Tal der Ahnungslosen

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Tal der Ahnungslosen war ein sarkastischer DDR-Ausdruck für Gebiete, in denen Westfernsehen und -UKW-Rundfunk nur schwer zu empfangen war.

Konkret galt das für Greifswald und den Bezirk Dresden, in denen der Empfang nur mit großem Aufwand terrestrisch erfolgen konnte.

Die Bewohner dieser Gebiete galten in der DDR als schlecht informiert, weil sie nur über Informationen der Mittel- und Kurzwelle sowie der zensierten DDR-Medien verfügten. Sie machten etwa 15 % der Bevölkerung der DDR aus.

Ausmaß des Gebiets

Darstellung der ungefähren Reichweite des terrestrischen ARD-Fernsehprogramms in das Gebiet der DDR mit Senderstandorten

Der Begriff wird meistens mit dem Dresdner Elbtalkessel gleichgesetzt, zudem wurde – ebenfalls satirisch – der Begriff ARD als „Außer Raum Dresden“ oder „Außer Rügen und Dresden“ interpretiert. Tatsächlich umfasste das „Tal der Ahnungslosen“ nicht nur das Dresdner Elbtal, sondern auch einen größeren Anteil Ostsachsens (insbesondere auch Teile der Oberlausitz) und Vorpommerns. Alle anderen Gebiete der DDR lagen entweder im Einzugsbereich der Senderstandorte Westdeutschlands oder West-Berlins.

Auswirkungen

Eine Studie (Kern und Hainmueller, 2009) kam durch Auswertung von Unterlagen der DDR-Staatssicherheit zu dem Ergebnis, dass die Bevölkerung in den Gebieten ohne Empfang des West-Fernsehens und -Rundfunks weniger zufrieden mit dem politischen System war als in Gebieten mit diesen Medien. Die Autoren führen dies darauf zurück, dass die westlichen Medien vor allem als Unterhaltungsquelle genutzt wurden (medialer Eskapismus), nicht aber, um das DDR-Regime zu hinterfragen. Die virtuelle Emigration senkte offenbar den Leidensdruck und stabilisierte dadurch das SED-Regime.[1]

Heutiger Sprachgebrauch

Der satirische Begriff wird auch heute noch für Gemeinden oder Gebiete Deutschlands mit fehlenden oder nur schlecht ausgebauten Breitband-Internetzugängen in Anspielung auf die frühere Situation im Südosten der DDR verwendet.[2]

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Mischa Hansel: Internationale Beziehungen im Cyberspace : Macht, Institutionen und Wahrnehmung, Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 2012, ISBN 978-3-658-00227-5 (Dissertation)
  2. https://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article1599148/Wo-das-digitale-Tal-der-Ahnungslosen-liegt.html