Tauet, Himmel, den Gerechten
Tauet, Himmel, den Gerechten ist der Name eines deutschen Adventslieds, das in mehreren Text- und Melodiefassungen vorliegt und in der katholischen Tradition der Roratemessen steht.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Erstfassung des Textes stammt vom Jesuitenpater Michael Denis (1729–1800) und erschien 1774 in dessen Sammlung Geistliche Lieder zum Gebrauche der hohen Metropolitankirche bey St. Stephan in Wien und des ganzen wienerischen Erzbistums.[1] Die Erstfassung war ohne Melodie abgedruckt.
Eine erste Melodiefassung des Herrenchiemseer Augustiner-Chorherrn Norbert Hauner (1743–1827) erschien im von Franz von Kohlbrenner (1728–1783) herausgegebenen Landshuter Gesangbuch (1777).[2] Die ursprüngliche ariose, rhythmisch anspruchsvolle und von einem großen Tonumfang charakterisierte Melodie war wohl weniger als Gemeindelied gedacht als für solistische oder chorische Aufführungen. Die vereinfachte Fassung dieser Melodie dürfte jedoch wohl die bekannteste Version des Liedes darstellen.
Eine Bearbeitung der Melodie Hauners aus der Feder von Michael Haydn (1737–1806) wurde im Salzburger Kirchengesangsbuch (Salzburg 1790) gedruckt.[3] Eine weitere, von Hauners Melodie unabhängige Vertonung schuf Joseph Graetz (1760–1826); diese ist mit einer Textbearbeitung von Christoph von Schmid (1768–1854) verbreitet.[4][5]
Aufgrund der großen regionalen Unterschiede ist das Lied nicht im Stammteil des katholischen Gotteslobs abgedruckt, jedoch in allen Eigenteilen. In den Ausgaben für die Region Nord (Kirchenprovinz Hamburg) sowie für die Bistümer Österreichs sind sogar jeweils zwei verschiedene Versionen vorhanden.[6] Das Gotteslob für das Bistum Essen kennt drei Melodieversionen (zwei von Hauner sowie die von Rosenmüller),[7] was sich daraus ergibt, dass das Bistum aus Teilen der Diözesen Köln, Münster und Paderborn zusammengesetzt wurde.
Inhalt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Text orientiert sich an der lateinischen Fassung von Jes 45,8 VUL: „Rorate, caeli, desuper, et nubes pluant iustum“ (Taut, ihr Himmel, von oben, ihr Wolken, lasst Gerechtigkeit/den Gerechten regnen!), der Introitus-Antiphon des 4. Adventssonntags (in der katholischen Liturgie).
Inhaltlich beschreibt das Lied das Warten der Menschheit auf den im Alten Testament von den Propheten verheißenen „Gerechten“, also den Messias, Heiland und Erlöser, den die Christen in Jesus Christus sehen. Je nach Textfassung wird er als „Mittler“, „Retter“ oder „Richter“ apostrophiert.
Dabei folgt es einer bis in die Alte Kirche zurückreichenden christologischen Deutung des hebräischen Urtexts. Das lateinische Wort „iustum“ im Jesajatext kann sowohl Gerechtigkeit als Abstraktum (Akkusativ von „iustum“) als auch eine gerechte Person (Akkusativ von „iustus“) bedeuten. Das entsprechende Wort „צדק“ (tsedeq) im hebräischen Originaltext wird gemeinhin als „Gerechtigkeit“ übersetzt.[8]
Weitere Strophen thematisieren je nach Fassung etwa die Verkündigung an Maria, ihren Gang zu ihrer Base Elisabeth, die Geburt Johannes des Täufers, oder enthalten allgemein einen Aufruf zu Buße und Umkehr.
Textfassungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Michael Denis, 1774[9] | Münster, 1801[10] | Christoph von Schmid, 1811[11] |
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1. Thauet, Himmel den Gerechten! |
1. Thauet Himmel den Gerechten! |
1. Thauet, Himmel, den Gerechten! |
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Markus Eberhardt: Tauet, Himmel, den Gerechten. Grundzüge der Melodiegeschichte eines geistlichen Volksliedes. In: Zwiefach 6 (2014), S. 32–34.
- Rebecca Schmidt: Tauet, Himmel, den Gerechten. In: Ansgar Franz in Zusammenarbeit mit Dominik Fugger und Martina Haag (Hrsg.): Kirchenlied im Kirchenjahr: fünfzig neue und alte Lieder zu den christlichen Festen (= Mainzer hymnologische Studien; Band 8). Francke, Tübingen/Basel 2002, ISBN 3-7720-2918-3.
- Rebecca Schmidt: Gegen den Reiz der Neuheit. Katholische Restauration im 19. Jahrhundert: Heinrich Bone, Joseph Mohr, Guido Maria Dreves (= Mainzer hymnologische Studien; Band 15). Francke, Tübingen/Basel 2002, ISBN 3-7720-8073-1.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Tauet, Himmel, den Gerechten im Liederprojekt von SWR2 und Carus-Verlag.
- Joachim Opahle: "Tauet ihr Himmel..." Von Gottes Menschwerdung und Wiederkunft. Deutschlandradio Kultur, 5. Dezember 2010, abgerufen: 13. Dezember 2010.
- Tauet, Himmel, den Gerechten (GL MS 753) (mit Posaunen) auf YouTube.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Hinweise, wonach eine erste Fassung bereits in dem Gesangbuch Tochter Sion (Köln 1741) von Heinrich Lindenborn enthalten gewesen sein soll, haben sich offenbar nicht erhärtet: das Lied ist weder in der Auflage von 1741 noch einer späteren Auflage enthalten; vgl. Rebecca Schmidt: Gegen den Reiz der Neuheit. Francke, Tübingen/Basel 2002, ISBN 3-7720-8073-1, S. 14.
- ↑ Franz Seraph von Kohlbrenner: Der heilige Gesang zum Gottesdienste in der römisch-katholischen Kirche. Hagen, Landshut 1777 (Nachdruck: Stadt Landshut, Landshut 2003, ISBN 3-927612-20-0), S. 64–68 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
- ↑ Armin Kircher (Hrsg.): Chorbuch Mozart – Haydn. Band 1: Geistliche Werke für gleichstimmigen Chor (= CV 2.111). Carus, Stuttgart 2005, ISMN 979-0-007-07463-0 (Suche im DNB-Portal), S. 83.
- ↑ Werke von Michael Denis (1729–1800) bei deutscheslied.com
- ↑ Josef Grät[z] bei muziekweb.nl
- ↑ Gottesloblieder & Werke. In: gotteslob.org. Abgerufen am 21. November 2016.
- ↑ Deutsche Bischofskonferenz (Hrsg.): Gotteslob, Katholisches Gebet- und Gesangbuch, Ausgabe für das Bistum Essen. 1. Auflage. Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 2013, ISBN 3-460-42130-4, Nr. 724–726.
- ↑ Stichwort „Gerechtigkeit“ bei bibelkommentare.de
- ↑ Zitiert nach: Rebecca Schmidt: Tauet, Himmel, den Gerechten. In: Kirchenlied im Kirchenjahr. Francke, Tübingen/Basel 2002, ISBN 3-7720-2918-3, S. 78.
- ↑ Gesang- und Gebethbuch zum Gebrauche der Römischkatholischen. 3. Auflage. Aschendorff, Münster 1801, S. 18, S. 19, S. 20.
- ↑ Zitiert nach: Rebecca Schmidt: Tauet, Himmel, den Gerechten. In: Kirchenlied im Kirchenjahr. Francke, Tübingen/Basel 2002, ISBN 3-7720-2918-3, S. 82. (Dabei dient Schmid Valentin Thilos Mit Ernst, o Menschenkinder als Vorlage. Str. 2 nimmt dessen Str 1 auf, Strophe 5 wirkt größtenteils wie eine Kopie von Thilos Str. 4)