Zustimmungsbedürftiges Gesetz

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Zustimmungspflichtige Gesetze)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Zustimmungsbedürftige Gesetze (auch Zustimmungsgesetze) sind in Deutschland solche Bundesgesetze, die nach dem Gesetzesbeschluss durch den Deutschen Bundestag auch der Zustimmung des Bundesrats bedürfen. Diese Gesetze kommen nur mit einer Mehrheit der Stimmen im Bundesrat (zurzeit 35 Stimmen) zustande.

Demgegenüber benötigt ein Einspruchsgesetz nicht der Zustimmung des Bundesrats. Dieser kann nur mit derselben Stimmenmehrheit den Vermittlungsausschuss einberufen und nach dem Vermittlungsverfahren Einspruch gegen das Gesetz einlegen, der aber mit der Mehrheit im Deutschen Bundestag zurückgewiesen werden kann.

Welche Gesetze der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, regelt das Grundgesetz abschließend. Die Regelungen sind (ohne Übergangsrecht, praktisch oder politisch relevante hervorgehoben):

II. Bund und Länder

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

VII. Die Gesetzgebung des Bundes

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

VIII. Die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

IX. Die Rechtsprechung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

X. Das Finanzwesen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

X a. Verteidigungsfall

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

XI. Übergangs- und Schlussbestimmungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Regelungssystematik des Grundgesetzes

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die starke Stellung des Bundesrats im parlamentarischen System des Bundes ist seit Gründung der Bundesrepublik ein zentrales Gestaltungsmerkmal ihrer föderalen Ordnung, wobei sie als Ausgleich für die weitgehende Übertragung von Gesetzgebungskompetenzen an den Bund begriffen wird.

Diese Ausgestaltung kam jedoch seit etwa den 1990er-Jahren, in denen sich häufiger in Bundestag und Bundesrat Mehrheiten gegenläufiger politischer Richtungen gegenüberstanden, in politischen Auseinandersetzungen vermehrt unter Kritik (Stichwort „Blockadepolitik“). Im Rahmen der Föderalismusreform 2006 war demgemäß unter anderem das Ziel verfolgt worden, die Zustimmungsbedürftigkeit von Gesetzen einzuschränken. Mittel hierfür war die Änderung des Art. 84 Abs. 1 GG. Nach der ursprünglichen Fassung dieser Bestimmung war jedes Bundesgesetz, das die Zuständigkeit von Landesbehörden oder das Verwaltungsverfahren vor diesen regelte, ein Zustimmungsgesetz. Da nach dem Grundsatz des Art. 83 GG Bundesgesetze in der Regel von den Ländern ausgeführt werden, betraf diese Bestimmung eine große Zahl von Bundesgesetzen. Die Zustimmungsbedürftigkeit konnte nur durch einen vollständigen Verzicht auf entsprechende Zuständigkeits- und Verfahrensvorschriften vermieden werden (nach der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten sogenannten Einheitstheorie ist das ganze Gesetz zustimmungsbedürftig, auch wenn nur ein geringer Teil die Zustimmungsbedürftigkeit auslöst).

Nach der Änderung von Art. 84 GG kann nunmehr der Bund durch ein bloßes Einspruchsgesetz entsprechende Regelungen treffen. Die Länder haben demgegenüber das Recht, von diesen Vorschriften abweichende Regelungen zu treffen. Die Bundesregelung lässt sich insoweit als Auffangregelung begreifen. Soll sie hingegen bindend sein, ist dies wiederum nur durch ein Zustimmungsgesetz möglich.

Die tatsächliche Auswirkung dieser Neuregelung war in den Prognosen umstritten, die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages gingen von einer deutlichen Reduzierung aus. Im Zeitraum von 2006 bis 2017 lag der Anteil der zustimmungsbedürftigen Gesetze bei 38 %, was gegenüber mehr als 50 % vor der Föderalismusreform eine deutliche Abnahme darstellt.[1]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Bundesrat - Statistik, abgerufen am 4. Mai 2020.