürst Johann Kasimir mit den protestantischen eidgenössischen Städten[A 1].
Bestand,
Formation
Eine Kompanie von 200 Mann, davon 40 aus Zürich.
Herkunft Kader,
Truppe
Aus den protestantischen Kantonen.
Besitzer,
Kommandant,
Namensgeber
  • Zürcher Kontingent: Hauptmann Sebastian Stucki;
  • Übriges Kontingent: k. A.
Einsatz,
Ereignisse
Die Einheit scheint nach dem Tod von Kurfürst Johann-Kasimir bereits wieder aufgelöst worden zu sein.

Die Schweizer Einwanderer in die Kurpfalz

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Die Kurpfalz hatte unter den Kriegsgräueln und Brandschatzungen des Dreissigjährigen Krieges besonders stark gelitten: ganze Landstriche waren leergefegt. Das Land mit der Residenzstadt Heidelberg litt unter der Entvölkerung und erliess schliesslich ein Einwanderungsgesetz. Damit sollten ab 1650 die Bevölkerung rheinabwärts vor allem durch Einwanderer aus den deutschsprachigen Kantonen der kriegsverschonten Schweiz erneuert und das Handwerk gefördert werden. Das Angebot war durch den nach Kriegsende eintretenden Konjunktureinbruch in der Eidgenossenschaft willkommen.

Auch Kurfürst Karl Ludwig leistete sich 1656 eine aus für ihre Zuverlässigkeit und militärischen Fähigkeiten bekannten Eidgenossen bestehende Schweizer Leibgarde.

Bezeichnung,
Einsatzdauer
(2kur) Schweizer Leibgarde[1] 1656–?/1678–?
Jahr,
Vertragspartner
1656/1678: Genehmigung für Kurfürst Karl Ludwig aus Zürich.
Bestand,
Formation
  • 1656: eine Einheit von 50 Mann.
  • 1678: zwei Kompanien von unbekannter Grösse.
Herkunft Kader,
Truppe
Aus Zürich.
Besitzer,
Kommandant,
Namensgeber
  • 1656: k. A.
  • 1678: die Hauptleute Heinrich Bürckli und Lux Schmid.
Einsatz,
Ereignisse
Ob es sich um dieselbe oder zwei verschiedene Einheiten handelt sowie ihre Einsatzdauer ist aus den verfügbaren Quellen nicht ersichtlich.

Die Kurpfalz geht in Bayern auf

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Auch ein Jahrhundert später wies die kurpfälzische Armee von Kurfürst Karl Philipp eine Schweizer Garde aus[2].

1777, kurz vor der Französischen Revolution, starb die bayerische, die Hauptlinie der Wittelsbacher im Mannesstamme aus. Der Kurfürst der Pfalzgrafschaft bei Rhein aus der Sulzbacher Nebenlinie, Karl Theodor, übernahm das Erbe, brachte die Kurpfalz in den neugebildeten Staat Kurpfalz-Bayern ein und verlegte die Hauptstadt von Mannheim nach München.

Bei diesem Vorgang erlosch die kurpfälzische Kurwürde. Karl Theodor führte jedoch die kurbayerische Kurwürde weiter[A 2].

Er vereinigte auch beide Armeen zur kurpfälzisch-bayerischen Armee. Dabei ist die kurpfälzische Schweizer Leib-Garde aufgelöst und in bestehende bayerische Verbände integriert worden.

Bezeichnung,
Einsatzdauer
(3kur) Schweizer Leib-Garde[2] 1716–1778
Jahr,
Vertragspartner
Erlass von Kurfürst Karl Philipp?
Bestand,
Formation
  • Eine Kompanie von 100 Mann Sollbestand.
  • 1755 noch 66 Mann Istbestand, uniformiert mit blauem Rock, blauer Weste, roten Aufschlägen, silberbortiertem Hut und mit folgenden Chargen:

1 Capitän en chef, General; 1 Lieutenant, Oberst; 1 Fähnrich, Oberstleutnant; 4 Capitäns-Exempts; Majore (diese Alle von Adel); 1 Quartiermeister; Hauptmann; 1 Feldscherer; 2 Wachtmeister; 3 Corporale; 2 Tamboure; 2 Pfeiffer; 46 Schweizer; 1 Profos; zusammen 66 Mann[2].

Herkunft Kader,
Truppe
Offizierskorps vorwiegend aus der Kurpfalz.
Besitzer,
Kommandant,
Namensgeber
1775: Capitaine en Chef: Friedrich Wilhelm, Prinz zu Isenburg; Obrist: Carl Joseph, Graf von Wiser[3].
Einsatz,
Ereignisse
Die Reste der Einheit gingen, nach der Vereinigung der Kurpfalz mit Bayern 1777, in bestehenden bayrischen Garden auf.

Das Ende der Kurpfalz durch Napoleon

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1777 mit Bayern vereinigt, bedeuteten die napoleonischen Kriege 1803 für die Kurpfalz das endgültige Ende.

Der Reichsdeputationshauptschluss überliess, wie für weitere deutsche Fürsten, ihre linksrheinischen Gebiete Frankreich und teilte die rechtsrheinischen mehrheitlich dem Kurfürstentum Baden zu.

Als Kompensation für die linksrheinischen Gebietsverluste wurden vier neue Kurwürden geschaffen[A 3], darunter diejenige von Hessen-Kassel (Kurzform: Kurhessen).

Die letzte kurfürstliche, eine kurhessische Schweizer Leib-Garde

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Auch diese hessen-kasselschen Landgrafen, und ab 1803 Kurfürsten[A 4], verfügten über eine Schweizer Leib-Garde in ihren Streitkräften, die allerdings keinen Bezug zum Schweizer Bürgerrecht hatte.

Diese, obwohl keine kurpfälzische, eidgenössische, sondern kurhessische Einheit, ist nachfolgend, der Vollständigkeit halber, als letzte kurfürstliche Schweizer Leib-Garde ebenfalls aufgeführt.

Bezeichnung,
Einsatzdauer
(0kur) Schweizer Leib-Garde[2] 1778–1866
ohne eidgenössischen Bezug[A 5]
Haus Hessen-Kassel
#kur Bezeichnung Jahr
Landgraf Friedrich II. 1760–1785
0 Schweizer Leib-Garde 1778–1866
Landgraf Wilhelm I 1785–1821
1803 kurhessischer Kurfürst
Kurfürst Friedrich Wilhelm I 1847–1866
Jahr,
Vertragspartner

Erlass von Landgraf Friedrich II.[A 6]

Bestand,
Formation
  • 1778 (soll): 150 Mann[4].
  • 1785 (ist): Kompanie von 40 Mann.
  • 1789 (soll): Chargen nach dem neuen Kriegsreglement von Kurfürst Karl Theodor:

1 Hauptmann oder Rittmeister, 1 Oberlieutenant, 1 Unterlieutenant, 1 Feldwebel oder Wachtmeister, 1 Fourier, 2 Sergenten, 2 Wachtmeister, 4 Korporale, 8 Gefreite.

  • 1840 (ist): 1 Feldwebel und 15 Mann (extremer Spardruck!).
Herkunft Kader,
Truppe
besonders geeignete Veteranen aus aufgelösten einheimischen Garden.
Besitzer,
Kommandant,
Namensgeber
Aus dem kurhessischen Militäradel.
Einsatz,
Ereignisse
Der Auftrag der Einheit bestand, neben der Repräsentation bei Staatsanlässen, in der Bewachung der Löwenburg und der kurfürstlichen Schlösser.

Landgraf Friedrich II. und seine landgräflichen und kurfürstlichen Nachfolger bildeten die Schweizer Leib-Garde mehrmals um[A 7] und änderten auch einige Male ihre Bezeichnung.

  1. die protestantischen eidgenössischen Städte waren Zürich, Bern, Basel und Schaffhausen.
  2. Die Herzöge von Bayern (1623) und Braunschweig-Lüneburg (1692) hatten im 17. Jahrhundert ebenfalls die (8. und 9.) Kurwürde erreicht.
  3. Bei der Schaffung der Kurwürden (Salzburg, Württemberg, Baden und Hessen-Kassel) wurden gleichzeitig die beiden geistlichen von Trier und Köln aufgehoben.
  4. der Nachfolger von Landgraf Friedrich II., des Gründers der hessen-kasselschen Schweizer Leibgarde, war Landgraf Wilhelm I. Er wurde 1803 erster kurhessischer Kurfürst.
  5. Dies ist ein Beispiel für die Verwendung des Wortes Schweizer als Synonym für einen fürstlichen/königlichen Gardesoldaten.
  6. Durch Soldatenhandel im grossen Stil einer der reichsten Fürsten Europas.
  7. beispielsweise Wilhelm I., der 1806 die kurhessische Armee auflöste und vor Napoleon ins Exil floh. Nachdem 1813 sein Land restituiert wurde, kehrte er zurück und formierte seine Streitkräfte neu.

Literaturverzeichnis

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Einzelnachweise

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  1. a b c Friedrich Vogel: Die alten Chroniken oder Denkwürdigkeiten der Stadt und Landschaft Zürich von den ältesten Zeiten bis 1820, Druck und Verlag von Friedrich Schulthess, Zürich 1845. https://www.e-rara.ch/i3f/v20/8611740/manifest.
  2. a b c d Die churpfälzische Armee 1701-1777. In: Friedrich Münich: Geschichte der Emntwicklung der bayerischen Armee in zwei Jahrhunderten, Verlag Lindauer, München 1864.
  3. Des neuen Genealogischen Reichs- und Staats-Hand-Buchs Auf das Jahr MDCCLXXV, zweiter Theil, bei Franz Varrentrapp, Frankfurt am Mayn 1775.
  4. Felix Joseph Lipowsky: Karl Theodor, Churfürst von Pfalz-Bayern, Herzog zu Jülich und Berg (et)c. (et)c. wie Er war, und wie es wahr ist, oder dessen Leben und Thaten, J.E. von Seidel'sche Buchhandlung, Sulzbach 1828.