Yuval Abraham

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Yuval Abraham auf der Berlinale 2024.

Yuval Abraham ist ein israelischer Journalist und Filmemacher jüdischen Glaubens. Er lebt in Jerusalem.[1] International bekannt wurde er durch den von ihm mit geschaffenen Dokumentarfilm No Other Land und die unter anderem daraus resultierende Berlinale-Antisemitismus-Kontroverse.

Familie

Abraham ist Nachfahre von Holocaustüberlebenden.[2] Der Großteil der Familie von einem seiner Großväter wurde von den Nationalsozialisten während des Holocausts ermordet. Eine seiner Großmütter wurde in einem Konzentrationslager in Libyen geboren.[2]

Karriere

Journalismus

Abraham schreibt als Journalist unter anderem für das israelische Online-Magazin +972 Magazine,[1] die in London ansässige Nachrichtenagentur Middle East Eye[3], The Intercept[4] und Responsible Statecraft.[5] In seiner journalistischen Arbeit dokumentiert Abraham insbesondere die nach internationalem Recht völkerrechtswidrige israelische Besatzungs- und Siedlungspolitik im Westjordanland, sowie Gewalttaten extremistischer Siedler und der israelischen Armee im Gazastreifen und im Westjordanland.[6]

Filmemacher

Zwischen 2019 und 2023 drehte er gemeinsam mit seinem palästinensischen Freund und Kollegen Basil Adra den Dokumentarfilm No other Land, der die Zerstörung der palästinensischen Dörfer von Masafer Yatta durch die israelische Armee und die Vertreibung der dort lebenden Palästinenser dokumentiert, sowie Gewalttaten durch extremistische Siedler und die israelische Armee. 2024 wurde der Film auf dem Filmfest der Berlinale in Berlin uraufgeführt und erhielt den Preis als bester Dokumentarfilm.

Positionen

Abraham bezeichnet die rechtliche Ungleichbehandlung von israelischen Staatsbürgern und den von Israel völkerrechtswidrig besetzten Palästinensergebieten lebenden Palästinensern als "Apartheid".[7]

Berlinale-Antisemitismus-Kontroverse 2024

Rede von Basil Adra und Yuval Abraham

Auf der Berlinale 2024 wurde der von Yuval Abraham mit produzierte Dokumentarfilm No other Land mit dem Preis als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet. Abraham nahm den Preis zusammen mit seinem palästinensischen Kollegen Basil Adra entgegen.[8] In ihrer Dankesrede erklärte zunächst Adra, es falle ihm schwer sich über den Preis zu freuen, während zeitgleich zehntausende Angehörige seines Volkes in Gaza durch Israel "abgeschlachtet und massakriert" würden und seine eigene Gemeinde Masafer Yatta von israelischen Bulldozern ausgelöscht werde. Adra forderte Deutschland auf, sich an die Aufrufe der Vereinten Nationen zu halten und keine Waffen mehr an Israel zu liefern.[8] Anschließend wandte sich Abraham an das Publikum:

"Ich möchte sagen, wir stehen hier vor euch zusammen. Basil und ich sind im selben Alter, ich bin Israeli, er ist Palästinenser. Und in zwei Tagen werden wir in ein Land zurückgehen, wo wir nicht gleichberechtigt sind. Ich lebe unter Zivilrecht, Basil unter Militärrecht. Wir leben 30 Minuten voneinander entfernt: ich habe das Wahlrecht, Basil nicht. Ich habe die Freiheit hinzugehen, wohin ich will, Basil ist wie Millionen andere Palästinenser eingesperrt in den besetzten Gebieten. Diese Situation von Apartheid zwischen uns, diese Ungleichheit, sie muss enden. Und wir fragen, wie wir einen Wandel erreichen, um die Besatzung zu beenden, um eine politische Lösung zu erreichen. Und wir haben die Antwort nicht wirklich, aber ich denke eine Antwort ist, dass die Menschen wirklich aufstehen. Es gibt eine Menge mächtige Leute in diesem Saal; es gibt eine Menge Minister und Leute, deren Stimmen gehört werden. Wir brauchen den Aufruf zu einem Waffenstillstand. Wir brauchen den Ruf zu einer politischen Lösung für ein Ende der Besatzung."[8]

Sowohl Adras als auch Abrahams Redebeiträge erhielten aus dem Publikum mitunter jubelnden Applaus.[8]

Reaktionen und Antisemitisvorwurf

Im öffentlich-rechtlichen israelischen Fernsehen (KAN) wurde Abrahams Redebeitrag auf der Berlinale als "antisemitisch" bezeichnet.[9]

Die israelische Zeitung Haaretz kommentierte die Bezeichnung von Abrahams Rede als "antisemitisch" als gegenwärtige Entsprechung der Lage in Israel, in "der Atmosphäre des Verschweigens, der Selbstzensur und der Verfolgung jeder Person, die Kritik am israelischen Regime äußert. Was ist so beängstigend an Abrahams Worten? In weniger als einer Minute beschrieb er eine Situation, die die meisten Israelis leugnen oder, noch schlimmer, völlig ignorant sind. [...] Abraham spiegelte die Wahrheit wider, wenn es um den Status von Palästinensern wie Basil im Vergleich zu dem der Israelis geht. [...] Kritiker der Besatzung als Antisemiten zu bezeichnen, ist ein Verhaltensmuster, das aus der rechtsextremen Partei Otzma Yehudit und ihren Gleichgesinnten importiert wurde. Gemäß diesem Spielbuch muss jeder, der Kritik an Israels Politik gegenüber den Palästinensern und der Besatzung äußert, sofort als "Unterstützer des Terrors", "antisemitisch" oder "Judenhasser" gebrandmarkt werden."[9]

Reaktion von Abraham

Nach der Preisverleihung und der öffentlichen Kritik berichtete Abraham von Todesdrohungen durch israelische Rechtsextremisten. Abraham machte die Kritik von deutschen Politikern und Medien mitverantwortlich für die Repressionen: „Auf deutschem Boden als der Sohn von Holocaust-Überlebenden zu stehen und zu einem Waffenstillstand aufzurufen - und dann als antisemitisch gekennzeichnet zu werden, ist nicht nur empörend, es bringt auch jüdisches Leben in Gefahr. [...] Ich weiß nicht, was Deutschland mit uns versucht. Wenn das die Art ist, wie Deutschland mit seiner Schuld um den Holocaust umgeht, machen sie diese bedeutungslos.“[10][11]

Einzelnachweise

  1. a b Yuval Abraham - +972 Magazine, abgerufen am 28. Februar 2024.
  2. a b Yuval Abraham berichtet nach Berlinale-Gala von Morddrohungen und wehrt sich gegen »Antisemitismus«-Vorwürfe - DER SPIEGEL, 27. Februar 2024, abgerufen am 28. Februar 2024.
  3. Yuval Abraham | Middle East Eye, abgerufen am 28. Februar 2024.
  4. Yuval Abraham, Author at The Intercept, abgerufen am 28. Februar 2024.
  5. Yuval Abraham - Responsible Statecraft, abgerufen am 28. Februar 2024.
  6. Siehe Artikel von Yuval Abraham für das +972 Magazine, abgerufen am 28. Februar 2024.
  7. Basel Adra und Yuval Abraham / Berlinale: Über das Filmemachen als Widerstand - DER SPIEGEL, 17. Februar 2024, abgerufen am 28. Februar 2024.
  8. a b c d Palestinian & Israeli winners at Berlinale urge Germany to "stop sending weapons to Israel" - Video des Auftritts, bei The New Arab, abgerufen am 28. Februar 2024.
  9. a b On Israeli TV, You're an Antisemite if You Dare Mention the Occupation - Haaretz.com, 26. Februar 2024; abgerufen am 28. Februar 2024.
  10. Philip Oltermann: Israeli director receives death threats after officials call Berlin film festival ‘antisemitic’. In: The Guardian. 27. Februar 2024, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 27. Februar 2024]).
  11. Nach Eklat bei Berlinale-Gala: Abraham berichtet von Morddrohungen und wehrt sich gegen »Antisemitismus«-Vorwürfe. In: Der Spiegel. 27. Februar 2024, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 27. Februar 2024]).