Weihinschrift von Ekron

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In Ekron, einer Stadt der Philister im historischen Palästina, wurde um 1996 bei Ausgrabungen in der Stadt bei einem Tempel eine Weihinschrift gefunden. Wahrscheinlich stammt sie aus dem 7. Jhd. v. Chr. (s. u.). Sie ist historisch sehr wichtig, da sie die längste erhaltene Inschrift der Philister ist und sich aus ihr mehrere Folgerungen über Religion, Kultur und Sprache der Philister ableiten lassen.

Bild einer Steintafel mit althebräischen Buchstaben
Widmungsinschrift aus Ekron
𐤟𐤁𐤕𐤟𐤁𐤍𐤟𐤀𐤊𐤉𐤔𐤟𐤁𐤍𐤟𐤐𐤃𐤉𐤟𐤁𐤍
𐤉𐤎𐤃𐤟𐤁𐤍𐤟𐤀𐤃𐤀𐤟𐤁𐤍𐤟𐤉𐤏𐤓𐤟𐤔𐤓𐤏𐤒
𐤓𐤍𐤟𐤋𐤐𐤕⸢𐤂⸣𐤉𐤟𐤄𐤟𐤀𐤃𐤕𐤄𐤟𐤕𐤁𐤓𐤊𐤄𐤟𐤅𐤕
𐤟𐤔𐤌⸢𐤓⸣𐤄𐤟𐤅𐤕𐤀𐤓𐤊𐤟𐤉𐤌𐤄𐤟𐤅𐤕𐤁𐤓𐤊
[1]𐤀⸣𐤓⸢𐤑⸣𐤄⸣
bt·bn·ʾkyš·bn·pdy·bn·
ysd·bn·ʾdʾ·bn·yʿr·śrʿq
rn·lpt<g>y·h·ʾdth·tbrkh·wt
šm<r>h·wtʾrk·ymh·wtbrk·
<ʾ>r<>h
[Dieses] Haus baute Akisch, Sohn des Padi, Sohn des
Yasid, Sohn des Ada, Sohn des Ya'ir, Herrscher von Ek-
ron, für PT<G>Y.H ˀdth. Möge sie ihn segnen, und ihn be-
schü<t>zen, und seine Lebenszeit verlängern, und segnen
sein <La>n<d>!

Besonders intensiv diskutiert wird, dass nur in dieser Inschrift die Verehrung der sonst unbekannten Göttin Pt<g>y.h ˀdt(h) („Herrin Ptgy.h“) bezeugt wird (s. den Artikel Religion der Philister). Der Buchstabe g im Namen Pt<g>yh ist allerdings beschädigt; Görge hat etwa vorgeschlagen, dass graphisch stattdessen plausibler ein r zu lesen sei, Aaron Demsky präferiert n (vgl. die ähnliche Schreibung: 𐤂 𐤍 𐤓 = g n r).[2][3] Von diesen drei Rekonstruktionen der Konsonanten aus sind dann sehr unterschiedliche Vorschläge zur Deutung des mutmaßlichen Göttinnen-Namens gemacht worden:
(1) Am wenigsten problematisch ist der Vorschlag von Christa Schäfer-Lichtenberger, Ptgyh ˀdt(h) bedeute „für Gaia von Delphi, seine Herrin“. König Akisch würde dann also der aktuell noch in einem Tempel in Delphi beheimateten Göttin Gaia ein zweites Heim in Ekron bauen.[4][5]
Daneben wurden als Interpretationsvorschläge gemacht: (2) Potniyah („Herrin“) nach dem griechischen potnia; der gesamte Ausdruck bedeutete also einmal mit griechischem, einmal mit semitischem Wort „für Herrin, seine Herrin“.[6] Außerdem: (3) „Für [die ugaritische Göttin] Pidray, seine Herrin“;[7] (4) „für die göttliche Patronin des Staates Pattin, seine Herrin“[8] und schließlich auch mit anderer Deutung der Syntax: (5) „Akisch (…) baute einen Tempel für das Fünfer-Land [= die Pentapolis]. Seine Herrin möge ihn segnen (…)“.[9]

Aus assyrischen Inschriften ist für das 7. Jhd. v. Chr. ein König Ikausu, Sohn des Padi belegt. Ist dieser Ikausu identisch mit Akisch, stammt die Inschrift aus dem 7. Jhd. und die Philister sprachen zu dieser Zeit einen semitischen Dialekt, schrieben mit phönizisch-althebräischer Schrift (was beides noch häufiger belegt ist; etwa in Qubur el-Walayida für das 12. Jhd.[10]) und hatten überwiegend semitische Namen, wie sie auch mit Dagān, Astarte, Aschera und Ba’al überwiegend semitische Götter verehrten (s. den Artikel Religion der Philister).[11] Das ist erstaunlich, da sehr einheitlich angenommen wird, dass die Philister aus dem mykenischen Kulturkreis stammen. Wenn Schäfer-Lichtenbergers Interpretation von Ptgyh als „Gaia von Delphi“ korrekt ist, ist dies eins der stärksten Indizien dafür, dass die Annahme einer mykenischen Herkunft der Philister korrekt ist.

Commons: Weihinschrift von Ekron – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Text nach Seymour Gitin u. a.: A Royal Dedicatory Inscription from Ekron. In: Israel Exploration Journal. (IEJ) Band 47, Nr. 1–2, 1997, S. 1–16, hier 9.
  2. M. Görge: Die Göttin der Ekron-Inschrift. In: Biblische Notizen. (BN) Band 93, 1998, S. 9–10.
  3. Aaron Demky (1997): The Name of the Goddess of Ekron: A New Reading. In: Journal of the Ancient Near Eastern Society. (JANES). Band 25, Nr. 1, 1997, S. 1–5.
  4. Schäfer-Lichtenberger vergleicht dazu die griechische Bezeichnung Pythonike („Nike von Delphi“) und will danach die Konsonanten als Pythogayah („Gaia von Delphi“) lesen. Vgl. Christa Schäfer-Lichtenberger: The Goddess of Ekron and the Religious-Cultural Background of the Philistines. In: Israel Exploration Journal. (IEJ) Band 50, Nr. 1–2, 2000, S. 82–91.
  5. Christa Schäfer-Lichtenberger (2022): Achish and the Goddess of Ekron: What's in a Name? In: Seymour Gitin u. a. (Hrsg.): Tel Miqne-Ekron Excavations 1994–1996. Field IV Upper and Field V: The Elite Zone. Part 1: Iron Age IIC Temple Complex 650. Eisenbrauns, University Park 2022, ISBN 978-1-64602-217-5.
  6. So Aaron Demsky (1997): The Name of the Goddess of Ekron: A New Reading. In: Journal of the Ancient Near Eastern Society. (JANES). Band 25, Nr. 1, 1997, S. 1–5.
    Der Vorschlag krankt aber daran, dass dann nur hier der griechische Göttinnen-Titel „Potnia“ als Göttinnen-Bezeichnung verwendet würde.
  7. So Stephen R. Berlant (2008): The Mysterious Ekron Goddess Revisited. In: Journal of the Ancient Near Eastern Society. (JANES) Band 31, Nr. 1, 2008, S. 15–21.
    Berlant setzt dafür am Punkt zwischen den Buchstaben y und h an, der sonst in dieser und anderen Inschriften ein Worttrenner ist, und deutet das übrige Ptry als Schreibfehler (wörtlich: „a previously unrecognized form“) für die ugaritische Göttin Pidray. Das h soll dann als Nachsilbe hinzugefügt worden sein, um den Namen zu „hebraisieren“, und aus einem noch zu erklärenden Grund mit Worttrennungszeichen vom Namen abgehoben worden sein.
  8. So Alexander Fantalkin (2017): Toward the Identification of the Goddess of Ekron. In: Journal of Ancient Near Eastern Religions. (JANER) Band 17, 2017, S. 97–115.
    Fantalkin setzt dafür an den Tatsachen an, dass einer der Nachfolgestaaten des Philister-Gebiets Palastins der Staat Unqi war und dass dieser von Assyrern bisweilen auch „Pattin“ genannt wurde. Ein hypothetisches „Pattinayah“ soll dann Bezeichnung der göttlichen Patronin dieses Staats gewesen sein. Er weist auf S. 107 aber selbst auf die Schwierigkeit hin, dass der Name „Pattin“ eben nur in assyrischen Quellen als Fremdbezeichnung belegt ist.
  9. So Philip C. Schmitz: Philistine PTG̊Y, Greek *ΠΕΝΤΑΓΑĨΑ ‚Five Lands‘: Contact Effects in the Royal Dedicatory Stela from Ekron. In: Eretz-Israel. Band 32, 2016, S. 91–102.
    Schmitz will dafür die Zeichenfolge pt als pitta oder petta lesen, was wiederum für penta (griechisch „Fünf“) mit assimiliertem Laut n stehen soll. Gaia nimmt er im Gegensatz zu Schäfer-Lichtenberger nicht als Name einer Göttin, sondern in der wörtlichen Bedeutung „Erde“, was aber hier wie im Hebräischen für „Land“ stehen soll, so dass das „Fünfer-Land“ für die philistäische Pentapolis stünde. Die unübliche Auflösung der Syntax ist unproblematisch; schwierig sind aber erstens die beiden Annahmen, dass bei den dann mindestens auch Griechisch sprechenden Philistern die Lautverschiebung penta > petta stattgefunden haben und das griechische Wort gaia („Erde“) wie das entsprechende hebräische Wort für „Erde“ und „Land“ verwendet worden sein soll, und zweitens die Tatsache, dass ganz unsicher ist, ob es einen Fünferbund der fünf großen philistäischen Städte wirklich je gegeben hat. Vgl. Walter Dietrich (2020): Pentapolis. In: WiBiLex. abgerufen am 22. Januar 2024.
  10. John F. Brug (1985): A Literary and Archaeological Study of the Philistines. B.A.R., Oxford 1985, S. 194.
  11. Seymour Gitin u. a.: A Royal Dedicatory Inscription from Ekron. In: Israel Exploration Journal. (IEJ) Band 47, Nr. 1–2, 1997, S. 1–16, hier 9.