Wikipedia:GLAM/Stadtmuseum Berlin/Werkstatt/Verein für Feuerbestattung

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Verein für Feuerbestattung in Berlin

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Der am 21. März 1874 gegründete Verein für Leichenverbrennung mit Sitz in Berlin hatte sich das Ziel gesetzt, das Recht auf Zulassung der Einführung der fakultativen Feuerbestattung in Preußen durchzusetzen.

In den 1870er Jahren entfaltete sich eine regelrechte, in Vereinen organisierte Feuerbestattungsbewegung. Die ersten Vereine entstanden in Städten wie Berlin, Dresden, Gotha, Hamburg und Frankfurt am Main. Einer der ersten Berliner Feuerbestattungsvereine war der Verein für Leichenverbrennung.

Am 21. März 1874 fand in einem Berliner Lokal in der Leipziger Straße gelegen Leipziger Garten die Vereinsgründung statt. Die erste öffentlich stattfindende Versammlung vollzog sich am 31.03.1874 in dem damals Zennig'schen Saal in der Leipziger Straße 111 unter dem Vorsitz und Begründer von Otto Link, Inhaber Denickes Verlag Link & Reinke, und den Vorstandsmitgliedern Dr. Baginsky, Dr. Jacobsen, dem Buchhändler Reinke, dem Baumeister Rössner, dem Hofkonditor und Stadtrat [[Weiß]. Einige Wochen später wurden der Buchhändler Staude, der Hauptmann Gerhardt, der Privatgelehrte Dr. Bernstein, der Hofrat Loos, der Kaufmann C. Oertel und der Kaufmann Edmund Astel, Inhaber einer Teehandlung, in den Vorstand kooptiert. Es muss erwähnt werden, dass der Verein in den ersten Jahren ein eher tristes Dasein führte. Häufiger Wechsel im Vorstand, geringe Mitgliederzahlen führten fast zur Auflösung des Vereins.

1879 Umbenennung des Vereinsnamen in "Verein für Feuerbestattung in Berlin".

1880 Mit der Wahl des neuen Vorsitzenden Dr. med. Ph. Herzberg traten stetige Verhältnisse im Vereinsleben ein.

1881 folgten Bestrebungen, sich auch gegen die Gefahren des Scheintods zu engagieren, eine Namensänderung des Vereins in Verein für Feuerbestattung und gegen die Gefahren des Scheintods wurde durch die Mitglieder beschlossen.

1885 übernahm Dr.Benkendorff den Vereinsvorsitz

1886 beschloss der Berliner Verein dem Verband der Vereine für Reform des Bestattungswesens und facultative Feuerbestattung beizutreten.

1887 Spaltung und Ausschluß des Berliner Vereins aus dem Verband der Vereine für Reform des Bestattungswesens und facultative Feuerbestattung. Hintergrund sollen angebliche Verleumdungen von einigen Mitglieder des Berliner Vereins gegen einige im Verband agierende Vereine gewesen sein.

1888 Gründung eines neuen Vereins Urne, Berliner Verein für Feuerbestattung, Mitglied des deutschen Verbandes der Vereine für Reform des Bestattungswesens und fakultative Feuerbestattung, dessen Vorstand sich aus Mitgliedern des alten Vereins für Feuerbestattung zu Berlin rekrutierte . Das Büro befand sich in der Kleinen Rosenthalerstraße 2 in Berlin.

1888 am 13.02. wurde der Färbereibesitzer und Stadtverordneter Ernst Matterne zum Vorstandsvorsitzenden gewählt. Er war einer der wichtigsten Protagonisten der Feuerbestattungsbewegung in Preußen. Unter seiner Leitung trat auch der Berliner Verein wieder dem Dachverband bei. Stadtrat Ernst Friedel schrieb, dass Ernst Matterne "Die eigentliche Säule der Feuerbestattung in Berlin und Deutschland" war .[1]

1898 Rücktritt Ernst Matterne als Vorsitzender, ein zweites Mal übernahm Dr. Philipp Herzberg den Vorsitz

1907 Eintragung ins Vereinsregister unter den Namen "Verein für Feuerbestattung in Berlin e.V.

1911 Mit der Verabschiedung des preußischen Feuerbestattungsgesetzes war das langersehnte Ziel des Vereins, die Feuerbestattung in Preußen einzuführen, erreicht.

1913 Sanitätsrat Dr. Wegschneider leitete den Vorstand.

Mitglied konnte jede Person ab 18 Jahre werden. Personen, die sich durch besondere Verdienste auszeichneten, erhielten die Ehrenmitgliedschaft. Besonders lobenswert war der hohe Anteil an weiblichen Mitgliedern. .[2] In ihrer sozialstrukturellen Zusammensetzung entstammten die meisten Mitglieder der bürgerlichen Schicht, dazu gehörten Akademiker, Fabrikanten, Gastwirte, Kaufleute, Richter. [3]

Anzahl der Mitglieder:

1878 = ca. 28; 1881 = 38; 1882 = 150; 1886 = 158;[4] 1888 = 600; 1889 = 831; 1891 = 1169; 1893 = 1500; 1901 = 2302 davon 489 Frauen;


Vereinsbüro

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Das Büro für Feuerbestattung befand sich in Berlin C, Breite Str. 5, bezog 1913 die Geschäftsräume in der Anhalterstr. 6 und war seit 1931 in der Lützowstr. 44 ansässig.

Vereinsbibliothek

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Der Verein richtete eine Bibliothek für seine Mitglieder ein. Verantwortlich war der Bibliothekar A. Martens.


Agitationen des Vereins

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Zeitschrift Fachzeitschrift "Die Flamme"

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Zeitschrift zur Förderung der Feuerbestattung im In- und Auslande

Am 01.01.1884 erschien die 1. Ausgabe der Zeitschrift "Die Flamme", Zeitschrift zur Förderung der Feuerbestattung im In- und Auslande” einmal monatlich. 1888 wurde die Publikation in "Neue Flamme" umbenannt, erhielt aber nach einigen Monaten die alte Bezeichnung zurück. Die Zeitschrift erschien 1898 zweimal im Monat. 1931 nur noch jeden zweiten Monat. Die letzte Ausgabe erfolgte im März 1942. Sie war auch die Fachzeitschrift für den Dachverband der Vereine für Reform des Bestattungswesens und facultative Feuerbestattung, der aber am 01.12.1887 ein eigenes Organ "Phönix" für die Berichterstattung herausgab.

„Ihr Zweck ist und wahr von jeher, für den Gedanken Verständnis zu erwecken, dass die gegenwärtig in den Culturstaaten fast ausschliesslich gebräuchliche Form der Todtenbestattung - das Erdbegräbniss - aus ästhethischen, hygienischen und national-öconomischen Gründen unzweckmäßig ist, dass somit Reformen nothwendig sind, und dass die Einäscherung der menschlichen Leichen eine Bestattungsform ist, welche den Anforderungen der fortgeschrittenen Wissenschaft sowohl wie denen des Gefühls gerecht wird.“

Die Flamme, Nr. 219, Propaganda-Nummer, 1. Mai 1901

Edmund Astel leitete "Die Flamme" von 1892 bis 1923. Redaktionell verantwortlich waren der Journalist Julius Stein, ab 1892 M. Pauly. Gedruckt von Buchdruckereibesitzer H. Theinhardt, dann A. Gehlhaar, nach 1907 Ludwig Schmidt und ab 1913 Hans Heenemann aus Berlin.

Veröffentlicht wurden Aufsätze, Jahresberichte, Mitteilung über andere Zweigvereine, Veranstaltungstermine, die Namen von Vereinsmitglieder, das Verzeichnis des Bibliothekstatalogs. Gedruckt wurde auch seit 1887 eine "Internationale Gedächtnistafel der Feuerbestattungen" mit Angaben des Namens, Wohnort, Ort des Krematoriums, Alter und Tag der Verbrennung. Finanziert wurde sie durch Inserate, Abonnenten und Mitgliedsbeiträge

Auflagenhöhe: Der äußere Erfolg der Fachzeitschrift bestand darin, dass sie das offizielle Organ von 85 deutschen Feuerbstattungsvereinen war.

1901 = 5400; 1903 = 8100; 1909 = 15800; 1910 = 16400;

Broschüre Modell eines Krematoriums, 1897

Gegen die Gefahr des Lebendigbegrabenswerden hielt die schlesische Dichterin Friederike Kempner unter dem Titel "Wenn die Gräber erzählen könnten" am 17.03.1882 einen Vortrag im Verein für Feuerbestattung. 1885 wurde ein Propaganda- und Reisefond für die Redner, die in verschiedenen Städten Deutschlands für die Begründung neuer Vereine Vorträge hielten, angelegt. Der Verein leistete auch Bildungsarbeit in der Berliner Hauptstadt. So sandte der Gründer des Vereins für Leichenverbrennung Otto Link am 09.03.1875 10 Eintrittskarten an die Berliner Stadtverordneten zu einem Vortrag des Geheimen Medizinalrats Dr. Küchenmeister aus Dresden im Saal der Gesellschaft der Freunde in der Friedrichstraße 35.[5] Im Mai 1888 wurden Vorträge im großen Saal des Handwerkervereins in der Sophienstraße gehalten. [6] Um die Vorgänge in einem Krematorium zu veranschaulichen, hatte der Verein ein Modell anfertigen lassen. Rudolph Schubert, Besitzer einer Metallwarenfabrik und Zinngießerei, entwarf ein Krematorium im Längsschnitt (L. 1,40 x H. 1,60 Meter.).[7]

Petitionen an den Reichstag

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Eine Petition konnte nur dann zur Erörterung in den Reichstag gelangen, wenn sie von der Petitionskommission oder von 15 Mitgliedern des Reichstages zur besonderen Verhandlung im Plenum des Reichstages aufgenommen wurden.

1888 eine mit 23000 Unterschriften versehene Petition an den Reichstag kam erst gar nicht zur Erörterung, die Petitionskommission erachtete sie für nicht geeignet.[8]

Am 17.03.1893 wurde die vom Apotheker Friederici eingereichte Petition mit 14911 Unterschriften auf Zulassung der fakultativen Feuerbestattung in Preußen eingereicht. Die Petitions-Kommission hatte Übergang zur Tagesordnung beantragt, der Antrag wurde abgelehnt.


Erfolge des Vereins

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Errichtung eines Kolumbariums auf dem städtischen Friedhof in Friedrichsfelde

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Aufruf an die Mitglieder, Gönner, Freunde der Feuerbestattung

In einem Magistratsbeschluss vom 15.10.1887 bot die Kommune dem Feuerbestattungsverein Land zum Bau der ersten Urnenhalle auf dem Gemeindefriedhof in Friedrichsfelde an. Die Grundsteinlegung erfolgte am 23.06.1890. Verantwortlich für den Bau waren der Regierungsbaumeister Hahn (Fa. Enders&Hahn) und die Hof- und Ratsmaurermeister Jacob&Biebendt..[9] Die Kosten beliefen sich auf 18000 Mark. Die Urnenhalle bot Platz für 500 Urnen, im darunterliegenden Kellergewölbe fanden weitere 300 Urnen Aufstellung. Die erste aufgestellte Urne war die eines Mitglieds namens Frau E. Benz aus Charlottenburg. Eine kleine Sensation war die am 23.05.1887 in Gotha feuerbestattete Friederike Schultheiß, geb. Seiler, die ihre letzte Ruhestätte auf dem Friedhof in Friedrichsfelde zwischen den Erdbestatteten fand.[10] Die Kommunale Behörde hatte eine Entscheidung getroffen, obwohl von der preußischen Landesregierung keine gesetzliche Regelung für die Feuerbestattung vorlag. Einen Ehrenplatz erhielt der im Jahre 1901 verstorbene Vereinsvorsitzende Ernst Matterne. Weitere Urnen, die schon jahrelang im Vereinsbüro, Breitestraße 5 aufbewahrt wurden, fanden dort jetzt ihren Ruheplatz. 1950 fand der Abriss des Kolumbariums statt.

Internationale Kongresse für die Feuerbestattung

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Kongresse fanden 1876 in Dresden, 1878 in Mailand statt. Und vom 03.08. bis 06.08. 1890 richtete der Berliner Verein den 3. Internationalen Kongress in Berlin aus. Am ersten Tag wurden die Delegierten im Wein-Restaurant Troplowitz, Mohrenstraße 17 begrüßt, am zweiten Tag eröffnete der Vorsitzende und Stadtverordnete Matterne in der Aula des Köllnischen Gymnasiums zu Berlin die Sitzung, der dritte Tag war ein Vortragsabend im Konzerthaus Leipziger Straße und am letzten Tag wurde der Abschied der Delegierten mit einem Festdiner im Troplowitz, Mohrenstraße 17 zelebriert.

Verbandstage des Dachverbandes der Vereine für Reform des Bestattungswesens und facultative Feuerbestattung

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Alle zwei Jahre fanden Tagungen für die Vereine, die dem Verband angehörten, statt. Als Gastgeber richtete der Verein für Feuerbestattung in Berlin vom 08.09. bis 10.09.1898 die Verbandstage in Berlin aus. Der Magistrat von Berlin stellte seinen Bürgersaal im Roten Rathaus, (Berliner Rathaus), dafür zur Verfügung.


Berliner Gewerbeausstellung 1896 in Treptow

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Den Besucher der Gewerbeausstellung 1896 gewidmet vom Verein für Feuerbestattung

Der Verein hatte beschlossen durch Beteiligung an der Gewerbeausstellung der breiten Öffentlichkeit und auch den Behörden ein Bild von der Feuerbestattung zu vermitteln. Den Grundstock dieser Ausstellung bildeten 23 Gruppen. Sie umfassten Bereiche des öffentlichen Lebens, wie Gewerbe, Industrie, Wissenschaft, Kunst, Gesundheits- und Wohlfahrtspflege uvm. Hinter der Gruppe XVIII verbarg sich die Gesundheits- und Wohlfahrtspflege, dazu gehörte auch das Leichen- und Begräbniswesen. Der Architekt Arno Eugen Fritsche entwarf ein Gebäude im romanischen Stil. Als Ausstellungsstücke dienten aufgestellte Ascheurnen, Bücher, Fotografien, Pläne und drei Modelle von Krematorien, das aus Hamburg, von Richard Schneider aus Dresden und das fahrbare, auch für Kriegszwecke geeignete Krematorium von Prof. J. Swiecianowski aus Warschau. Auch der Direktor des Märkischen-Provinzial-Museums Berlin und Vorsitzender des Kuratoriums für das Bestattungswesen im Magistrat, Stadtrat Ernst Friedel, stellte einige alt-germanische und wendische Urnen zur Verfügung. Täglich besuchten ca. 3000 Personen die Ausstellungshalle.[11] Nach Beendigung der Gewerbeausstellung blieb das Ausstellungsgebäude als einziges Gebäude auf dem Gelände bestehen und als Urnenhalle umfunktioniert. Der Abriss erfolgte 1940.

Einzelnachweise

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  1. Todesanzeige Ernst Matterne, Berlin, 20.07.1901. Quelle: Stiftung Stadtmuseum Berlin, Dokumentensammlung
  2. In: Berliner Zeitung, Nr. 265, Berlin, 12.11.1881. Quelle: Stiftung Stadtmuseum Berlin, Dokumentensammlung
  3. Mitgliederverzeichnisse 1885, 1892, 1906.Quelle: Stiftung Stadtmuseum Berlin, Dokumentensammlung
  4. In: Die Flamme, Berlin, Nr. 30, 01.06.1886.
  5. Akte der Stadtverordnetenversammlung zu Berlin, LAB, A. Rep.000-02-01, Nr. 1467.
  6. In: Die Flamme, Berlin, 05.1888, Nr. 23, S. 303.
  7. Broschüre-Eine moderne Feuerbestattung, Modell eines Krematoriums, 1897. Quelle Stiftung Stadtmuseum Berlin, Dokumentensammlung.
  8. In: Die Flamme, Berlin, 01.04.1888, Nr. 22, S. 289.
  9. In: Die Flamme, Berlin, 07.1890, S. 739.
  10. In: Berliner Tageblatt, 22.09.1887.
  11. In: Die Flamme, Berlin, 06.1896, Nr. 119, S. 1958.