Sparrenburg

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Bergfried – Turm der Sparrenburg

Die Sparrenburg (eigentlich: Burg und Festung Sparrenberg) ist eine restaurierte Festungsanlage im Bielefelder Stadtbezirk Mitte. Sie liegt auf dem 180 m hohen Sparrenberg im Teutoburger Wald und überragt das nahe Stadtzentrum um gut 60 m. Ihr heutiges Aussehen geht im wesentlichen auf das 16. und 19. Jahrhundert zurück. Die Sparrenburg gilt als ein Wahrzeichen Bielefelds.

Geschichte

Sparrenburg

Die ersten Jahrhunderte

Die Sparrenburg wurde als Burg deutlich vor 1250 durch die Grafen von Ravensberg erbaut. Sie diente der Sicherung des Bielefelder Passes über den Teutoburger Wald, als Herrschersitz der Grafen von Ravensberg und dem Schutz der wohl um 1200 gegründeten Stadt Bielefeld. Da in der Regel die Anlage einer schützenden Burg einer Stadtgründung vorausgeht, wird neuerdings gemutmaßt, dass es noch einen älteren Vorgängerbau gegeben habe. Erstmalig wird die Burg urkundlich 1256 erwähnt.

1346 stirbt Bernhard Graf von Ravensberg kinderlos. Damit stirbt das Haus Calvelage-Ravensberg aus. Die Burg fällt nun durch Heirat an Graf Gerhard I. von Jülich-Berg, der seit 1338 mit Bernhards Nichte Margarete verheiratet ist. Die Funktion eines Herrschersitzes entfällt. Am 18. November 1377 übernachtet Kaiser Karl IV. auf der Burg. Von 1410 bis 1428 dient die Sparrenburg ein letztes Mal als Herrschersitz für Graf Wilhelm II. von Ravensberg, der aus der das Herzogtum Berg regierenden Linie des Hauses Jülich stammt. 1511 wechselt die Sparrenburg erneut den Besitzer: Herzog Wilhelm von Jülich-Berg, der auch Graf von Ravensberg ist, stirbt, und Grafschaft und Burg fallen an seinen Schwiegersohn Herzog Johann von Jülich-Kleve-Berg.

Umwandlung zur Festung

Teil der Festung Sparrenberg mit dem Scherpentiner

Als neue Grafen von Ravensberg und Besitzer der Sparrenburg veranlassen die Herzöge von Kleve den Ausbau. Die Burg soll den neuen militärischen Gegebenheiten angepasst werden und den immer effektiveren Belagerungsgeschützen standhalten können.

Nach Vorarbeiten ab 1535 leiten von 1556 an der italienische Festungsbaumeister Alessandro Pasqualini und sein Sohn den Umbau, der 1578 abgeschlossen wird und die größte Festung in Westfalen hervorgebracht hat.

Dabei wird auch eine als „Scherpentiner“ bezeichnete Bastion errichtet (Bild links). Der Begriff Scherpentiner lässt sich nur bei der Sparrenburg nachweisen, seine Herkunft geht auf die Serpentinen (Serpentin = ital. Schlange, deutscher Begriff: Feldschlange), leichte Artilleriegeschütze des 15. und 16. Jahrhunderts, zurück.

Bewährungsproben

1609 stirbt mit Johann Wilhelm von Jülich-Kleve-Berg der letzte Herzog aus dem Hause Jülich ohne männlichen Nachfahren. Die von den Haupterben Kurfürst Johann Sigismund von Brandenburg und Herzog Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg 1609 vereinbarte Gemeinschaftsregierung scheitert und gipfelt im Jülich-Klevischen Erbfolgestreit. 1612 wird die Burg durch ein Erdbeben beschädigt. Durch den 1614 geschlossenen Vertrag von Xanten, der den Erbfolgestreit beendet, fällt die Burg an Brandenburg-Preußen, das zunächst seinen holländischen Verbündeten das Besatzungsrecht einräumt. Die holländische Besatzung trifft im November 1615 ein.

Im Zuge des 1618 ausgebrochenen Dreißigjährigen Krieges müssen die Holländer sich 1623 vor den übermächtig anrückenden Spaniern zurückziehen, die von Graf Johann von Rietberg angeführt wurden. 1625 versucht der brandenburgische Oberst Gent vergeblich, mit Hilfe der ravensbergischen Bauern die Sparrenburg zurückzuerobern. 1636 belagern Schweden und Hessen fast ein Jahr lang die Spanier, bevor diese 1637 die Festung übergeben müssen. 1642 wird die Sparrenburg den verbündeten Franzosen überlassen.

Der Westfälische Frieden 1648 bestätigt die Zugehörigkeit zu Brandenburg-Preußen. In der Folgezeit hält sich der Große Kurfürst mehrfach auf der Festung auf, zwei seiner Kinder werden hier geboren.

Im Französisch-Niederländischen Krieg widersteht die Sparrenburg erfolgreich ihren letzten Belagerungen, 1673 gegen münstersche und 1679 gegen französische Truppen.

Verfall und romantische Erneuerung

Mit Ende des 17. Jahrhunderts genügt die Sparrenburg den militärischen Erfordernissen nicht mehr. Sie wird daher teils als Gefängnis genutzt, teils dem Verfall preisgegeben. Die Außenmauern werden mit Zustimmung König Friedrichs II. abgetragen und finden u.a. beim Bau der noch heute an der Hans-Sachs-Straße vorhandenen 55er-Kaserne Verwendung.

Im Zuge der Burgenromantik des 19. Jahrhunderts gründet sich in Bielefeld das „Comité zur Wiederherstellung des Thurmes auf dem Sparenberge“ und betreibt den Wiederaufbau des Turmes, der 1842/43 erfolgt.

In Jahr 1879 konnte die Stadt Bielefeld die Anlage für einen Preis von 8.934,90 Mark vom preußischen Staat erwerben, obwohl der ursprüngliche Wert auf 70.000,00 Mark taxiert wurde. Nach Plänen des Architekten E. Hillebrand wurde nach langen Diskussionen über die Gestaltung des Bauwerks 1886 mit der Errichtung das neuen Palasgebäudes begonnen. Am 24. April 1888 übergab man das im gotischen Stil ausgeführte Bauwerk mit Festsaal, Restaurant und Museumsräumen.

Im Innenhof wird 1900 im Beisein Kaiser Wilhelms II., des (nominell) letzten Grafen zu Ravensberg, ein von Fritz Schaper geschaffenes Denkmal des Großen Kurfürsten aufgestellt.

Kriegszerstörungen und Restaurierungen

Ausgrabungsstelle am Kiekstattrondell

Während des Zweiten Weltkrieges als Flakstellung genutzt, wird die Sparrenburg beim Luftangriff auf Bielefeld am 30. September 1944 schwer beschädigt, nur der Turm bleibt unversehrt.

Von 1948 bis 1987 liefen fast durchgängig Aufräum- und Restaurierungsarbeiten. Von 1955 bis 1982 war im wieder aufgebauten Wirtschaftsgebäude das Deutsche Spielkartenmuseum untergebracht.

Bei neuesten Sanierungarbeiten hat man auf dem nördlichen Kiekstattrondell den eigentlichen Fußboden der Verteidigungsanlage gefunden. Er befindet sich drei Meter unter dem jetzigen Niveau. Weiters wurde eine Treppe entdeckt, die hinunter in die Katakomben führt. Wie 2007 mit der Restaurierung weiter verfahren werden soll, ist unklar.[1]

Besichtigung, Veranstaltungen und Aktionen

Sparrenburg bei Nacht

Die Sparrenburg kann von April bis Oktober täglich besichtigt werden, einschließlich Besteigung des 37 Meter hohen Turms und Begehung des vorderen Teils der 285 Meter langen unterirdischen Gänge (Kasematten).

Eine Attraktion ist das jährlich am letzten Juli-Wochenende stattfindende Sparrenburgfest, bei dem Schausteller und Händler das Leben im Mittelalter nachstellen.

Um den Erhalt und die Sanierung der Anlage finanziell zu sichern, wurde die Aktion Ein Stein für die Burg ins Leben gerufen, bei der für Geldspenden die Patenschaft für einen Stein in der Burgmauer übernommen werden konnte. Bei höheren Spendensummen war eine persönliche Gravur des Steins möglich. Insgesamt wurden 3.100 Patenschaften übernommen. Die Möglichkeit der Übernahme einer derartigen Patenschaft besteht seit Ende 2006 nicht mehr, weil mit den gravierten Steinen ausschließlich die Rondelle der Burg gepflastert wurden und die Anzahl der Patenschaften somit begrenzt war. Angesichts der geschätzten Sanierungskosten von 7,5 Millionen Euro sucht die Bielefelder Bürgerstiftung auch nach Ende der Patenschaftsaktion nach weiteren Spenden.

Literatur

  • Michael Wessing: Die Sparrenburg. Vom Wehrbau zum Wahrzeichen. Bielefeld: Westfalen Verlag, 2000. ISBN 978-3889180780
  • Carmen Hochmann: Sparrenburg. Geschichte(n) für Kinder. Bielefeld: Kiper, 2004. ISBN 978-3936359046
  • Andreas Kamm: Sparrenburg. Burg - Festung - Wahrzeichen. Bielefeld: Kiper, 2007. ISBN 978-3936359275

Einzelnachweise

  • Neue Westfälische, Lokalteil Bielefeld, 11. Oktober 2007
  • Commons: Sparrenburg – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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