Symphonia Colonialis

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Film
Titel Symphonia Colonialis
Produktionsland Brasilien, Deutschland
Originalsprache Portugiesisch
Erscheinungsjahr 1991
Länge 60 Minuten
Produktions­unternehmen
Stab
Regie Georg Brintrup
Drehbuch Georg Brintrup, Fábio De Araùjo
Produktion Swantje Ehrentreich
Musik Orquestra Ribeiro Bastos
Kamera
  • Luigi Verga
  • Jorge Alvis
Schnitt Jorge Alvis
Besetzung
  • Elder G. da Silva Santos: der junge A. F. da Cunha
  • Luiz António Rodrigues: der alte A. F. da Cunha
  • Ivan Capua: Musikologe
  • José Maria Neves: Dirigent / Ignácio Marcos Coutinho
  • Luis d’Angelo Pugliese: João da Rocha
  • Luciano Mauricio: Claudio Manuel Rezende
  • Cynara Bruno: Giuditta Patti

Symphonia Colonialis ist ein deutsch-brasilianischer Musik-Filmessay des deutschen Filmemachers Georg Brintrup aus dem Jahr 1991. Der Film lotet die Grenzen zwischen einem Dokumentarfilm und einer fiktiven Filmbiografie aus.

Handlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein junger Musikwissenschaftler besucht das brasilianische Orquestra Ribeiro Bastos in dem Städtchen São João del Rei im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais. Das älteste noch bestehende Laienorchester Brasiliens, dessen Mitglieder zum größten Teil Nachkommen von Sklaven sind, ist mitten in den Vorbereitungen für die Karwoche. Der Leiter, José Maria Neves, führt den Musikologen ins Archiv, wo er auf bisher unerforschte Briefe und Aufzeichnungen aus dem 18. Jahrhundert stößt, einer Zeit, als Brasilien als Kolonie noch unter der Macht der portugiesischen Krone stand.

Darin beschreiben Mitglieder einer italienischen Opernkompanie die Begegnung und Zusammenarbeit mit dem Komponisten Antônio Francisco da Cunha, ein Mulatte aus São João del Rei. Wegen seines musikalischen Talents und der Fähigkeit zu komponieren, hatte dieser schon als Knabe, nach den speziell in Minas Gerais geltenden Gesetzen, die Freiheit aus seiner Sklaverei erlangen können. In einer Mulatten-Bruderschaft perfektionierte er sein Talent und wurde als junger Mann zu einem viel beschäftigten Komponisten brasilianischer Barockmusik.

Aus den Briefen geht auch hervor, dass er mit einem Dichter namens Claudio Manuel Rezende, einem Mitstreiter der Unabhängigkeitsbewegung „Inconfidencia Mineira“ befreundet war, ihm Schutz gewährte und deshalb ebenfalls angeklagt wurde, Mitglied dieser Bewegung zu sein, die das Ziel hatte, die Sklaverei abzuschaffen und Brasilien von der Ausbeutung durch das Mutterland Portugal zu befreien. Der Dichter wurde gefangen genommen und gehängt. Antônio Francisco da Cunha konnte einer Bestrafung entgehen. Der Gedanke aber, trotz seiner Befreiung aus der Sklaverei noch immer Sklave zu sein, ließ ihn nicht los. Er zog sich zurück und komponierte ein berühmtes Te Deum. Die Musik war für ihn der einzig wirkliche Weg zu seiner Befreiung geworden.

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dieser musikalische Filmessay gibt einen Einblick in die Hintergründe der klassischen brasilianischen Musik, die erst in den 1940er Jahren durch den deutsch-uruguayischen Musikforscher Francisco Curt Lange[1] (1903–1997) für die Musikwissenschaften wiederentdeckt wurde. Im Film laufen zwei Handlungsstränge auf verschiedenen Zeitebenen parallel:

  1. die musikalische Tätigkeit des historischen Orquestra Ribeiro Bastos[2] vor und während der Karwoche 1991 in São João del Rei;
  2. die Darstellung des fiktiven Lebensbildes eines Mulatten namens Antônio Francisco da Cunha – von der Sklaverei zum Aufstieg als bekannter Komponist klassischer Kirchenmusik während der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert.[3]

Das fiktive Lebensbild Antônio Francisco da Cunhas entsteht unter Verwendung verschiedener Episoden aus den Biografien folgender brasilianischer Komponisten des Minas Gerais: João de Deus de Castro Lobo (1794–1832), José Joaquim Emerico Lobo de Mesquita (1746–1805), Ignácio Parreiras Neves (1730?–1794), Francisco Gomes da Rocha (1754?–1808), Marcos Coelho Neto (1763–1823), José Maurício Nunes Garcia (1767–1830) und Antônio dos Santos Cunha (1800–1822). Die historischen Szenen des Films wurden zum größten Teil in dem Ort Tiradentes, unweit von São João del Rei gedreht.

Verbreitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Symphonia Colonialis hatte im Oktober 1991 beim XV. São Paulo International Film Festival in Brasilien Premiere.[4][5] Die Erstausstrahlung in Deutschland war am 1. Oktober 1991 im SWF. Der HR zeigte den Film am 30. August 1992. Zuletzt wurde er im Hessischen Rundfunk im März 1995 ausgestrahlt. Beim „Festival del XVIII secolo“ in Lecce (Italien) wurde er am 25. Mai 2010 gezeigt.[6]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Curt Lange Archive: Biographical note on Francisco Curt Lange. Abgerufen am 31. Mai 2017 (englisch).
  2. Fabiola Moreira Resende: A Orquestra Ribeiro Bastos de São João del-Rey - MG: prática e aprendizagem musical em uma tradição tricentenária. Belo Horizonte 2011. Zugleich: Dissertation, Universidade Federal de Minas Gerais. (PDF; 9 MB). Abgerufen am 31. Mai 2017 (portugiesisch).
  3. ”Música mineira é tema de filme” in Estado de Minas, Segunda Seção, vom 7. April 1991
  4. in Vida, São Paulo, sexta-feira, vom 25. Oktober 1991, Seite 16
  5. in Folha de S. Paulo, “guia da mostra”, quinta-feira, vom 17. Oktober 1991, Especial Seite 13
  6. in La Gazzetta del Mezzogiorno: “Musica e Schiavitù” (Musik und Sklaverei) vom 25. Oktober 2010.