Walkmühle (Wiesbaden)
Die Walkmühle ist eine denkmalgeschützte Anlage mit Ateliers und Ausstellungsräumen des Künstlervereins Walkmühle in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden.
Lage
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Walkmühle liegt am Bornhofenweg im Wiesbadener Ortsbezirk Nordost im Tal des Kesselbachs, der über den Salzbach in den Rhein entwässert. Unterhalb befinden sich die Albrecht-Dürer-Anlage und die Kreuzkirche.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das „Waysenhaus-Walckmühle“ wurde vom Stadtpfarrer Egidius Günther Hellmund[1] (1678–1749[2]) als Waisenhaus mit angeschlossenen Werkstätten gebaut.[3] Das Hauptgebäude wurde um 1737 erbaut, die darin befindliche Wassermühle diente als Energiequelle für Seiler, Schlosser und Waffenschmiede, deren Mieten das Waisenhaus finanzierten.[3][4] 1797[1] wurde die Mühle erneuert und 1810 versteigert.[5] Die neue Besitzerin baute sie zur Gaststätte mit Tanzsaal um, nutzte die Mühle aber weiter zum Hanfreiben und Lederwalken.[3] Ab 1867 diente das Gelände der Walkmühl-Brauerei, die den Mühlenbau entfernte und stattdessen einen größeren Gebäudekomplex mit weitläufigen, kunstvoll gemauerten Kelleranlagen errichtete.[5] Diese von Wilhelm Ippel und Albert Wolff konzipierten Gebäude stehen unter Denkmalschutz.[6] Nach dem Ersten Weltkrieg wurden in den Gebäuden Textilien gereinigt und Stoffe gefärbt.[3][4][5]
Im Jahr 1966 kaufte die Stadt Wiesbaden das Grundstück für rund 1,7 Millionen Mark,[1] der Reinigungsbetrieb wurde eingestellt.[3][4] Das ZDF, das oberhalb der Mühle am ehemaligen Sitz der Taunusfilm und heutigen Mediencampus „Unter den Eichen“ der Hochschule Rhein-Main untergebracht war, nutzte ab Ende der 1960er-Jahre das Gelände für Büros und Lagerräume.[5] 1984 war der Umzug des ZDF nach Mainz-Lerchenberg abgeschlossen.[7]
Einige Künstler, Wohnungssuchende und Gewerbetreibende „besetzten“ Mitte der 1980er-Jahre die Gebäude mit Duldung der Stadt Wiesbaden und richteten sich auf eigene Rechnung Wohnungen und Ateliers her.[1] Mitte der 1990er-Jahre wollte die Stadt das Anwesen wegen der hohen Kosten für Instandhaltung und Sanierung verkaufen, wegen vermuteter Altlasten im Boden fand sich aber kein Käufer. Die Künstler gründeten den „Verein Walkmühle“, verhinderten den Abriss, entrümpelten das Gelände und erreichten eine Einstufung als Kulturdenkmal.[3] Weitere Künstler des Vereins „Kunst+Raum Wiesbaden“ zogen in die Gebäude ein. Die beiden Vereine schlossen sich 2005 als gemeinnütziger „Künstlerverein Walkmühle“ zusammen und begannen, Ausstellungen und Veranstaltungen durchzuführen.[3] Im Jahr 2011 erhielt der Verein den Preis zur Förderung des kulturellen Lebens der Stadt Wiesbaden.[8]
Im Jahr 2009 legte der Künstlerverein ein Sanierungs- und Nutzungskonzept vor.[5] Im Oktober desselben Jahres begann die Stadt Wiesbaden, die Altlasten im Boden zu sanieren.[4] Im Jahr 2013 beschloss die Stadtverordnetenversammlung die nötigen Zuschüsse und übertrug die Eigentumsrechte an die stadteigene Wiesbadener Immobilien Management (WIM, heute Gewerbe Immobilien GmbH), die mit der Sanierung des Industriedenkmals begann.[9][5] Die Kosten der Maßnahme wurden auf 12 Millionen Euro geschätzt.[9] Die Sanierung konnte im April 2022 abgeschlossen werden, was mit einem Fest gefeiert wurde.[10] Die Anlagen und Gebäude werden für Gewerbetreibende, Ateliers, Cafés sowie Ausstellungen genutzt.[8][9] Um die Sanierung zu finanzieren, werden auf dem Gelände Eigentumswohnungen errichtet.[11]
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Schriftzug „Chem. Reinigung“
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Turm
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Markus Lampka: Warum haben wir keine Kultur?!? : die Künstlerkolonie Walkmühle, ein Projekt der Wiesbaden-Stiftung. Wiesbaden-Stiftung, Wiesbaden 2006, OCLC 1078765093.
- Sigrid Russ: Kulturdenkmäler in Hessen Wiesbaden I.2 – Stadterweiterungen innerhalb der Ringstraße. Band 1. Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen. Theiß, Wiesbaden 2005, S. 807ff., ISBN 3-8062-2010-7.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- www.walkmuehle.net
- Logbuch der Sanierung mit zahlreichen Fotos
- Literatur von und über den Künstlerverein Walkmühle im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d Walkmühlen-Historie: Belastete Vergangenheit. In: Frankfurter Rundschau, 24. Juli 2009.
- ↑ Herbert Müller-Werth: Hellmund, Egidius Günther. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 8, Duncker & Humblot, Berlin 1969, ISBN 3-428-00189-3, S. 486 f. (Digitalisat).
- ↑ a b c d e f g Geschichte des Vereins und Konzept für die Walkmühle als Zentrum der bildenden Kunst in Wiesbaden. www.walkmuehle.net. Abgerufen am 25. August 2021.
- ↑ a b c d Ehemalige Walkmühle am Bornhofenweg. Website der Stadt Wiesbaden. Abgerufen am 25. August 2021.
- ↑ a b c d e f Edgar Diehl: Künstlerverein Walkmühle e.V. In: Stadtlexikon Wiesbaden.
- ↑ Sigrid Russ: Kulturdenkmäler in Hessen Wiesbaden I.2 – Stadterweiterungen innerhalb der Ringstraße. Band 1. Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen. Theiß, Wiesbaden 2005, S. 807ff., ISBN 3-8062-2010-7.
- ↑ Geschichte des ZDF. www.zdf.de. Abgerufen am 25. August 2021.
- ↑ a b Walkmühle. Website der Stadt Wiesbaden. Abgerufen am 25. August 2021.
- ↑ a b c Birgitta Lamparth: Ein Vorzeige-Industriedenkmal. In: Wiesbadener Kurier, 11. August 2021, S. 9.
- ↑ Julia Anterton: Kein Gebäude von der Stange. In: Wiesbadener Kurier. VRM GmbH & Co. KG. Mainz, 30. April 2022, abgerufen am 25. April 2023 (Scan des Zeitungsausschnitts auf walkmühle-wiesbaden.de).
- ↑ Ute Fiedler: Walkmühle zum Jahresende bezugsfertig. In: Frankfurter Rundschau, 12. April 2017.
Koordinaten: 50° 5′ 35,7″ N, 8° 13′ 2,1″ O