Vancomycin

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Vancomycin
Vancomycin
Strukturformel
Masse/Länge Primärstruktur 7 Aminosäuren (teilmodifiziert), 1450 Dalton
Bezeichner
Externe IDs
Arzneistoffangaben
ATC-Code A07AA09
J01XA01
DrugBank DB00512
Wirkstoffklasse Glykopeptid-Antibiotikum

Vancomycin (Handelsnamen: diverse Generika) ist ein Antibiotikum aus der Wirkstoffgruppe der Glykopeptid-Antibiotika. Vancomycin wurde bereits in den 1950er-Jahren aus Kulturen von Amycolatopsis orientalis gewonnen, aber erst um 1980 als wirksame Alternative gegen multiresistente Staphylokokken eingesetzt. Staphylokokken kommen neben den Enterokokken häufig in Krankenhäusern als Verursacher von nosokomialen Infektionen vor.

Wirkungsmechanismus

Vancomycin hemmt den Aufbau der Bakterien-Zellwand, indem es mit den endständigen L-Lysin-D-Alanyl-D-Alanin-Gruppen des bakteriellen Zellwandbestandteils Murein einen Komplex bildet.[1] Damit blockiert es die Bausteine der Quervernetzung der Zellwand grampositiver Bakterien durch eine Brücke aus fünf Glycinresten (Pentaglycinbrücke / Pentapeptidseitenkette)[2], so dass bestimmte für die Quervernetzung bedeutsame Bausteine (N-Acetylglucosamin, N-Acetylmuraminsäure) nicht mehr in die wachsende Bakterienzellwand eingebaut werden. Der Wirkmechanismus von Vancomycin als Glycopeptid beruht nicht auf dem Binden an die Transglykosylase [3]. Da Bakterien einen relativ hohen osmotischen Druck haben, kann die Zellwand ohne die Quervernetzung diesem Druck nicht standhalten, und das Bakterium platzt.

Anwendung als Reserveantibiotikum

Die Anwendung von Vancomycin erfolgt in Form von intravenösen Infusionen oder Injektionen zur Behandlung von schweren Infektionen, die durch grampositive Erreger verursacht werden, die gegen andere Antibiotika resistent sind (z. B. Oxacillin resistenter Staphylococcus aureus). Vancomycin galt lange als letzte Hoffnung zur Behandlung von lebensbedrohlichen Infektionen durch grampositive kugelförmige Bakterien (Kokken), als sogenanntes Reserveantibiotikum. Diese Hoffnung endete 1987, als vancomycinresistente Enterokokken (VRE) in den Krankenhäusern erschienen. Vancomycinresistenz ist zum Teil auf die Expression einer alternativen D-Alanin:D-Alanin-Ligase zurückzuführen. Dieses alternative Enzym ligiert D-Lactat anstelle von D-Alanin, was zu einem (–OH)- anstelle eines (–NH2)-Terminus führt. Dadurch wird die Bindung von Vancomycin verhindert und die Quervernetzung des Mureins über eine Depsipeptidbindung ermöglicht. Eine andere Art der Resistenzbildung ist die Expression einer D-Ala:D-Ser-Ligase anstelle der D-Ala:D-Ala-Ligase. Ein alternatives Naturstoffantibiotikum ist Longicatenamycine.

Seit einigen Jahren gilt nun Linezolid als Reserveantibiotikum (Last line of defense).

Weitere Verwendung

Vancomycin wirkt sehr gut bei antibiotikaassoziierter pseudomembranöser Enterocolitis durch Clostridium difficile. Das im Darm nicht resorbierbare Antibiotikum wird zu diesem Zweck oral verabreicht. In erster Linie wird bei der pseudomembranösen Enterocolitis jedoch das wesentlich billigere Metronidazol eingesetzt, mit dem es auch weniger Probleme mit Resistenzentwicklungen (vancomycinresistente Enterokokken, VRE) gibt.

Fütterungspraxis

Avoparcin

Der Wachstumsbeschleuniger Avoparcin, der strukturelle Ähnlichkeit mit Vancomycin hat, wurde bis 1996 in Deutschland verwendet. Er gilt als Auslöser für die Verbreitung vancomycinresistenter Enterokokken.[4].

Seit 1997 darf Avoparcin in der EU nicht mehr als Futtermittelzusatz benutzt werden.[5]

Siehe auch

Literatur und Quellenangaben

  1. http://books.google.com/books?id=VQZm0PtLnpYC&lpg=PA9&dq=Vancomycin%20verhindert%20die%20Quervernetzung&pg=PA9#v=onepage&q&f=false
  2. K. Aktories, U. Förstermann, F. Hofmann und K. Starke: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. 10. Auflage. München, Elsevier 2009. ISBN 978-3-437-42522-6
  3. William Barry Hugo, S. P. Denyer, Norman A. Hodges, S. P. Gorman: Hugo and Russell's pharmaceutical microbiology, John Wiley & Sons, 2004, ISBN 9780632064670, S.205 online unter http://books.google.de/books?id=zB_7AJqEt5gC&pg=PA205&dq#v=onepage&q&f=false
  4. http://www.bfr.bund.de/cd/546 (abgerufen am 20. Februar 2011)
  5. The effect of banning avoparcin on VRE carriage in The Netherlands. In: Journal of Antimicrobial Chemotherapy. 46. Jahrgang, Nr. 1. The British Society for Antimicrobial Chemotherapy, 2000, S. 146–148, doi:10.1093/jac/46.1.146 (oxfordjournals.org [abgerufen am 20. Februar 2011]).

Weiterführende Literatur

  • Constanze Wendt, Henning Rüden, Michael Edmond: Vancomycin-resistente Enterokokken: Epidemiologie, Risikofaktoren und Prävention. Deutsches Ärzteblatt (Köln) 95(25), S. A1604–A1611 (1998), ISSN 0012-1207
  • Dudley H. Williams, Ben Bardsley: Die Vancomycin-Antibiotika und der Kampf gegen resistente Bakterien. Angewandte Chemie 111(9), S. 1264–1286 (1999), ISSN 0044-8249
  • G. Schulze, W. Schott, G. Hildebrandt: Vancomycin-resistente Enterokokken – Krankenhausküche als Vektor? Bundesgesundheitsblatt 44(7), 732–737 (2001), ISSN 0007-5914
  • F. Dieber, G. Gorkiewicz, J. Kofer: Nachweis von Vancomycin-resistenten Enterokokken in der Tierproduktion der Steiermark. Arbeitstagung des Arbeitsgebietes Lebensmittelhygiene 44, S. 449–454 (2003)
  • Brian K. Hubbard, Christopher T. Walsh: Der Aufbau von Vancomycin: so macht es die Natur. Angewandte Chemie 115(7), S. 752–789 (2003), ISSN 0044-8249
  • Hermann Feldmeier: Antibiotikaresistenz durch widernatürliche Fütterung. Naturwissenschaftliche Rundschau 57(11), S. 632–633 (2004), ISSN 0028-1050
  • A. Simon, N. Gröger, S. Engelhart, G. Molitor, M. Exner, U. Bode, G. Fleischhack: Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) – Übersicht zu Bedeutung, Prävention und Management in der Pädiatrie. Hygiene und Medizin 29(7/8), S. 259 ff. (2004), ISSN 0172-3790
  • Witte W., Klare I. Werner G: Selective pressure by antibiotics as feed additives. Infection 27 (Suppl 2) (1999) S. 35–38